Bildnachweis: Bethesda Softworks / Tango Gameworks

Videospiel "The Evil Within 2" im Test

von Sebastian Stumbek

Story

Sebastian Castellanos hat alles verloren, auch seine geliebte Tochter Lily, die bei einem Brand ums Leben kam. Doch die mysteriöse Organisation Mobius – obgleich verantwortlich für sein Leid – bietet ihm die Gelegenheit, sein tot geglaubtes Kind zu retten. Erlösung ist jedoch nur tief im Inneren des STEM zu finden. Der Ort, dem Sebastian vor drei Jahren nur knapp mit dem Leben davon gekommen ist und der ihn in seinen Albträumen ewig verfolgen wird.


Kritik

Vor genau drei Jahren veröffentlichte Bethesda Softworks seinen Horror-Blockbuster The Evil Within und durfte sich über den Erfolg der neu gestarteten Marke glücklich schätzen. Schon früh war klar, dass das Game einen Nachfolger erhalten sollte, seit Freitag, den 13. Oktober 2017 ist The Evil Within 2 nun für PC- und Konsolenspieler endlich erhältlich. Erfreulicherweise hat das Entwicklerteam von Tango Gameworks an den richtigen Schrauben gedreht und ein Sequel auf die Beine gestellt, dass seinem starken Vorgänger nicht nur das Wasser reicht, sondern überflügelt.

Knackpunkt des ersten Spiels war beispielsweise die Geschichte, die für sich zwar interessant und kreativ ausfiel, aber auch zu konfus erzählt wurde. The Evil Within 2 ist da weitaus strukturierter und zugänglicher, bereits von Beginn an wird mit offenen Karten gespielt, worum es geht. Mit der Rettung der eigenen Tochter ist die Motivation des Protagonisten Sebastian Castellanos nachvollziehbarer und sein Leidensweg menschlicher und packender. In einem kurzen Intro werden die Geschehnisse der Vergangenheit kurz zusammengefasst, so dass theoretisch auch Neulinge verstehen, was hier vor sich geht. Kurz darauf geht es an den Ort zurück, der beim Hauptcharakter ein ewiges Trauma verursacht hat und beim Spieler gewiss für einen erhöhten Adrenalinspiegel sorgte: STEM. Eine Maschine, die menschliche Hirne in einer alternativen Welt miteinander verbindet, was im Vorgänger durch den kranken Verstand eines Killers zur tödlichen Gefahr wurde und durch Korrumpierung erneut das Tor zur Hölle öffnet.

In diese Welt begibt sich der psychisch sichtlich angeschlagene Sebastian Castellanos erneut, eine Reise, die vom Prinzip her an Filme wie The Cell oder Inception erinnert und die seelischen Abgründe der verbundenen Personen offenbart. Das Schöne an The Evil Within 2 ist stets, dass es den Spieler immer wieder überrascht. Levelstrukturen können sich von einem Moment zum nächsten ändern und surreale Gebilde erschaffen, die immer wieder mit dem Verstand des Spielers spielen. Was ist real? Was geht hier vor sich? Und wo lauert die nächste Gefahr? So schleicht man beispielsweise durch einen dunklen Korridor, der nur von unserer Taschenlampe beleuchtet wird und landet in einem Raum, in welchem lauter in blutige Bettlacken gewickelte Leichen von der Decke hängen. Sobald wir uns umdrehen, ist der Gang hinter uns plötzlich verschwunden, eine Kamera mit Stativ steht nun dort auf uns gerichtet. Ein Geräusch hinter uns lässt uns aufschrecken und erneut umdrehen, die von oben herabhängenden Leichen haben sich plötzlich so formiert, dass sie einen Weg zu einer Tür weisen. Öffnen wir diese, steht dort plötzlich eine mysteriöse Person, die ein Foto von uns schießt und uns durch das Blitzlicht kurzzeitig blendet. Sobald wir wieder in der Dunkelheit sehen können, ist ein großer Spiegel vor uns mit dem zuvor geschossenen Foto von uns darauf geheftet. Nimmt man dieses auf, erblickt man im Spiegel eine Frau, die von hinten auf uns zuläuft, dreht man sich um, ist dort jedoch niemand mehr zu sehen. Ein Blick zum Spiegel zurück offenbart dann jedoch eine groteske Horrorgestalt, die durch den Spiegel herausbricht und uns mit ratternder Kreissäge jagt. Solche Situationen gibt es in The Evil Within 2 zuhauf, es spielt mit unseren Ängsten, lässt uns im Dunklen tappen und erschreckt an den passenden Stellen auch immer wieder Mal. Sicherlich nichts für zarte Gemüter.

Generell ist The Evil Within 2 ein sehr brutales Spiel, das den hier stattfindenden Wahnsinn einerseits in unserem Kopf stattfinden lässt, ihn gern aber auch ex­pli­zit darstellt in Form von blutrünstigen Bildern. Gehört zum Horrorgenre dazu und wird als Stilmittel in The Evil Within 2 auch sinnvoll und effektiv eingesetzt.

Womit The Evil Within 2 ebenfalls punkten kann sind die vielen kreativ entworfenen Antagonisten und Bossgegner, die uns regelmäßig über den Weg laufen. Zwei davon lernt man in der oben beschriebenen Szene kennen, es bleibt jedoch nicht bei diesem einen Zusammentreffen. Der Mann hinter der Kamera nennt sich übrigens Stefano Valentini und ist ein Psychopath, der sich zugleich als Künstler sieht und seine abgeschlachteten Opfer in ihrem Sterbemoment fotografiert. In STEM erschafft er so holografische Gebilde, die in Zeitlupe diesen Moment in Endlosschleife abspielen. Kann nur einem kranken Verstand entspringen, hat trotz dessen aber in der hier dargestellten Art tatsächlich etwas künstlerisch Schönes an sich. Mit zig solcher Einfälle ist The Evil Within 2 auf inszenatorischer Ebene stets ein Stück weit originell.

Ein großer Unterschied zum ersten Teil sind diesmal Open World-Abschnitte, welche hinzugefügt wurden. In der Regel sind Horrorspiele sehr gradlinig, da sie von gescripteten Momenten leben und die Macher den Spieler stets kontrolliert lenken wollen, um die Spannung aufrecht zu erhalten. Tatsächlich funktionieren die offenen Spielabschnitte erstaunlich gut und büßen weder an Spannung noch an Spielspaß ein. Wir bewegen uns darin durch eine düstere Kleinstadt, die wir frei erkunden können und worin es viele Dinge zu entdecken gibt, von nützlichen Items bis hin zu Überlebenden. Neben unseren Hauptaufgaben kommen so noch einige Nebenquests hinzu, die man nach Belieben verfolgen kann und während dieser es ebenfalls zu sehr furchteinflößenden Momenten kommen kann, die wir an dieser Stelle nun aber nicht mehr spoilern wollen. Insgesamt lassen sich mit The Evil Within 2 gut und gerne 20 Stunden verbringen, was für ein Spiel dieses Genres einen sehr angenehmen Umfang ausmacht.

Mit Pistolen, Schrotflinten und Armbrust setzen wir uns gegen die Feinde zur Wehr, müssen dabei aber stets sparsam mit den Ressourcen umgehen, da Munition knapp ist (vor allem auf höheren Schwierigkeitsgraden). Sinnvoll ist daher immer ein schleichender Ansatz mit Kills aus dem Verborgenen, ohne entdeckt zu werden. Auch das funktioniert in The Evil Within 2 ziemlich gut und weit besser als noch im ersten Teil. Diverse Skills können mit der Zeit aufgewertet werden und verstärken dabei entweder unsere Gesundheit, unsere Ausdauer, unsere Kampferfahrung oder Stealth-Fähigkeiten.

Grafisch hat sich gegenüber dem Vorgänger ebenfalls einiges getan, auch wenn die Technik weiterhin nicht die größte Stärke von The Evil Within 2 ist. Ansehnlich ist es dennoch allemal, vor allem da das Artdesign großartig ausfällt und die Entwickler sich in Sachen Inszenierung ordentlich austoben. Erfreulich ist auf jeden Fall, dass die beiden störenden Cinematic Letterboxen endlich verschwunden sind, sie nahmen im Vorgänger fast ein Drittel des gesamten Bildschirms ein. Auch der körnige Rauscheffekt, der für die passende Stimmung sorgen sollte, ist hier glücklicherweise Geschichte. 

Ob es einen drittel Teil geben wird entscheiden vermutlich die Verkaufszahlen. Ein Hintertürchen hat man sich in jedem Fall offen gelassen, um die Geschichte weiterzuerzählen. Doch selbst wenn hier nun Schluss sein sollte, so wäre es zumindest ein äußerst packendes Ende, das auch emotional zu berühren weiß und keine Wünsche offen lässt.


Fazit

In "The Evil Within 2" erwartet Horrorfans wieder eine geballte Ladung an absurden Wahnsinn, spannenden Momenten und erhöhten Adrenalinstößen. Spielerisch und auch erzählerisch macht der Nachfolger einen deutlichen Schritt nach vorn und sei jedem Interessierten wärmstens empfohlen.

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