Zeremonielles Kanonengrollen am Cap Horn. Ein Leuchtturm wird auf einer Felsinsel am Ende der Welt eingeweiht. Will Denton (Kirk Douglas, Einsam sind die Tapferen) hat sich auf dieses Eiland zurückgezogen, nachdem er Kalifornien, seine amerikanische Heimat, verlassen musste. Über seine Vergangenheit spricht der Mann nicht, wir als Zuschauer aber werden nach und nach darüber in Kenntnis gesetzt, warum Denton die Entscheidung für sich getroffen hat, irgendwo im Nirgendwo als Leuchtturmwärter anzuheuern. Eine Frau, Gold, Betrug und eine tödliche Kugel spielten dabei die entscheidenden Rollen. Zusammen mit dem alten Seebären Kapitän Moriz (Fernando Rey, French Connection – Brennpunkt Brooklyn) und dem grünschnäbligen Jüngling Felipe (Massimo Ranieri, Eine Kugel für den Bullen) ist Denton dafür verantwortlich, den Schiffen am Tag und in der Nacht den rechten Weg zu weisen.
Ein echter Alltagstrott kann sich für das Trio hier allerdings gar nicht erst einstellen, denn als am Horizont ein Schoner mit gehisster Notflagge auftaucht, nimmt das Chaos in Das Licht am Ende der Welt von Kevin Billington (The Rise and Rise of Michael Rimmer) seinen skrupellosen Lauf. Moriz und Felipe werden Opfer einer von Freibeutern gestellten Falle und postwendend kaltblütig ermordet. Nur Denton überlebt und ist von nun an auf sich allein gestellt, während daraufhin die Seeräuber, angeführt vom Piratenfürst Jonathan Kongre (Yul Brynner, Mohn ist auch eine Blume), falsche Lichtzeichen für sich nutzen, um Schiffe in die Klippen zu locken, um sie danach auszurauben. Das Licht des Leuchtturms, welches für viele Reisende in der Dunkelheit dem Antlitz Gottes gleichkommt, wird zum heimtückischen Instrument rücksichtsloser Bestien in Menschengestalt.
Kevin Billington adaptiert hier einen Roman von Jules Verne, der nach dessen Tod durch seinen Sohn Michel Verne überarbeitet wurde. Fernab von der eskapistischen Abenteuerlust und dem amüsanten Entdeckerdrang eines In 80 Tagen um die Welt, 20.000 Meilen unter der Erde oder Die Reise zum Mittelpunkt der Erde, unterläuft Das Licht am Ende der Welt sehr gezielt die Erwartungshaltungen des Publikums, indem er sich jedem Anflug von vergnüglichem Piraten-Trubel verweigert und als ein roher, teilweise fast schon ins Nihilistische ausschlagender Überlebenskampf artikuliert, der zwangsläufig auf die finale Begegnung zwischen Kirk Douglas und Yul Brynner hinausläuft. Die marodierenden Seeräuber legen eine sadistische Grausamkeit an den Tag, die dieser hochkarätig besetzten Großproduktion eine wahrlich bittere Unausweichlichkeit einverleibt. Ob Frauen, Kinder oder ein kleines Kapuzineräffchen – niemand ist sicher.
Will Denton, den Kirk Douglas mit seiner unnachahmlichen Präsenz ausstaffiert, kann es seinem Gewissen irgendwann nicht mehr zumutet, sich weiterhin zu verstecken und tatenlos dabei zuzusehen, wie die Piraten immer mehr Menschen in ihr Verderben führen. Das Packende an Das Licht am Ende der Welt ist dabei, dass sich die Kompromisslosigkeit, mit der Kevin Billington hier zur Tat schreitet, gegen jeden einzelnen Charakter richtet. Tatsächlich gewinnt der Film seine rabiate Grundstimmung aus der Konsequenz, dem Zuschauer sehr greifbar zu vermitteln, dass es hier in jeder Minute um Leben und Tod geht. Unterstrichen wird dieses archaische Klima dadurch, dass man sich oftmals nur auf die natürliche Soundkulisse verlässt: Die grollende Brandung, die an den Klippen der Insel brechenden Wellen, wild und unbändig. So wie die menschliche Natur.