Inhalt
Fasziniert von Irans Filmkultur und den poetischen Arbeiten der feministischen Dichterin Forugh Farrokhzad macht sich die indische Filmemacherin Sreemoyee Singh auf die Suche nach Protagonist*innen des iranischen Kinos. Die zahlreichen Interviews, die sie über einen Zeitraum von sechs Jahren unter anderem mit den Filmemachern Jafar Panahi, Mohammad Shirvani und der Menschenrechtsaktivistin Nasrin Sotudeh führt, zeigen die prekäre Lage, der Regimekritiker*innen durch die permanente Androhung von Inhaftierung und Berufsverbot ausgesetzt sind.
Kritik
Im Juni 2016 steht Sreemoyee Singh mit ihrer Kamera und einem Begleiter in Teheran vor dem Haus Abbas Kiarostamis (24 Frames), dessen Filme sie während des Studiums in ihrer indischen Heimat tief beeindruckten, und überlegt, ob sie klingeln sollte. Schließlich hinterlässt sie nur eine Nachricht, die Kiarostami nie beantwortet. Zwei Wochen später ist der Regisseur verstorben. Die Szene ist exemplarisch für zahlreiche Momente in einem dokumentarischen Debütfilm, dessen verschlungene zeitpolitische, historische und kulturphilosophische Ambitionen in Trivialitäten verpuffen.
Vor dem Haus einer bewunderten Persönlichkeit zu stehen mag für die junge Regisseurin ein ergreifender Moment gewesen sein. Für das Kinopublikum ist er so wenig interessant und informativ wie der Zufall, der sie in eine frühere Wohnung Forough Farrokhzas führt. Das Werk der 1967 mit 32 Jahren verstorbenen iranischen Dichterin und Filmemacherin ist ein Schlüsselelement des filmischen Essays, der mal mehr, meist weniger ausgeformte Gedanken zur nationalen Filmgeschichte, Zensur, Menschenrechten und patriarchalischer Unterdrückung versammelt.
Die brutale Unterdrückung der gegenwärtigen Proteste verleiht dem dokumentarischen Reisetagebuch ein politisches Air, das der Inhalt kaum rechtfertigt. Selbst die privaten Momente mit Mohammad Shivani, Jafar Panahi (Die versteckte Stimme) oder dessen früherer Kinderdarstellerin Aida Mohammadkhani (Der weiße Ballon) wirken nur wie Annäherungen an emotionale Offenbarungen, die dann doch nicht eintreten. Ein Grund dafür ist die Tendenz der Regisseurin, ihr Empfinden und ihre Person in den Vordergrund zu spielen - wiederholt buchstäblich durch Gesangsauftritte vor Publikum - statt Menschen und Motive thematisch zu verknüpfen.
Fazit
Obwohl Sreemoyee Singhs dokumentarisches Kinodebüt filmisches Talent und Sinn für die subtilen Verflechtungen zwischen Kunst, Kultur und Politik enthüllt, bleibt es dennoch ein gescheiterter Versuch. Zu viele Themen, die jedes für sich eine eigene Dokumentation füllen könnten, werden nur flüchtig angerissen, während die Kamera öfter Straßenszenen und Stadtspaziergänge festhält als Interviews mit prominenten Persönlichkeiten. Während Hintergrundinformationen und historische Einordnung bestenfalls ansatzweise vorhanden sind, zerstreuen Abschweifungen zu Schönheitskult, Körperidealen und Verhüllungsgebot den inhaltlichen Fokus immer stärker.
Autor: Lida Bach