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Highlights: Langfilme | Filmfest Bremen 2024

memorylab

Von memorylab in Indie-Kino an der Weser: Recap und Highlights vom Filmfest Bremen 2024

Highlights: Langfilme | Filmfest Bremen 2024 Bildnachweis: © Tobias Ernst | Szene aus "Auf Ohrenhöhe"

Auf Ohrenhöhe
Regie: Emma Lou Paleit & Jakob Jung

Auf Ohrenhöhe wurde auf dem Filmfest Bremen uraufgeführt. Der gerade einmal 42 Minuten lange Dokumentarfilm rückt das alltägliche Leben von gehörlosen Menschen in den Mittelpunkt. In diesem Sinne handelt es sich natürlich um einen mittellangen Film. Viel Aufmerksamkeit wurde dabei dem feinen Sound Design geschenkt. So wird mit Filtern und digital verzerrenden Effekten gearbeitet, um das Hörerlebnis aus der Sicht eines Menschen mit einem Cochlea-Implantat zu umschreiben. Besonders eine längere Sequenz, mit der oben zu sehenden Adriane, versetzt die hörenden Menschen in die Lage eines gehörlosen Menschen hinein. Sie performt einen Deaf Slam über Gebärden, während die hörenden Zuschauer:innen Naturgeräusche sowie Hintergrundmusik als Stütze erhalten. Auf Ohrenhöhe ist ein Film über die Stigmatisierung, über eine akustische Barrierefreiheit und über Missverständnisse. „Wir sind mehr als eine Diagnose, die man bekommt“ und „man muss nicht hören können“ sind Sätze, die beim Abspann nachhallen. Eine sachliche, unaufgeregte Auseinandersetzung mit einem wichtigen Thema, das von sympathischen Interviewpartner:innen nähergebracht wird.


Image titleBildnachweis: © Insight Films

The Mother of All Lies
Regie: Asmae El Moudir

Die autobiografische Doku von Asmae El Moudir feierte im vergangenen Jahr in Cannes in der Sektion „Un Certain Regard“ ihre Weltpremiere. The Mother of All Lies als Miniatur Traumaland zusammenzufassen, wird dem Film aber nicht ganz gerecht. Asmae El Moudir geht der Frage nach, warum sie kein Foto von sich selbst aus ihrer Kindheit hat. Nur ein einziges Foto hat sie, auf dem ein ganz anderes Mädchen abgebildet ist. Die im Titel angedeutete Wurzel allen Übels führt unter anderem auf ihre Großmutter zurück. Sie hat nicht nur das Sagen in der Familie, ihr autoritäres Auftreten schüchtert alle weiteren Mitglieder ein. Warum das so ist, stellt sich im weiteren Verlaufe mehr als eindrücklich heraus.

Ein Dreh- und Angelpunkt der Erzählung ist der von Asmae El Moudir und ihrem Vater erschaffene Miniaturnachbau von dem Wohnviertel, in dem sie ihre Kindheit verbracht hat. Zum einen dient dieser als eine Möglichkeit, um die Erinnerungen verarbeiten zu können. Zum anderen offenbart die Detailarbeit an den Wänden und dem Interieur das Leben während der gewaltsam bekämpften Proteste aus dem Jahr 1981 in Casablanca im Zuge eines drastischen Preisanstiegs für Nahrungsmittel. Familienmitglieder spielen ihre Erlebnisse in den Miniaturgebäuden mit ihren eigenen Figuren nach. Dadurch bekommt die Verarbeitung von Traumata eine spezielle Haptik, Hingabe und Nähe, die The Mother of All Lies auszeichnen.


Image titleBildnachweis: © Dror Moreh Films

Kulissen der Macht
Regie: Dror Moreh

Dass bei der Kuration des Programms für das diesjährige Filmfest Bremen auch ein politischer Akzent gesetzt wurde, konnte das Publikum bei der Deutschlandpremiere des  Dokumentarfilms Kulissen der Macht erleben. Der israelische Regisseur Dror Moreh, der für seine Dokumentation „The Gatekeepers“ im Jahr 2013 eine Oscar-Nominierung erhielt, knöpft sich die US-Außenpolitik über die vergangenen Dekaden vor. Eine Frage steht dabei im Vordergrund: Hätte die US-Regierung mehr tun müssen und die Opferzahlen eindämmen können? Von Ende des Zweiten Weltkrieges bis hin zum Arabischen Frühling und dem Syrien-Krieg prallt in Morehs Film der Konjunktiv mit den Konsequenzen in all seinen verstörenden expliziten Bildern zusammen.

Neben dem umfassenden Archivmaterial ist es erstaunlich, wie viele ehemalige und zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ins Amt berufene Sicherheitsberater sowie US-Außenpolitiker der Regisseur vor die Linse bekommt: Unter anderem Colin Powell, Anthony Blinken, Hillary Clinton und Henry Kissinger. Letzteren wiederum zu hören, grenzt schon an purem Hohn – wenn er sagt, dass die USA nicht dazu verpflichtet sind, gegen das Übel auf der Welt vorzugehen. Moreh geht es im Rahmen seiner in Kapiteln strukturierten Doku darum, die Zuschauer:innen die Atmosphäre im Situation Room des Weißen Hauses näherzubringen. Folgenreiche Entscheidungen werden abgewägt, Interessen spielen stets eine Rolle, wenn es auch um das Image nach innen hin geht. Inaktivität hat mehrere Facetten, es ist nicht so einfach, wie es von außen scheint, hinterher ist man immer schlauer – diese Sätze umschreiben in gewisser Weise das Dilemma, in das sich die US-Außenpolitik durch ihre Aktivitäten in der Vergangenheit hineinmanövriert hat. Samantha Power, die ehemalige UN-Botschafterin für die Vereinigten Staaten und mit dem Pulitzer-Preis gewürdigte Buchautorin, dient hierfür als hochrangiges Beispiel.

Der mit 135 Minuten längste Beitrag des Filmfests bietet einen spannenden, sehr dramatischen Einblick, allerdings wird zweites durch einen emotionalen Score zu sehr hervorgehoben. Im Situation Room schallt ja auch keine schwere traurige Musik während der Besprechungen. Gerade wenn keine Musik zu hören wäre, während mit Leichen gesäte Straßen und vom Hunger gezeichnete Menschen zu sehen sind, würde die Doku eine ironische Distanz aufbauen und eine größere Wirkung beim Publikum entfalten.

In der anschließenden Fragerunde gab Dror Moreh bekannt, dass Kulissen der Macht zu einer Miniserie erweitert werden soll. Dazu sollen der Krieg in der Ukraine sowie die neueste Eskalation im Nahost-Konflikt in die Geschichte miteinbezogen werden. Meryl Streep soll als Erzählerin fungieren. Wie weit die Arbeiten für die Miniserie vorangeschritten sind, hat der Israeli nicht gesagt, auch ein Zeitraum für die Veröffentlichung steht noch nicht fest.

„Kulissen der Macht“ erscheint am 30. Mai in den deutschen Kinos.

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