Inhalt
Aufgrund seiner desolaten finanziellen Situation sieht sich Simon Brenner (Josef Hader) gezwungen in seine Heimatstadt Graz zurückzukehren und das verlassene Haus seiner Eltern zu beziehen. Dort angekommen wendet sich Brenner an den Antiquitätenhändler Köck (Roland Düringer), um diesem seine Walther PPK zu verkaufen. Dadurch wird Aschenbrenner (Tobias Moretti), der Leiter des Steirischen Landeskriminalamtes, auf ihn aufmerksam und konfrontiert ihn mit einer gemeinsamen Jugendsünde. Unvermutet findet sich Brenner in einem Strudel aus Gewalt, Verrat und Betrug wieder.
Kritik
Jetzt ist schon wieder was passiert!
Mit seinen vor Lokalkolorit strotzenden Kriminalromanen rund um den zynischen Ex-Polizisten Simon Brenner, hat der Salzburger Autor Wolf Haas mitten ins Schwarze getroffen. Dank des unvergleichlichen Schreibstils, der sympathisch bissigen Zurschaustellung österreichischer Stereotype und der genialen Hauptfigur, bieten die Romane einen ebenso spannenden wie augenzwinkernd ironischen Einblick in die Seele der Alpenrepublik. Acht Romane, etliche internationale Auszeichnungen, mehrere Theateradaptionen und immerhin vier Kinofilme sind ein Indiz für die nachhaltige Faszination des Publikums für das Brenner-Universum. Für den vierten filmischen Auftritt, den wiederum das Team um Regisseur und Drehbuchautor Wolfgang Murnberger („Ich gelobe“) und Kabarettist Josef Hader („Indien“) adaptiert hat, steht der sechste Brenner-Roman „Das ewige Leben“ Pate.
Wo im ersten Teil noch flotte Witze über das österreichische Rettungswesen tonbestimmend waren, im zweiten Streich süffisante Kritik an Kunstklientel und Kirche dominiert hatte und der dritte Auftritt Brenners als augenzwinkernde Antwort auf amerikanischen Backwoods-Horror gewertet werden konnte, ist aus dem neuesten Film eine typisch österreichische, tieftraurige Anklage an das Älterwerden geworden. Mit dieser Kehrtwende – die auch eindeutig das immanenteste Problem des Films darstellt – hat man sich im neuesten Teil stilistisch meilenweit von den Vorgängerproduktionen entfernt. Zwar finden sich immer noch dieselben Verantwortlichen vor und hinter der Kamera, die Tonlage des Streifens ist jedoch trotzdem eine gänzlich neue geworden. In Interviews von Hader, Haas und Murnberger wird gerne betont, dass auch bisher schon jeder Brenner Teil seinen eigenen Stil hatte, trotzdem wurden die Vorgängerstreifen von einem unverwechselbaren roten Faden aus Situationskomik und Zynismus geprägt, der immer auch ein Gefühl der Hoffnung transportiert hat.
„Das ewige Leben“ wirkt im Vergleich dazu, wie ein depressiver österreichischer Tatort. Er ist zu lang, braucht ewig bis seine Hauptfigur in die Gänge kommt und verzettelt sich des Öfteren in zähen Rückblenden und ausufernden Szenen voll Selbstmitleid und Weltschmerz. Dadurch lässt der Film den Schwung seiner Vorgänger vermissen. Bisher war Brenner ein Zyniker und Grantler, der sich mit Galgenhumor durchs Leben schlägt und allen Widrigkeiten zum Trotz weiterhin konsequent einen Fuß vor den anderen setzt. Im neuesten Teil ist er nur noch ein heruntergekommener alter Mann, mit eindeutig suizidalen Tendenzen, dessen frühere Schlagfertigkeit viel zu selten zum Vorschein kommt.
Diese depressive Ausgangssituation, wird durch einen melancholischen Soundtrack und ein (dauer-)verregnetes Graz als Handlungsort, noch unterstrichen. Die steirische Hauptstadt wird dabei von Kameramann Peter von Haller handwerklich genial in düstere Bilder getaucht, wobei sich der Fokus dankenswerterweise nicht nur auf die bekanntesten Touristen-Hot-Spots rund um Altstadt und Uhrturm konzentriert. In diesem Umfeld entwickelt sich eine spannende, aber auch spürbar unentschlossene Krimihandlung, die streckenweise unnötig in die Länge gezogen wird.
Schauspieltechnisch bewegt sich „Das ewige Leben“ auf höchstem Niveau. Neben Josef Hader, der idealen Verkörperung des (Beinahe-)Misanthropen Brenner, geben sich österreichische Top-Schauspieler die Klinke in die Hand. Sowohl Roland Düringer („Muttertag – Die härtere Komödie“) als auch Tobias Moretti („Der Vampir auf der Couch“), Christopher Schärf („Braunschlag“) und vor allem Nora von Waldstätten („Carlos – Der Schakal“) wissen zu begeistern.
Fazit
„Das ewige Leben“ ist mitnichten ein schlechter Film geworden. Sowohl die Darstellerleistungen, als auch die technischen Aspekte des Streifens und die storytechnische Grundlage sind wie gewohnt auf hohem Niveau anzusiedeln. Trotzdem fällt Brenners neuester Streich gegenüber den ersten drei Teilen der Quadrilogie deutlich ab, da er weniger seinen genialen Vorgängern und mehr einem überlangen, depressiven Tatort gleicht. Dadurch wirkt der Film in seiner Gesamtheit unrund und unentschlossen. Da hat sich der Charakter des Simon Brenner eindeutig einen würdigeren Abschied verdient.
Autor: Christoph Uitz