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Als Yang, gleichzeitig künstliche Intelligenz und Adoptivsohn und -Bruder, droht, seine Funktionalität zu verlieren, beginnt Jake nach einer Möglichkeit zu suchen, ihn wieder herzustellen. Auf seiner mehr inneren denn äußeren Reise stellen sich zunehmend Fragen nach der Wesenhaftigkeit dieses "techno-sapien".

Ab 31. Oktober exklusiv bei Sky und WOW.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Man mag es als bloßen Zufall abtun, dass Kogonada seine neuen Film After Yang, basierend auf der Alexander-Weinstein-Kurzgeschichte „Saying Goodbye to Yang“ aus dem Jahr 2016, im gleichen Halbjahr präsentiert, da auch Kazuo Ishiguros Klara and the Sun erschien. Wie schon der britische Literatur-Nobelpreis-Gewinner wenige Monate zuvor, stellt nun der koreanisch-amerikanische Filmemacher mit dem Pseudonym Kogonada (in Anspielung auf Yasujirō Ozus langjährigen Drehbuchschreiber Kogo Nōda) seine Vision einer nicht allzu fernen Zukunft vor. Scheint das Drehbuch für einen Moment zu Beginn des Filmes eine Richtung einzuschlagen, die an die Art Thriller erinnert, wie sie Alex Garland in Ex Machina oder Devs erzählte, erteilt Kogonada all den spannungsversprechenden Erzählrouten, die sich früh andeuten, eine Absage, indem sie auf lässige Weise als Verschwörungstheorien weggewischt werden. Während manche darin eine Ignoranz für die Gefahren der digitalen Zukunft und ihrer Gefahren erkennen mögen, so muss doch festgehalten werden, dass es Kogonada, ähnlich wie Ishiguro, nicht um Konflikte geht, die die Dramaturgie befeuern. Stattdessen wählt der langjährige Videoessayist eine kontemplative, konfliktfreie Form, die schon Columbus kennzeichnete.

Danach sieht es zunächst jedoch gar nicht aus. Mit ausgesprochener Stilsicherheit präsentiert Kogonada in seinen Opening Credits eine Familie auf grellem, sich wechselnden Farbhintergrund, die sich, uns Zuschauern zugewandt, in bemühter Synchronität zum dröhnenden Beat bewegt. Es handelt sich dabei um eine Art Videospiel, wie uns unmittelbar mitgeteilt wird; je höher die Einförmigkeit der Bewegungen, desto höher der Score im digitalen Wettstreit mit unzähligen anderen Gruppen von Menschen. Einförmigkeit, das ist die Sache allerdings nicht der Familie um Jake (Colin Farrell, The Lobster), Kyra (Jodie Turner-Smith, Queen & Slim), Mika (Malea Emma Tjandrawidjaja) und Yang (Justin H. Min, The Umbrella Academy). Nachdem die Familie aus dem Wettberwerb ausscheidet und sich alle anderen, von Endorphinen berauscht, neckisch über Jake hermachen, den sie als Wurzel ihres Ausscheidens ausmachen, tanzt Yang einfach immer weiter, gleichsam unbekümmert wie mühelos. Ironischerweise gerät das Familiengefüge just in dem Moment aus dem Takt, da es auf unbedingte Weise gilt, diesen zu halten. Doch hinter Yangs Selbstvergessenheit steckt mehr. Sowohl er als auch Mika wurden von Jake und Kyra adoptiert – mit dem Zusatz allerdings, dass es sich bei Yang um eine künstliche Intelligenz handelt, kostengünstig gekauft als „certified reburbished“: ein Familienmitglied auf Zeit, das die in China geborene Mika besser an die Kultur und Sprache ihres Geburtslandes heranführen soll. Zu Beginn des Filmes ist zwischen beiden bereits eine enge Verbindung etabliert: Yang, das ist Mikas Gēge, ihr großer Bruder, und konsequenterweise nennt dieser sie dann auch Mèimei, kleine Schwester.

Yang, so legt seine Fehlfunktion nahe, droht womöglich bald der eigne Zerfall, das Decomposing. Einher mit diesem Umstand gehen subtile Verschiebungen innerhalb der Familie. Insbesondere Mika zeigt sich betroffen vom potenziellen Verlust ihres Gēge. Als Jake vom Händler Brothers & Sisters erfährt, dass es sich bei Yangs neuerlichem Zustand um eine nicht vom Unternehmen zu reparierende „core malfunction“ handelt, dass man Yang daher nicht ohne Weiteres wieder in den vorherigen Zustand versetzen kann, begibt er sich, in dem Bestreben, seiner Tochter ihren Bruder zurückzubringen, auf eine seltsam entrückte Spurensuche, um zu verstehen, wer oder was dieser Yang eigentlich war, der ein so selbstverständlicher Teil seiner Familie geworden ist.

Dieses Nachspüren der Erinnerungen, besonders aber das Recherchieren der dank digitaler Technologie audiovisuell dokumentierten Ereignisse, bildet das Kernstück in diesem doch seltsam distanzierten Kogonada-Film, der sich auf die selbe Art einreiht in eine Vielzahl moderner Science-Fiction-Narrative, die von einer nicht ganz so fernen Zukunft erzählen, wie er die zurückgenommene Tonalität von Columbus fortsetzt. Die eingangs aufgeworfene Parallele zu Ishiguro kommt nicht von ungefähr, sie ist augenfällig. Die hier gezeigte Welt ist steril, die Farben sind warm, die Protagonist*innen leben fernab jeder materieller Zwänge. Ein wenig erwartet man während des Abspanns statt der End Credits das Apple Logo, gefolgt von der Einblendung „designed in California“, so nah kommen Kogonodas Inszenierung und seine aseptischen Sets der Werbeästhetik. Gleichzeitig begleitet das Ganze eine Melancholie, die sich nicht ganz verorten, doch auch nicht verleugnen lässt.

Die gleichsam zielstrebige wie ziellose Reise Jakes, der, in seinem Mäandern darum bemüht, Yang zurückzubringen, ohne jedoch der Natur seiner Wesenhaftigkeit näherzukommen, scheint allem voran der Erforschung der Welt zu dienen, die Kogonada präsentiert, eine Welt, in der sich ganze Forschungseinrichtungen und Museen der Erforschung der sogenannten techno-sapiens widmen. Doch weder selbstfahrende Autos, noch Nachbarn mit geklonten Töchtern klopfen wirklich neue Themen ab. Auch die Variation der Bildformate, etwa ins 4:3, wenn sich Jake und Kyra per Videotelefonie virtuell gegenüberstehen, was durch das Schuss-Gegenschuss-Prinzip ohne das alternierende Bildformat nich weiter auffiele, erscheint nicht besonders originell. Und doch verbirgt sich da eine gewisse Schönheit in Kogonadas Vision. Er beweist, dass wir Menschen nicht nicht animistisch sein können, dass in dem Bestreben, alles zu vermenschlichen, nicht nur eine spezifistische Selbstliebe steckt, sondern auch das Begehren, allem eine Liebenswürdigkeit zuzuschreiben. Nichts beschreibt das grundlegender als Jakes Spurensuche nach allen Hinweisen, die bezeugen sollen, dass Yang existiert hat.

Fazit

Kogonadas After Yang erzählt erneut auf ausgesprochen leise und zärtliche Weise von einer Sehnsucht, die sich nie ganz in Worte fassen lässt. Es beschreibt den urmenschlichen Willen, eine unsere Existenz zu bezeugen, unabhängig davon wie fraglich sich diese Menschlichkeit darstellt.     

Kritik: Patrick Fey

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