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Moviebreak bittet zu Tisch: Hannibal Staffel 3.6

von Sandra Scholz

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Ich entschuldige mich vorab für die leichte Verspätung des Recaps, aber Comic Con ist dieses eine Wochenende im Jahr, an dem Ausnahmezustand herrscht. In meinem Browser sind momentan 5 Panels gleichzeitig geöffnet und sie alle warten darauf, angesehen zu werden. Doch ihr wartet ja auch, also lasst uns direkt loslegen und zur Sache kommen. 


Rollen wir das Feld diese Woche mal von hinten auf. Am Ende war ich mir recht sicher, dass wir eine neue Version von Ray Liottas unschönem Abgang aus "Hannibal" miterleben dürfen, nur dass Jack Crawford den Platz von Clarice Starling eingenommen hat, während Will für Paul Krendler einspringen darf. Doch Bryan Fuller konstruiert weiterhin seine eigene Version der Geschichte. Ich bin mir sicher, dass wir in der nächsten Folge erfahren werden wie genau nun alle bei Mason gelandet sind. 

 

Wo wir schon bei Mason sind: es ist bezeichnend, dass er in seinen Fantasien nicht mehr auf den Rollstuhl angewiesen ist. Dass er von Fremden gepflegt werden muss macht ihm zu schaffen. Aber sein Gesicht bleibt auch im Traum unverändert, vermutlich weil es die Rolle des Superschurken, in der er sich selbst sieht, so markant unterstreicht. Nur an seinen Essmanieren muss der Gute noch ein wenig arbeiten. Und überhaupt, sein kleiner Vortrag über das Baby, dass er gerne mit seiner Schwester zeugen würde hat mich mein Frühstück massivst bedauern lassen. In einer Show, in der der Protagonist ein mörderischer Kannibale ist muss man das auch erstmal schaffen. 

 

Wie gut das Margot gemeinsam mit Alana ihre eigenen Pläne verfolgt. Die Annahme, dass Alana nun im kompletten Rache-Modus unterwegs ist war zwar leider falsch, aber mit einer Alana, die so böse tut um Hannibal und Mason am Ende an das FBI zu verraten kann ich mich anfreunden. Margot will unterdessen das Familienimperium auch nach Masons Inhaftierung nicht aus den Fingern geben, also muss sie irgendwie an Masons Sperma kommen, um einen Nachkommen ausbrüten zu lassen. Vielleicht werden sie und Alana bald fürsorgliche Eltern? Auch wenn der Gedanke an Alana als Brutkasten irgendwie gruselig ist... Margot selber wurde ja von Mason ihrer Zeugungsfähigkeit beraubt. Die kaleidoskopisch gefilmte Sexszene zwischen Margot und Alana setzte dem visuellen Overkill dieser Folge dann unbestritten die Krone auf. Nicht nur war sie faszinierend anzusehen, sie unterstrich auch dass Margot und Alana Eins geworden sind. 

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Unbestrittene Königin in dieser Folge war allerdings Bedelia. Ihr Verhalten war über viele Folgen hinweg schlichtweg ein Mysterium, das man nicht so recht entziffern konnte. Bisher mussten wir oft annehmen, dass sie über ihre Lage keine Kontrolle hat. Dass sie, wie Chiyoh sagte, einer von Hannibals zahlreichen Vögeln in einem Käfig ist, einzig vorhanden um ihn zu unterhalten. Doch spätestens seit "Secondo" arbeitet Bedelia an einem Ausweg aus ihrer Lage. Bereits dort wollte sie von Hannibal wissen, ob er all seine Feinde wissentlich zu sich zieht. Darin liegt ihr Weg nach draußen, und sie hat ihn sorgsam vorbereitet. Wenn sie Hannibal mitteilt, dass sie ihn nicht weiter begleiten wird, hat niemand damit gerechnet. Am Wenigsten Hannibal selbst. Doch Bedelia legt die Fakten auf den Tisch: sie weiß, dass er sie gern verspeisen würde, doch sie hat noch nicht lang genug in der Marinade gelegen um seinem Geschmack zu entsprechen. 


Und auch sonst hat sie sich von ihrer passiven Rolle verabschiedet, sie ist zu einem aktiven Teilnehmer geworden. Wenn sie Hannibals Wunden versorgt wäre es leicht für sie gewesen, ihn zu ermorden. Doch sie überlässt den anderen das Spielfeld, will beobachten wer am Ende die Oberhand behält. Unterdessen verabreicht sie sich selbst Drogen, welche ihre Wahrnehmung verschwimmen lassen. Dass es sich um eine Fassade handelt wird klar, wenn sie mit Chiyoh eine klare Unterhaltung führen kann. Doch Jack und Will haben bereits bemerkt, dass es sich höchstwahrscheinlich um die gleiche Behandlung handelt, der auch Miriam Lass unterzogen wurde. Wenn das gleiche Mittel in Bedelias Blut nachgewiesen werden kann hat sie ein wunderbares Alibi. 


Chiyoh bleibt dabei weiterhin ein blasser Charakter. Ok, sie schubst Leute von fahrenden Zügen, und sie schießt Will in dieser Episode in die Schulter, um Hannibal zu retten. Weil sie ihn, um bei den Vögelchen zu bleiben, in einen Käfig stecken will. Will sie ihm und sich selbst beweisen, dass sie nicht das Monster ist, welches Hannibal in ihr wecken wollte? Inwiefern wäre einsperren dann die humanere Wahl? Wohin geht sie, als sie Jack am Ende der Folge alleinlässt? Für mich folgt sie keiner inneren Logik, und das verdirbt mir den ansonsten möglicherweise spannenden Charakter doch arg. 


Zum Ende hin sind dann aber alle Hauptfiguren mehr oder weniger fröhlich vereint. Will und Hannibal sehen sich endlich wieder, und zunächst sieht es ganz so aus als würden die beiden gemeinsam flüchten. Doch Will hat andere Pläne, die von Chiyoh vereitelt werden. Hannibal hat sich zum großen Wiedersehen die Wohnung der verstorbenen Soglianos ausgesucht und wartet nur darauf, dass auch Jack endlich zum Essen erscheint. Doch der Jack, der dann auftaucht, ist ein herber Rückschlag im Vergleich zur vorherigen Folge. Naiv wie ein kleines Kind lässt er sich von Will ablenken. Ich meine, sich unter dem Tisch zu verstecken ist sooo simpel, und wieso ist Jack auf einmal so unvorsichtig? Ein bisschen mehr Konsistenz in den Charakteren wäre schon wünschenswert. 

Knusprig! © NBC

Dass das drumherum auch in dieser Woche nicht sonderlich wichtig ist beginnt langsam, mich zu stressen. Auf einmal tauchen also Bilder der wirklichen Familie Fell auf, gleichzeitig schafft Mason es irgendwie, die komplette Polizei zu kaufen. Auch Jacks Antwort auf die Frage, wieso er Hannibal nicht getötet hat als er die Chance hatte, klingt eher nach "ging nicht weil die Autoren ihn lebendig brauchen". Dass Bedelia sich am Spielfeldrand aufhält ist nachvollziehbar, bei Jack macht es keinerlei Sinn. Da aber alles andere nach wie vor einfach enorm faszinierend ist kann man darüber gut hinwegsehen. Dass sich gegen einen Cliffhanger entschieden wurde und man sich wenigstens sicher ist das Wills Gehirn noch innerhalb seines Schädels residiert ist ebenfalls beruhigend. Wobei ich gestehen muss dass ich die ganze Szene über darauf gewartet habe dass Will keine Hände mehr hat. Oder keine Beine. Oder sonst etwas nicht mit ihm stimmt. Doch dann war es ja nur die Knochensäge, also war alles in Ordnung. Bis Mason eingreifen muss. Und mein Bauchgefühl sagt mir, dass es für Mason kein schönes Ende nehmen wird. Und wir haben noch immer nichts von Dolarhyde gesehen, es bleibt also noch eine ganze Menge auf das wir uns in dieser Staffel freuen können. Wenn das aktuelle Niveau gehalten wird dann wird es zwar ein Ende geben, aber ein Ende welches ordentlich knallt.

 


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