Matias, ein ehrgeiziger 23-jähriger Schauspieler, probt mit einer renommierten Theaterkompanie ein Stück, in dem er und sein Mitbewohner Fabio, 23, die Hauptrollen spielen. Die Casterin Pamela ist auf der Suche nach Schauspieler*innen für eine größere Serienproduktion, die in der Stadt gedreht werden soll, und wird auf die beiden aufmerksam. Allerdings wird nur Fabio zum Casting eingeladen, da Matias trotz seines Talents mit seinem persönlichen Verhalten nicht gut ankommt. Matias ist niedergeschlagen und findet Trost in der Begegnung mit dem 35-jährigen Rafael, einem mysteriösen Mann, der nicht viel von sich preisgibt. Gemeinsam entdecken sie ihre Vorliebe für Sex an öffentlichen Orten. Bald findet Matias heraus, dass Rafael ein ungeouteter Politiker ist, der sich im Wahlkampf für das Bürgermeisteramt befindet.
Kritik
“Niemand versteckt sich vor Bühne“, verkündet in einer frühen Szene Marcio Reolons und Filipe Matzembachers symbolistischen Erotik-Thriller eine Theaterregisseurin dem ehrgeizigen Matias (Gabriel Faryas). Das parabolische Netz aus Lust und Lügen, in das der junge Protagonist sich verfängt, ist voller solcher bedeutungsschwerer Dialoge. Ähnlich plakativ angeordnet sind die zwei Handlungsstränge des metaphorischen Plots. Der führt exemplarisch vor Augen, wie Selbstverleugnung uns Scheinheiligkeit eine gefährliche Eigendynamik entwickeln. Dabei beginnt das Verstellen harmlos im Kontext einer Bühnenproduktion.
Jene erlaubt dem ambitionierten Ausdruckstänzer Matias das Ausprobieren neuer Rollen in einem sicheren Rahmen. Der wird gesprengt, als Matias seine inneren Hemmungen, die ihn am offenen Konkurrieren mit seinem Bühnen- und Lebenspartner Fabio (Henrique Barreira) hindern, für eine einmalige Karrierechance ablegt. Diese Wandlung vollzieht sich parallel zu seiner heimlichen Affäre mit dem aufstrebenden Lokalpolitiker Rafael (Cirillo Luna, OSS 117: Er selbst ist sich genug). Beider Vorliebe für Sex an öffentlichen Orten steht in demonstrativem Widerspruch zum Verheimlichen des potenziell karriereschädigenden Verhältnisses.
Entspringt der Exhibitionismus dem unbewussten Wunsch, das Versteckspiel zu beenden? Oder braucht beider Begehren den Kick des Risikos, erwischt zu werden? Das Regie-Duo macht sich nicht die Mühe, die unterliegenden Motivationen seiner Figuren zu ergründen. Ihr Blick verharrt sowohl ästhetisch als auch dramaturgisch an der Oberfläche. Diese ist der markanteste Aspekt des hinter der exaltierten Fassade trivialen Intrigenspiels. Nachtszenen und dunkle Theaterkulissen spiegeln einander in dem suggestiven Szenario, das schöne Körper vor Inhalte stellt.
Fazit
5.5
Reichlich Sexszenen bedienen die Schaulust des Kinopublikums, dessen Interesse an der psychosexuellen Parabel so wachgehalten werden soll. Das gelingt indes nur bedingt in eigenem unterentwickelten Plot, der sein Spannungspotenzial mittels plakativer Dialoge untergräbt. Die Analogie zwischen dem öffentlichen Image, das der Hauptcharakter sich nach dem Vorbild seines heimlichen Lovers zulegt, und seiner Theaterperformance ist zu plump, um zu wirken. Statt die psychosozial interessante Konstellation zu differenzieren, driftet das kompetent gespielte Erotik-Experiment zunehmend ins Abstruse.
Es liegen noch keinerlei Meinungen und Kritiken für diesen Film vor. Sei der Erste und schreib deine Meinung zu Ato noturno auf.
Jetzt deine Kritik verfassen
Kommentare (0)
Kommentieren ist nur für User der Community erlaubt.
Melde dich an oder registriere dich bei uns!