Nach dem Tod ihrer Mutter wird die 11-jährige Karin von ihrem unzuverlässigen Vater bei ihrem Großvater, einem lndlichen Tempel-Mönch, untergebracht. Zu ihrem Erstaunen sind die beiden nicht allein: Anzu, eine riesige aufrecht laufende und sprechende Geister-Katze ist nur eine der eigentümlichen Gestalten, die dem Mädchen während ihres Aufenthalts begegnen. Zuerst ist Karin genervt, aber langsam schließen sie und Anzu Freundschaft.
Eine kindliche Heldin, die sich in einem neuen ländlichen Zuhause zurechtfinden muss. Das Verarbeiten und Verdrängen familiärer Verlusterfahrungen. Ein überdimensionales geisterhaftes Tierwesen, das zum unwahrscheinlichen Gefährten der Protagonistin wird. Der Abstieg in ein magisches Reich, bevölkert von kuriosen Kreaturen und Dämonen, die mal freundlich, mal bedrohlich auftreten. Die Motive Nobuhiro Yamashitas (Hard-Core) und Yôko Kunos magischen Animes provozieren unweigerlich den Vergleich mit dem Kino Hayao Miyazakis, allen voran Werken wie My Neighbor Totoro und Spirited Away.
Dass die amüsante Allegorie des Abschlusses mit destruktiven Beziehungen und des Aufbauens und Festhaltens an neuen Bindungen dem sowohl auch visueller als auch narrativer Ebene nicht ganz standhalten kann, mindert kaum den Charme eines ebenso gewitzten wie - im doppelten Sinne - geistreichen Animations-Märchens. Dessen individuelle Stärken manifestieren sich gerade in den Unterschieden zu den Ghibli-Klassikern, deren markantester ist der märchenhafte Zeichenstil Yôko Kunos, deren weiche Pastell-Palette die post-impressionistische Verträumtheit von Pierre Bonnard, Paul Signac und Pissarro beschwört.
Die mit filigranen Linien entworfenen Figuren verblassen fast in die klar konturierten Hintergründe, deren lichte Verspieltheit ungewöhnlich ernste Themen birgt. Hinter der mürrischen Gleichgültigkeit der 11-jährigen Heldin (Noa Gotō), die der Regisseur und sein Drehbuchautor Shinji Imaoka zu Takashi Imashiros Manga-Vorlage hinzuerfanden, steckt die Verunsicherung einer instabilen Familienkonstellation. Ihre Mutter Yuzuki (Mika Ichikawa) ist vor drei Jahren verstorben, Vater Tetsuya (Munetaka Aoki, The Roundup: No way Out) hat Schulden bei Kredithaien, die nach seinem gebrochenen Arm zu urteilen, ungeduldig werden.
Fazit
Die groteske Komik und symbolischen Schauer japanischer Holzschnitte verschmelzen mit der bitter-süßen Beschwingtheit des europäischen Post-Impressionismus zu einer bezaubernden Anime-Adaption, so eigensinnig, egozentrisch und erratisch wie ihre Titelfigur. In Anzus knuddeligem Katzen-Körper steckt ein dreistes, im doppelten Sinn dickfelliges Zauberwesen - längst nicht das Einzige in der mal spaßhaften, mal schaurig-schrägen Story, die nur schwerfällig in Gang kommt und sich leicht in Nebensträngen verliert. Doch das ist die phantastisch phantasievolle Begegnung wert.
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