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Quelle: themoviedb.org
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Inhalt

Tigon! Ein Mysterium der HipHop-Welt von dem keiner genau weiß, ob er jemals existiert hat. Der Legende nach, soll er der Erfinder des Deutschen HipHop sein, der mit seinem Schaffen Meilensteine der HipHop Geschichte inspirierte und nach seinem ersten und einzigen Auftritt tragisch ums Leben gekommen ist. Eine Zeitlang rankten sich viele Gerüchte und Geschichten um ihn, bis er nach und nach in Vergessenheit geraten ist. Scheinbar bis jetzt... Marcus Staiger (Schwergewicht im Deutschen HipHop: Journalist, Labelgründer und einer der visionärsten Produzenten der Geschichte des Deutschrap), Falk Schacht (Ex-Rapper, Journalist, Produzent und Moderator bei MTV) und Sékou Neblett (eh. Mitglied der legendären Gruppe Freundeskreis und inzwischen Regisseur), machen sich auf die Suche nach Tigon. Zu wichtig und zu reizvoll erscheint die Möglichkeit, dessen Existenz zu beweisen und so die HipHop-Geschichte neu schreiben zu können.

Kritik

Eigentlich sollte es nur eine entspannte Interviewreihe werden. Eigentlich wollte sich Sekou Neblett, ehemals fester Bestandteil der Stuttgarter Hip-Hop-Combo „Freundeskreis“, ganz unbeschwert durch die künstlerischen Auswüchse der Szene treiben lassen, mit alten und neuen Freunden den Dialog suchen und gemeinschaftlich darüber schwadronieren, was deutscher Hip-Hop eigentlich im Detail bedeutet. Eigentlich. Einer der ersten Sätze, die in „Blacktape“ fallen, machen bereits deutlich, dass Sekou Neblett schnell ein Strich durch die Rechnung gemacht wurde: Das Projekt wurde zu einem Alptraum. Gut, dass mag nun etwas überdramatisiert klingen, gerade auch, weil es die Worte von Marcus Staiger sind, dem Wegbereiter des Berliner Raps und Entdecker von Branchengrößen wie Bushido, Sido, Kool Savas oder K.I.Z. Man könnte allerdings sagen, dass allein dieses verbale Fragment programmatischen Wert für den restlichen Weg von „Blacktape“ genießt: Von einer wirklich tiefschürfenden Dokumentation mag man nicht sprechen, „Blacktape“ jedoch ist vielmehr auf den Spannungsmoment inszeniertes Unterhaltungskino.

Selbstverständlich muss das gar nichts Negatives für die erzählerische Wirkung von „Blacktape“ verheißen, man muss sich nur von dem Gedanken verabschieden, dass Sekou Neblett hier eine adäquat historisierte Chronik der Deutsch-Rap-Szene entworfen hat. Wenn es in „Blacktape“ einmal theoretisch zur Sache geht, dann über rasant aufflackernde Signale: Hier wird ein Bezug zur Black Music hergestellt, Jazz, Funk, Gospel, Soul, dort versteht man Hip Hop als kulturellen Affront gegen das Establishment und im nächsten Moment werden Namen wie Torch, Max Herre, Die Fantastischen Vier und Dendemann eingeworfen, die sich temporär als hochdekorierte Pioniere des Deutschrap feiern lassen dürfen. „Blacktape“ ist keine Mediation über das stilistische wie politische Movement hinter dem Hip Hop, spätestens wenn zum ersten Mal der Name „Tigon“ in die Kamera geworfen wird, richtet „Blacktape“ seinen (pseudo-)dokumentarischen Blick offensichtlich auf eine klar vorangetriebene Thrillermechanik, die die Antwort auf die alles entscheidende Frage als Klimax gelobt: Wer ist dieser Tigon?! Zusammen mit Marcus Staiger und dem Musikjournalisten Falk Schacht begibt sich Sekou Neblett auf eine regelrecht investigative Schnitzeljagd.

Immer wieder bekommt das Trio Hinweise gesteckt, die näher an Tigon führen sollen, dem Grundstein des Deutschrap, der Typ, auf dem alles basiert, obwohl er in Wahrheit doch nur einen Auftritt hatte – und dieser endete auch noch in gewalttätigen Ausschreitungen. „Blacktape“ generiert mit Wonne Kurzweil, lässt Marcus Staiger, der sich inzwischen gezwungen sah, sich beruflich umzuorientieren, weil ihm ein gewisser Neffi Temur im Zuge des ewigen Kräftemessens zwischen Independent und Major-Label alle Künstler weggesignt hat, immer wieder ergrimmte Unterredungen mit Falk Schacht austragen und eine klare Paranoia entwickeln: Wer möchte das Mysterium Tigon im Hintergrund noch aufspüren und zu seinem Vorteil instrumentalisieren? Sicherlich fehlt „Blacktape“ die geistreiche, objektive Ebene, um als wirklich relevantes Element des deutschen Dokumentarmarktes zu fungieren, indes aber schafft es Sekou Neblett aus all der dramatisch zugespitzten Menschenjagd auch eine wertvolle Botschaft zu schälen: Für jeden kommt irgendwann die Zeit im Leben, seinen Feinden zu vergeben. Für manche eben vielleicht erst dann, wenn sie lang genug mythologisierte Schatten verfolgt haben.

Fazit

Wer von „Blacktape“ ein tiefschürfendes Kompendium über die Deutsch-Rap-Szene erwartet, der wird von Sekou Neblett enttäuscht sein. „Blacktape“ ist vielmehr ein Thriller im (pseudo-)dokumentarischen Gewand, manches wirkt gestellt, manches wirkt durchaus authentisch, doch im Kern verbleibt eine kurzweilige Schnitzeljagd, die sich einer Frage widmet: Was steckt hinter dem Mythos Tigon? Immerhin muss man ganz sicher inbrünstiger kein Hip-Hop-Anhänger sein, um den Unterhaltungswert von „Blacktape“ zu erkennen – und zu genießen.

Kritik: Pascal Reis

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