3.0

MB-Kritik

The Portuguese Woman 2018

Drama, History

3.0

Inhalt

Im Zentrum dieser virtuos inszenierten Verfilmung einer Novelle von Robert Musil steht die frisch verheiratete Frau des Lord von Ketten. Während ihr Mann sich dem Krieg widmet, beginnt sie sich allmählich aus ihrer Einsamkeit zu emanzipieren.

Kritik

Woher die Dinge kommen, interessiere sie nicht, verkündet Rita Acevedo Gomes in den Regieanmerkungen zu ihrer märchenhaften Literaturverfilmung, nur, wohin sie die Dinge bringen könne. Weit ist das nicht. Das jedenfalls gilt für ihre Adaption von Robert Musils Novelle Die Portugiesin. Deren verstaubtes Konstrukt einer naturgegebenen Antithetik eines männlichen und weiblichen Seinsprinzips findet in den schmuckreichen Settings lediglich eine ziselierte Bestätigung. Weder karikiert, unterminiert noch kritisiert die preisgekrönte portugiesische Filmemacherin, sie variiert nur das altväterliche Konzept in einem Werk, das trotz seiner pompösen 136 Minuten Laufzeit nicht mehr ist als eine ästhetische Plattitüde.

Deren Reiz liegt somit vorrangig in der stilisierten inszenatorischen Form und beiläufigen Auftritten Ingrid Cavens. Die Chanteuse und Schauspielerin (Suspiria) wandelt gleich einer Bardin als lebender Anachronismus durch die mittelalterlichen Szenenbilder. Deren Statik ist ein bewusst gewählter Effekt: Referenz an die in den Kunstgeschmack der Handlungszeit - allgegenwärtig in den mit beeindruckender Detailliebe ausgearbeiteten Kulissen - sowie Metapher für den dramatischen Aggregatzustand. Der ist Warten. Warten, warten, warten, auf der Leinwand und davor. Das hat schon fast was von Beckett, nur ohne existenzialistische Pointe. Stattdessen mündet das weiblicher Perspektive neu erzählte Histörchen in einen Treppenwitz.

Worauf warten Frauen? Auf Männer, hahaha. Der, um den es in der Vorlage trotz des Titels eigentlich geht, ist Graf von Ketten (Marcello Urgeghe, Linhas de Wellington). Er tut, was Männern, jedenfalls die im Herrschaftsstand, so machen: kämpfen, Krieg führen genauer. Gegenstück jenes Mannes der Tat ist dessen Gattin (Clara Riedenstein), sowohl bei Musil als auch Gomes definiert durch Schönheit und Passivität. In pittoresken Tableaux vivantes harrt die Namenlose auf die Rückkehr ihres Gemahls und das über Jahre. Die und zwei Kinder tun ihrer ätherischen Anmut keinen Abbruch. Selbstermächtigung? Nö, Selbstverwirklichung findet Frau in dekorativer Genügsamkeit.

Fazit

Eine poetische Ausdruckskraft liegt in den schwelgerischen Szenerien, die Rita Azevedo Gomes belebten Schaukästen nachempfindet. Die bewusst bühnenhafte Mittel einer konventionellen Filmsprache vorziehende Interpretation ist visuell faszinierend, doch die an altertümliche Gemälde erinnernden Aufnahmen eröffnen keine neue Perspektive auf Musils Klassiker. Gleich der immobilen Existenz der statuesken Titelfigur ist die hübsche Romanze eine vertane Chance: malerisch, melancholisch und unendlich monoton.

Autor: Lida Bach
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