Bildnachweis: Ubisoft

Videospiel "Assassin's Creed Origins" im Test

von Sebastian Stumbek

Story

Ägypten steht kurz vor dem Zusammenbruch. Mächtige Monarchen streiten und kämpfen um die Vorherrschaft, während verborgene Gestalten in den Schatten lauern, um die Kontrolle an sich zu reißen. Es ist an der Zeit, dass eine neue Bewegung erwächst und sich gegen die Unterdrückung auflehnt.

Geboren und aufgewachsen in der einsamen und verlassenen Gegend von Siwa, ist Bayek der letzte Vertreter der Medjai, einer langen und alten Reihe von Beschützern des Landes. Ein persönliches Schicksal zwingt ihn, seine Heimat zu verlassen und jeden seiner übrigen Feinde zu jagen und zu töten. Während seiner Mission wird er auf mächtige und historische Figuren treffen wie Kleopatra, Ptolemaios XIII oder Julius Cäsar, die in einem epischen Machtkampf verwickelt sind.


Kritik

Seit stolzen zehn Jahren besteht die populäre Assassin's Creed-Reihe bereits und stellt für den französischen Publisher Ubisoft eine der wertvollsten Marken überhaupt dar. 2016 gab es mit kräftigem Budget und bekannten Namen wie Michael Fassbender auch die erste filmischen Umsetzung des Stoffs, ihr Erfolg blieb jedoch hinter den Erwartungen zurück, so dass die Zukunft der Reihe auf der großen Leinwand noch ungewiss ist. Zumindest aber über eine geplante Anime-Serie darf man sich freuen, die in naher Zukunft auf dem Streaming-Dienst Netflix erscheinen soll. Um weitere Videospiele müssen sich Fans ohnehin keine Sorgen machen, künftige Ableger sind so sicher wie das Amen in der Kirche. Dennoch gönnte man sich zwei Jahre Entwicklungspause (statt des sonst üblichen Jahres), um dem neuen Assassin's Creed Origins eine Frischzellenkur zu verpassen. Einen revolutionären Sprung hat Origins zu seinen Vorgängern zwar nicht gemacht, dennoch fühlt sich das Game in vielen Bereichen tatsächlich optimierter und besser an als in den vielen Jahren zuvor.

In Assassin's Creed Origins verschlägt es uns diesmal ins alte Ägypten vor knapp 2000 Jahren. Ein von den Fans lang herbeigesehntes Setting, das von den Entwicklern mehr als eindrucksvoll zum Leben erweckt wird. Die Spiele der Reihe laden generell durch visuelle Schauwerte zum Staunen ein, Origins ist präsentationstechnisch eine wahre Augenweide. Nicht nur die Engine zaubert wunderhübsche Effekte auf den Bildschirm, das Entwicklerteam geht bei der Ausschmückung ihrer riesigen Spielwelt mit derart viel Liebe zum Detail vor, dass man sich an den Umgebungen und dem Treiben der Bewohner kaum sattsehen kann.

In dieser offenen Spielwelt können wir uns nun frei bewegen und neben der Hauptquest zahlreiche Nebenaufgaben erledigen. Neu an Assassin's Creed Origins ist, dass es sich vom Action-Adventure ein Stück weit zum RPG entwickelt hat. Verantwortlich dafür sind nicht nur die vielen Quests, die uns aufgetragen werden, sondern auch die Entwicklung unserer Spielfigur. Durch das Erledigen von Aufgaben, entdecken neuer Orte und Gegenstände sowie das Ausschalten von Gegnern sammeln wir fleißig Erfahrungspunkte, die uns pro Stufenaufstieg Fertigkeitspunkte bescheren, die wir in einem 3-teiligen Skilltree verteilen können. Wer gern kämpft, kann hier neue Stärken und Moves entwickeln, wer auf Fernkampf setzt, verbessert den Umgang mit dem Bogen, und wer sich gern im Verborgenen hält oder zu schmutzigen Tricks greift, setzt Gift oder Brandbomben ein. Es stört schon ein klein wenig, dass uns das Game quasi zum Aufleveln zwingt, da wir für die verschiedenen Etappen der Hauptstory ein Mindestlevel erfüllen müssen. Sonst haben wir nämlich gegen die Gegner überhaupt keine Chance, weil man bei zu großem Level Gap keinen Schaden anrichtet. Man wird jedoch mit Möglichkeiten dazu von allen Seiten überhäuft, und da man neben Erfahrungspunkten auch stets mit brauchbarem Loot belohnt wird, macht man es gern. Ohne den auferlegten Zwang wäre das Gefühl von Freiheit jedoch angenehmer.

Loot gibt es in Origins in drei Seltenheitsgraden (gewöhnlich, selten, legendär), mit verschiedenen Schwächen und Stärken und der Möglichkeit zum Upgraden, so dass die Suche danach durchaus motivierend ausfällt. Die Geschichten hinter den Nebenaufgaben erreichen übrigens zwar nie die erzählerische Originalität eines The Witcher 3, auch fällt der spielerische Ablauf dieser etwas repetitiv aus (töten, retten, besorgen), da das Austoben innerhalb der Spielwelt aber so gut von der Hand geht und wirklich Spaß macht, nutzt sich das Gameplay im Grunde auch nicht so schnell ab.

Das liegt auch am neu ausgearbeiteten Kampfsystem, das in früheren Serienablegern noch aus simplem Button Mashing bestand, diesmal aber auch Geschick und Timing erfordert und damit von seiner Art her ein wenig an Dark Souls erinnert, wenn auch nicht so komplex und herausfordernd wie beim Vorbild. Unsere Position im Kampf ist diesmal entscheidend, ebenso unsere eingesetzte Waffe, gut getimtes ausweichen, blocken, parieren und zuschlagen. Die Kämpfe machen damit weit mehr Spaß als zuvor und können, je nach Gegnertyp, recht knifflig werden.

Darüber hinaus sammeln wir in der Spielwelt, beispielsweise durch das Jagen von Tieren, ähnlich wie in Primal diverse Rohstoffe, die wir zum Verbessern unserer Ausrüstung verwenden können. Dadurch erhöhen wir unsere Hitpoints, vergrößern unseren Köcher oder stärken unsere heimtückische Klinge im Ärmel.

Die Hauptstory rund um Verrat, Verlust, Rache und Machtkämpfe innerhalb Ägyptens, die auch die Gründungsgeschichte der Assassinen-Bruderschaft behandelt, die stets zentraler Bestandteil der Assassin's Creed-Reihe war, ist insgesamt ganz ordentlich inszeniert und weiß mit einigen besonderen Momenten zu punkten, lässt dramaturgisch dennoch Luft nach oben. Open World-Titel haben es oftmals etwas schwerer, ihre Geschichte konstant spannend zu halten, da man sich in den großen Welten schnell verliert mit ihrer Vielzahl an Nebenbeschäftigungen, dass es aber auch besser geht, hat kürzlich beispielsweise Horizon: Zero Dawn unter Beweis gestellt. Daran kommt ein Assassin's Creed: Origins narrativ leider nicht heran, schlägt sich aber dennoch ganz solide. Mit Bayek, einem Medjai, sowie seiner Frau Aya, gibt es zudem zwei sympathische Figuren, deren Rolle man während des Abenteuers übernimmt (die seiner Frau jedoch eher selten, dafür wie in Black Flag auf hoher See in stimmungsvollen Schiffkämpfen). Die Abschnitte aus der Gegenwart, in die wir zwischenzeitlich versetzt werden, fallen beinahe schon lästig aus.  Weder die Figuren noch ihre Umstände stoßen auf großes Interesse, man sehnt sich sofort zurück nach Ägypten, wo man glücklicherweise auch die meiste Zeit verbringt.

Wer der Haupthandlung folgt und nebenbei nur das Nötigste erledigt, wird mindestens 30 Stunden benötigen, um Assassin's Creed Origins zu meistern. Wer darüber hinaus noch die Welt erkundet und sich weiteren Aufgaben widmet, darf locker das doppelte an Zeit drauflegen. Spannend wird es zudem im Endgame, das Ubisoft für den Spieler auch nach absolvieren des Spiels lange aufregend gestalten möchte. Dazu wird es diverse Aufgaben, Events und Inhalte geben, darunter beispielsweise die besonders starken Kriegselefanten, denen man sich stellen kann, oder Boss Battles gegen Götter der ägyptischen Mythologie. Inwieweit das Vorhaben aufgeht wird sich noch zeigen, Ubisofts Vorsatz, sich um die Spieler auch im Nachhinein zu kümmern, wie es sonst bei MMO's wie Destiny gängig ist, ist aber durchaus begrüßenswert. 


Fazit

Mit "Assassin's Creed Origins" gelingt Ubisoft der bis dato womöglich beste Serienableger, der neben zahlreichen spielerischen Verbesserungen auch mit einem atemberaubend schönen Setting im alten Ägypten punkten kann. Kleinere Schwächen an diversen Stellen bestehen zwar weiterhin, fallen aber innerhalb eines ansonsten sehr stimmungsvoll gestalteten Spiels kaum ins Gewicht. 

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