Bildnachweis: © Sony | Werbemotiv zu "Once Upon a Time... in Hollywood"

Once Upon a Time… in Hollywood – Roman – Kritik

von Oliver Koch

Inhalt

Mit Once Upon a Time... in Hollywood hat Quentin Tarantino im Jahr 2019 seinen neunten Spielfilm auf die große Leinwand gebracht. Der nostalgische Trip durch das Los Angeles der späten 1960er Jahre mit Leonardo DiCaprio und Brad Pitt in den Hauptrollen schien ein Herzensprojekt für den US-amerikanischen Autorenfilmer zu sein. Doch bevor er sich in sein nächsten Filmprojekt stürzt, widmete sich Quentin Tarantino zunächst einer anderen Aufgabe und hat die Geschichte seines neunten Spielfilms einer Adaption unterzogen. So wurde schließlich am 29. Juni 2021 der Roman zu Once Upon a Time... in Hollywood veröffentlicht.  

Kritik

Quentin Tarantino ist Filmemacher, Drehbuchautor, Schauspieler und neuerdings auch Romanautor. Doch allem voran ist er eins: ein leidenschaftlicher Filmliebhaber. Drum hat er sich vor der Arbeit an seinem zehnten (und seiner Rede nach letzten) Film einem etwas anderem Projekt angenommen und die nostalgische Märchenstunde aus Once Upon a Time… in Hollywood noch einmal für alle Freund*innen des gedruckten Wortes zu Papier gebracht. In leicht abgewandelter, wesentlich ausführlicherer Weise entführt er mit seinem Roman seine Leser*innen erneut in das Los Angeles der späten 1960er Jahre und erzählt die Geschichte von Rick Dalton und Cliff Booth, die inmitten der Machenschaften aufstrebender Manson-Anhänger*innen den gesellschaftlichen Umschwung jener Zeit zu bewältigen versuchen. Größtenteils ist jener Ausflug in die längst vergangene Ära Hollywoods durchaus unterhaltsam, auch wenn die anfangs erwähnte Leidenschaft manchmal in das kleinkarierte Geschwafel eines Kultur-Nerds abdriftet. Aber wer die Filme von Quentin Tarantino kennt, hat vermutlich auch nichts anderes erwartet.

Was wäre demnach ein Tarantino-Werk ohne zahlreiche Querverweise, Anspielungen und Hommagen an die Werke, die den Autorenfilmer einst geprägt haben? So strotzt die Erzählung nur so vor popkulturellen Referenzen, sodass sich der Roman umso mehr als die filmische Vorlage als wahre Referenz-Collage entpuppt. Wer schon immer wissen wollte, was die Lieblingsfilme von Cliff sind oder warum Rick das ausländische Kino so verabscheut, findet in den seitenlangen Exkursen die Antwort. Auch Hintergrundgeschichten, etwa wie Cliff an seine Hündin Brandy kam, staffieren die Geschichte mit etwas mehr Futter aus und verleihen den aus dem Film bekannten Figuren wesentlich mehr Profil. Die fiktiven Erzählungen, wie etwa die mit Rick Dalton als Schurke besetzte Western-Serie Lancer, werden ebenfalls detaillierter auserzählt, sodass selbst die Fiktion innerhalb der Fiktion eine Bühne bekommt. Hinzu kommen kleine Lehrstunden in Sachen Filmproduktion, in denen Quentin Tarantino seinen Leser*innen einen Blick hinter den Vorhang der damaligen Traumfabrik gibt. Ein buntes Brimborium aus Fakt und Fiktion, gemischt zu einem Entertainment-Cocktail mit einem Schuss Branchenwissen.

Gleichzeitig verhandelt der Roman verschiedene Perspektiven im Hinblick auf Themen wie Authentizität und Künstlichkeit im Zeitalter des frühen Hollywoods. Sentimentalisierung und Romantisierung sind hier zwei fundamentale Stichpunkte, die an manch einer Stelle in ein anderes Licht gerückt und hinterfragt werden – und dass, obwohl Quentin Tarantino häufig selbst in eben diese Kerbe schlägt. Wenn beispielsweise Cliff eine Film-Rezension aus dem Life Magazine zitiert, widmet Quentin  Tarantino nicht nur den Filmkritikern einen kurzen Spot im Scheinwerferlicht, sondern entwirft er über die Äußerungen seiner Protagonisten auch ein subjektives Bild, was es für ihn bedeutet Kunst zu schaffen. Wo im Film für derartige Nuancen kein Platz war, räumt der Roman diesen kleinen, nahezu akademischen Schwafeleien ordentlich Platz ein. Natürlich handelt es sich bei diesen Einschüben um Raritäten, nichtsdestotrotz verleihen sie der Geschichte eine weitere, einfühlsame Dimension, die einen Blick in die Mentalität eines der populärsten Filmemacher unserer Zeit gewährt. Und genau das ist es, was am Ende des Tages einen Blick ins Buch wert ist. 

Fazit

Der Roman „Once Upon a Time… in Hollywood“ wirkt wie der gedruckte Director’s Cut zum gleichnamigen Film, in dem Quentin Tarantino all die Szenen unterbringen durfte, die es nicht auf die große Leinwand geschafft haben. Wo die filmische Vorlage bereits ein Liebesbrief an eine längst vergessene Ära war, zeichnet sich die gedruckte Version als 400 Seiten langer Ehevertrag aus. Jedes Kapitel strotzt nur so vor Leidenschaft, popkultureller Referenzen, brancheninternen Exkursen und der Liebe zu den beiden Figuren sowie dem Hollywood der 1960er Jahre. Drum bleibt letzten Endes jene anfängliche Vermutung zu bestätigen: Dieser Roman ist Quentin Tarantino wie er leibt und lebt.

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