Inhalt
US-amerikanischer Erotikthriller und Mafiafilm von den Brüdern Wachowsky. Der Film ist im Mafiamilieu angesiedelt, die Hauptrollen spielen jedoch dieses Mal die Frauen und nicht die Männer: Corky (Gina Gershon)ist grade aus dem Gefängnis entlassen worden und lernt bald Violet (Jennifer Tilly), die Geliebte eines Mafiosi kennen. Da dieser sie schlecht behandelt schmieden die beiden einen Plan...
Kritik
Noch bevor die Geschwister Lana und Andy Wachowski (Speed Racer) mit ihrem revolutionären, technisch Maßstäbe setzenden Matrix Filmgeschichte schreiben sollten und einen popkulturellen Meilenstein schufen, legten sie mit Bound – Gefesselt bereits einen fundamentalen Grundstein ihrer Karriere, der im Gesamtwerk der Geschwister gerne mal übergangen wird. In ihrem Debüt als Regisseure und Drehbuchautoren genügen den Wachowskis eine überschaubare Anzahl an Figuren sowie ein streng limitiertes Setting, um eine vordergründig schlichte und doch sehr clever konzipierte Geschichte zu erzählen.
Bound – Gefesselt beginnt zunächst etwas irritierend, denn erzählerisch erinnert der Einstieg in die Handlung an einen edel fotografierten Soft-Porno, in dem sich zwei Frauen, die in benachbarten Wohnungen leben, ineinander verlieben und übereinander herfallen. Auf der einen Seite ist Violet, die mit ihrer anziehenden Ausstrahlung und der fast schon kindlichen Stimme wie ein verführerisches Püppchen wirkt. Auf der anderen Seite ist Corky das genaue Gegenteil, eine auffällig tätowierte Handwerkerin, die frisch aus dem Knast entlassen wurde und wie eine Frau aussieht, die Dinge gerne selbst in die Hand nimmt und hart zupackt. Die Annäherung zwischen beiden Frauen inszenieren die Wachowskis als prickelnden Höhepunkt, der mit wundervollen Einstellungen besticht und so sexy daherkommt, als hätte das Regie-Duo vorher nie etwas anderes getan, als visuelle Schönheit zu kreieren.
Nach ihrer hochgradig erotischen Einleitung wechseln die Geschwister allerdings schnell den Ton ihrer Geschichte und verwandeln den bis dahin lustvoll verruchten Liebesfilm in einen spielerisch vertrackten Thriller. Der Plan der beiden Frauen, den Freund von Violet, ein Handlanger der Mafia, auszutricksen und um zwei Millionen Dollar zu erleichtern, läuft wenig überraschend nicht so glatt, wie sie sich das erhofft hatten. Blutige Überraschungen, verzwickte Spannungsmomente und doppelte Böden sind die Konsequenzen in einer Geschichte, die mehr und mehr aus dem Ruder läuft.
Bound – Gefesselt ist dabei handwerklich so virtuos in Szene gesetzt, dass man meinen könnte, der oftmals als Hitchcock-Epigone verrufene Brian De Palma (Mission: Impossible) hätte seine Finger im Spiel gehabt. Die Wachowskis gleiten mit der Kamera stilvoll durch die eng begrenzten Räumlichkeiten, lassen die Augen in Close-Ups immer wieder über markante Details schweifen und haben trotz der Tatsache, dass dies gerade mal ihr Regie-Debüt ist, ein fantastisches Gespür dafür, selbst kleinere Szenen und geradlinige Handlungsstränge als spektakulär verdichtete Setpieces zu gestalten.
Nebenbei ist der Streifen auch mit einigen trockenen Pointen gespickt, so dass Parallelen zum schwarzhumorigen Frühwerk der Coen-Brüder (The Big Lebowski) auszumachen sind. Ähnlich wie in Blood Simple oder Fargo stützen sich die Wachowskis in ihrem Werk auf Situationen, in denen sorgfältig durchgeplante Aktionen in wildem Chaos verlaufen und trotzdem der Eindruck entsteht, dass all dieses hektische, spontan neben der Spur verlaufende Treiben mit absoluter Präzision zur Eskalation gebracht wurde.
Fazit
Neben ihrem unbestreitbaren Referenzwerk "Matrix" sollte das Debüt der Wachowskis nicht in Vergessenheit geraten. Lana und Andy beweisen mit ihrem ersten Film, dass sie virtuose Talente sind, was eine elektrisierende, stilvoll durchkomponierte Inszenierung betrifft. "Bound – Gefesselt" besticht gleichermaßen als erotisch knisternder Liebesfilm wie als blutig eskalierender Thriller und vereint beide Genres zu einem wirklich gelungenen Film, der sich vor allem auch wegen dem intensiven Zusammenspiel der beiden Hauptdarstellerinnen lohnt.
Autor: Patrick Reinbott