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MBs Kommentarspalte: Warum "Green Book" gefährlich ist

GoldenEra

Von GoldenEra in MBs Kommentarspalte: Warum Green Book gefährlich ist

MBs Kommentarspalte: Warum "Green Book" gefährlich ist Bildnachweis: Universal

siBBe hat in seiner Kritik zu Green Book bereits einige positive Seiten des Filmes beleuchtet. Ich habe mich nach der Sichtung etwas unbehaglich gefühlt und würde dem ein paar Kritikpunkte hinzufügen wollen, denn tatsächlich halte ich den neuesten Film von Peter Farrelly (Dumm und Dümmehr) nach Black Panther für die bislang am wenigsten geeignete Wahl für den Oscar in der Hauptkategorie. In dem Film geht es um Tony Lip (Viggo Mortensen, Captain Fantastic), einem konservativen Amerikaner mit italienischen Wurzeln, der sich in einer finanziell prekären Situation befindet und sich deshalb trotz seiner Vorurteile unter guter Bezahlung dazu durchringen kann, den begabten afroamerikanischen Pianisten Dr. Don Shirley (Mahershala Ali, Moonlight) bei seiner gefährlichen Reise durch die Südstaaten zu begleiten und vor rassistischen Übergriffen zu schützen. 

Die natürlich auf wahren Begebenheiten beruhende Prämisse bietet viel Raum für einen Diskurs rundum soziale Ungleichheit und Rassismus. Und tatsächlich sehen sich die Protagonisten während der zahlreichen Autofahrten stets mit ihren Ungleichheiten konfrontiert. Don kann als wohlhabender Mann nicht nachvollziehen wie unkultiviert Tonys Verhalten ist, der wiederum Vorbehalte aufgrund der Hautfarbe seines Mitfahrers hegt. Interessant ist, dass Tony seine Vorurteile deutlich schneller ablegt, als es Don tut. Gerade im Mittelteil zieht der Film einen Großteil seiner Komik aus dem ungehobelten Verhalten Tonys, der es natürlich nicht einmal hinbekommt zwei zusammenhängende Sätze für seine Frau zu formulieren. Dieser Hohn ist nervig und zeigt wie sich die oberen gesellschaftlichen Schichten - das werden wir auch wieder bei den Oscars erleben - über die unteren Schichten spöttisch erheben. Unter anderem wegen einer solchen Arroganz verloren die US-Amerikaner nicht zuletzt ihren Glauben an die Demokraten und wählten mit Trump einen Rechtspopulisten zu ihrem Präsidenten. 

Auch lernt Don wenig von Tony und erfreut sich vielmehr seines unbedarften Charmes, wenn er mal wieder ungeniert in die Chicken Wings beißt. Stattdessen scheint er ihm vor allem in schmutzigen Situationen durch betrügerisch anmutende Dialoge aus der Patsche helfen zu können. Dieser unangenehme Zug des Filmes rückt eher in den Hintergrund, da Green Book sehr bedacht darauf ist, möglichst zaghaft daherzukommen. So wird die Fahrt als wertvolle Reise dargestellt, die beide ihre Vorurteile vergessen lässt. Tony ist nicht länger unterschwellig rassistisch und Don verliert seine Arroganz der Unterschicht gegenüber. In einem kitschigen Ende scheinen alle Probleme gelöst zu sein und der Zuschauer kann befriedigt den Saal verlassen: Zum Glück gibt es diese Zeit der Armut und des strukturellen Rassismus nicht mehr und hunderte von "besonderen Freundschaften", wie sie Tony und Don hegten, haben das ermöglicht. 

In dieser ersten Lesart des Filmes bekommt der Zuschauer den Eindruck, diese Zeiten liegen längst hinter ihm. Dabei sind struktureller Rassismus sowie soziale Ungerechtigkeit allgegenwärtig. Aber davon möchte weder jemand bei den Oscars, noch jemand der eine kosmopolitische Feel-Good-Komödie sehen möchte, etwas wissen. In der zweiten Lesart des Filmes liegen die Probleme zwar nicht zwingend hinter uns, aber sind durch unser persönliches Verhalten zu besiegen: Wenn wir uns immer schön vor Augen halten, dass wir alles Menschen und damit gleich sind, wird schon alles gut werden. Dass Rassismus und soziale Ungleichheit weder etwas mit Dummheit noch in jedem Fall mit Eigenverschulden zu tun haben, wird auf gefährliche Art verschleiert. Beides sind vorrangig strukturelle und politische Probleme.

Habt ihr den Film schon gesehen? Wenn ja: Wie hat er auf euch gewirkt?

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