Eine Frau steht vor dem Spiegel. Sie ist schön, hat ein markantes Gesicht, starke Wangenknochen. Sie wappnet sich, ein letzter Rest Selbstachtung treibt sie an. Ihr Körper hat blau-schwarze Flecken, ist gezeichnet von jahrelanger Misshandlung. Sie hüllt ihn in ein orangefarbenes Kleid, das für ihr Arbeitsleben steht. Hier ist sie erfolgreiche Influencerin, ihre Produktlinie „Happiness“ soll Frauen attraktiv und glücklich machen; das demonstriert sie in hypnotischen Verkaufssessions.
Kritik
Das vernichtende Fazit, das Askar Uzabayev in seinem bitteren Gesellschaftsabriss zieht, wirkt fast grotesk in seiner sadistischen Absolutheit. Doch diese ist nur konsequent für das Schicksal der Hauptfigur (packend: Laura Myrzakhmetova), das bei Weitem nicht der Ausnahme- oder Extremfall ist, für den man es halten möchte. Über 400 Frauen sterben jährlich in Kasachstan durch häusliche Gewalt. Nicht minder erschreckende Statistiken über Körperverletzung und Sexualverbrechen, die der Regisseur dem Abspann voranstellt, unterstreichen die Frauenverachtung seines Heimatlandes.
Dessen von archaischen Ehrvorstellungen und patriarchalischen Familienstrukturen geprägte Sitten sind der Nährboden der Hölle, in der die Protagonistin weniger lebt als zu überleben versucht. Jeder Tag ist geprägt von neuen verbalen und körperlichen Attacken ihres trunksüchtigen Mannes. Die titelgebende Kosmetikmarke, als deren Repräsentantin sie das Ideal der emanzipierten Geschäftsfrau verkörpert, steht exemplarisch für die eisern aufrechterhaltene öffentliche Fassade. Die destruktiven Grundsätze familiären Friedens gibt die Hauptfigur sogar an die frisch verheiratetet Tochter (Yerbolat Alkozha) weiter.
Mitunter erscheint es geradezu textbuchartig, wie charakteristische Szenarien einer missbräuchlichen Ehe durchgespielt werden. Selbstvorwürfe - direkt oder indirekt bestätigt durch das Umfeld, der verzweifelte Glaube, der Partner werde sich bessern und halbherzige Ausbruchsversuche führen unweigerlich zurück in das Neubauapartment, dessen sich schließende Tür die Kamera mehrfach unheilvoll fixiert. Die eigenen vier Wände offenbaren sich im Zuge der fatalistischen Handlung als ein Gefängnis, gegenüber dem eine tatsächliche Zelle sich für die Protagonistin zunehmend als angenehmere Option darstellt.
Fazit
Die Namenlosigkeit der Hauptfigur unterstreicht, dass Askar Uzabayev physisch und psychisch gleichsam brutales Diagramm einer pathologischen Partnerschaft vor allem ein Appell gegen ein von mörderischer Misogynie bestimmtes System ist. Dabei hält die Inszenierung eine effektive Balance zwischen Sozialrealismus und einer surreal anmutender Symbolik, die ihre Ästhetik vom Psychothriller leiht. Abstraktion und Ausführlichkeit machen die unbarmherzige Inszenierung fordernd, sind jedoch entscheidend, um frauenverachtende Gewalt vom privaten Kontext loszulösen und als umfassendes gesellschaftliches Problem greifbar zu machen.
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