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Der in der Bronx geborene Rapper Kemba begibt sich auf eine investigative Reise durch die Vereinigten Staaten sowie in die englische Hauptstadt London. Dabei geht er in Interviews der Frage nach, wie Rap-Texte von der Staatsanwaltschaft als Beweismittel für Verbrechen ausgelegt werden und wie die künstlerische Freiheit von Rappern unter stetiger Beobachtung steht.

Seit dem 28. Februar auf Paramount+ abrufbar.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

„Sie haben das Recht zu schweigen. Alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden“ – eine obligatorische „Miranda-Warnung“, die Polizist:innen in den Vereinigten Staaten Menschen bei einer Festnahme vorlesen, ist aus Kriminalfilmen nur allzu bekannt. Doch für schwarze Rapper scheint die Warnung wie ein Damoklesschwert über ihrer Karriere zu schweben. Sie könnten in ihrer Musik schweigen, doch das wäre wie eine Fußballpartie ohne jenes Spielgerät zu bestreiten. Der zweite Satz hingegen ist für nicht wenige Rapper seit den 1990er-Jahren bittere Realität geworden.

Künstlerische Freiheit oder kriminelle Energie in Rap-Texten? Können sie als Beweismittel in einem Gerichtsprozess ausreichen? Entlang dieser Fragen strickt Regiedebütant J.M. Harper kurzerhand einen essayistischen Undercover-Plot mit seinem Protagonisten. Lediglich mit einem Pager ist Kemba unterwegs, um unter dem Radar der Polizei zu bleiben. Zudem simuliert er mithilfe einer Verteidigerin eine solche Gerichtsverhandlung, die Rapper durchlaufen – oder meist aus dem Weg gehen, wie sich herausstellt. Weil ihr Vertrauen in die Rechtsordnung sehr gering ist. Wirklich benötigen tut As We Speak: Rap-Musik vor Gericht die Dramatisierung für seine Hauptfigur nicht, wenn die Schilderungen und Hintergründe bereits für genug Empörung sorgen.

Harper und Kemba stellen ausführlich den Vorbehalt wie den Rassismus in der Strafverfolgung gegenüber Rappern dar. An dem Beispiel von Mac Phipps wird die mutwillige Missinterpretation seitens der Anklage deutlich. Verse wie „murder murder“ und „kill kill“ aus seinem gleichnamigen Song werden mit Versen aus einem weiteren Song namens „Shell Shocked“ in Verbindung gesetzt. Schlimmer noch: man kann der Anklage in diesem Fall eine diskriminierende, rassistisch motivierte Form des Samplings unterstellen. Jene Technik, die im Hip-Hop vielfach angewendet wird. Der Fall des Rappers aus Atlanta ist eines von weiteren Beispielen, die im Verlaufe der Dokumentation zu sehen sind. So ist auch die Doppelmoral bei Versen über das Töten erkennbar, wenn Harper unter anderem treffende Zitate aus Songs von Queen und Johnny Cash heranzieht. 

Die Cutterin Emma Backman weiß indes den verbalen Inhalt in kräftige, mitreißende Montagen umzuwandeln. Soundeffekte und Animationsschnipsel unterfüttern die Visualisierung, ein zusätzlicher, wenn auch rührseliger Score verstärkt die Emotionalität. Jedoch bahnt sich da das zentrale Problem von As We Speak: Rap-Musik vor Gericht an. Kembas Recherche präsentiert nämlich so viele Gesprächsthemen (in einem erhöhten Erzähltempo), sodass die 96-minütige Doku locker zu einer dreiteiligen Miniserie erweitert werden könnte. Oder anders ausgedrückt: Sie ist vollgepackt und verliert sich in einem Ausflug. Ein Verweis auf William Shakespeare als Vorreiter der Rap-Lyrik oder eine nachgespielte Szene aus Romeo und Julia hat es nicht gebraucht. Andere Punkte wie der Prozess um das berüchtigte „Parental Advisory“-Etikett mit der 2 Live Crew auf der Anklagebank oder die fragile Karriere von britischen Rapper:innen unter dem Überwachungsapparat Englands kommen dadurch zu kurz.

Auch die unheimlich wichtige Rekapitulation der schwarzen Musik bis in das 19. Jahrhundert vergeht wie im Fluge. Man wird das Gefühl nicht los, dass das Hauptthema Harper und Kemba auf ihren Nägeln brennt und sie die filmische Energie hektisch in mehrere Richtungen ausstoßen. Der Wille ist aber unbestreitbar. Weiterhin ist die dargestellte Vielfalt und Intention von Rap-Musik zu loben. Von einem beeindruckenden Poetry Slam in einem Sitzkreis bis hin zu Musikvideoclips wird die Bandbreite der lyrischen Ausdrucksmöglichkeiten deutlich. Eine schriftliche Abbildung der Verse generell wäre wiederum hilfreich gewesen für jene, die Englisch nicht als ihre Muttersprache haben.

Die Vortragenden und Rapper:innen kreiden Umstände an, bieten ihre Sicht aus dem kriminellen und verarmten Umfeld. Wenn Rapper oder ihre Entourage in einem Musikvideo beispielsweise mit einer Maschinenpistole herumfuchteln, dann garantiert nicht aus Jux. Sondern weil Rapper die Gewalt mit solch einer Waffe auf den Straßen mit ihren eigenen Augen beobachten. Sie rappen, was ist: Eine knallharte Erzählung der Zustände in einem sozialen Brennpunkt, über die Polizeigewalt und zugleich ein musikalisches Ventil. Wer möchte da schon schweigen?

Fazit

Mitreißend, informativ und wichtig ist J.M. Harpers Beitrag über die rassistisch geprägte Kriminalisierung von Rap-Texten. Dabei bleibt er nah dran an den involvierten Schicksalen. Stören tut dabei die kompakte Laufzeit gepaart mit einem wenig zielführenden Ausflug, wodurch die Dokumentation anderen Punkten nicht die wünschenswerte Zeit und Tiefe widmet.

Kritik: Marco Focke

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