Die Halloweensaison ist gestartet und mit ihr beginnt auch die „Schrei, wenn du kannst“ Zeit im Filmpark Babelsberg. Die Horrornächte 2024 lassen grüßen und wir konnten uns das schaurige Spektakel nicht entgehen lassen. Diesmal blickten wir hinter die Masken und trafen uns mit ein paar auserwählten Monstern, die uns ihre spannenden Horrorgeschichten erzählten.
Das Bemerkenswerte an ihren Geschichten ist die Tatsache, dass sie im echten Leben oft Berufsgruppen angehören, mit denen man nie im Leben gerechnet hätte.
Martin Dietrich (Zombie Popcorn Verkäufer/Lost Paradise)
Wenn man dich so in voller Montur als Monster sieht, kann man es kaum glauben, was du beruflich machst. Die wenigsten würden darauf kommen, dass du ein Pädagoge im Kindergarten bist. Wie kommt man bitte als Pädagoge zu den Horrornächten?
Ich mag Horrorfilme, vor allem die im Kopf arbeiten, wie "Es" oder "Shining". 2015 und 2016 war ich Besucher im Filmpark und dachte: „Das sieht nach Spaß aus und ich kann das wohl auch.“ Gesagt, getan! Zur Walpurgisnacht 2017 gab es ein Casting. So nahm dann die Geschichte ihren Lauf.
Helfen deine erzieherischen Fähigkeiten im Umgang mit den Besuchern der Horrornächte?
Meine erzieherischen Fähigkeiten helfen, glaube ich, sehr wenig. In einigen Fällen eventuell bei der Deeskalation. Es gibt aber nur sehr wenige Fälle, wo dies notwendig ist. Geholfen haben sie aber sicherlich, als ich 2019 und 2023 Mazeleiter war. 25 Monster unter einen Hut zu bekommen, ist eine Herausforderung.
Was sind deine ganz persönlichen Highlights aus deiner ganzen Zeit bei den Horrornächten?
Mein ganz persönliches Highlight ist bei jeder Nacht der erste Schrei. Es ist wie ein Blitz, der durch den Körper fährt und nach mehr verlangt. Es setzt unfassbare Endorphine frei. Es macht süchtig …
Katja Bonitz (Verrottetes Monster/Lost Paradise)
Das Besondere an deiner Geschichte ist, dass du jedes Mal aus Hamburg pendelst, um bei den Horrornächten im Filmpark Babelsberg in Potsdam mitzumachen. Das spricht dafür, dass die Horrornächte dir wirklich viel bedeuten. Wie bist du dazu gekommen, bei den Horrornächten mitzumachen? Und vor allem warum bist du so lange (seit 2016) geblieben, obwohl du wahrscheinlich eine der längsten Anreisen hast?
Ich bin erst 2021 nach Hamburg gezogen, davor habe ich in Berlin gewohnt. Dementsprechend war das vor 2021 kein Problem mit der Teilnahme an den Horrornächten. Dass ich dabei geblieben bin auch nach dem Umzug, liegt daran, dass mir das Scareacting einfach sehr viel Spaß macht, genauso wie das Erstellen des jeweiligen sfx-Make-ups (sfx = special effects). Auch die Gemeinschaft unter uns Erschreckern ist echt toll, wirklich quasi wie eine Monsterfamily. Das trägt natürlich dazu bei, dass man Jahr für Jahr wieder mitmachen möchte.
Du arbeitest hauptberuflich als medizinische Fachangestellte. Das ist ein Beruf, den man meistens nicht mit Kreativität verbindet. Woher stammt deine kreative Ader und die Schauspielleidenschaft?
Kleiner Funfact am Rande: die meisten Erschrecker sind vom Hauptberuf Pädagogen und an zweitmeister Stelle stehen die Erschrecker mit medizinischen Berufen. Um aber zurück zur Frage zu kommen: tatsächlich bin ich schon von Kindheit an kreativ, dass mir allerdings sfx-Make-up liegt, habe ich erst um 2012/2013 entdeckt. Die Schauspielleidenschaft habe ich leider auch erst später entdeckt, da mir während der Schulzeit Schauspiel oft schlecht geredet wurde und ich dadurch in früherem Alter nicht in diese Richtung geschaut hatte. Mittlerweile würde ich sehr gerne ins sogenannte Creature Acting gehen (wie der Schauspieler Doug Jones).
Hast du bei den Horrornächten Gleichgesinnte und Freunde gefunden, mit denen du dich auch privat verstehst?
Auf jeden Fall! Ein paar haben mir auch schon in nicht ganz so einfachen Zeiten echt gut unter die Arme gegriffen. Seit meinem Umzug nach Hamburg ist der Kontakt leider natürlich auf die Horrornächte beschränkt.
Isabell-Christin Normann (Horrorclown/Lost Paradise)
Du bist noch relativ neu bei den Horrornächten, erst seit 2023. Hat dich die Magie der Horrornächte trotzdem schon gepackt? Was liebst du daran am meisten?
Ja, die Horrornächte haben mich sofort gefesselt. Es war, als wäre ich endlich zu Hause angekommen. All die tollen, lieben Leute haben einen sofort in ihren Kreis integriert und man gehörte einfach gleich dazu. Ich freue mich quasi seit letztem Jahr auf dieses Jahr Horrornächte! Es macht einfach so viel Spaß in eine gruselige Rolle zu schlüpfen, sich zu schminken, zu verkleiden und ein überzeugendes Monster zu sein. Ich mag die Atmosphäre des Horrorfilms, von dem man die ganze Zeit umgeben ist. Ich liebe unsere Monsterfamilie. Vom ersten Moment an, wusste ich, ich kann endlich vollkommen so sein wie ich bin, nämlich ziemlich gaga, und es ist völlig in Ordnung und die meisten sind genauso. Am meisten liebe ich es ein Clown zu sein, ich hatte immer eine Clownphobie, die hat sich gelegt als ich zu Gast bei den Horrornächten war, da war ich schon komplett fasziniert. Nach meinem Casting stand fest, ich war selber schon immer ein Clown!
Du bist hauptberuflich Entertainer und Guide im Filmpark und machst Führungen durch den Park. Was sind deine ganz persönlichen Highlights im Filmpark? Was muss man unbedingt gesehen haben?
Es gibt viele Highlights! Also der schönste Ort im Filmpark ist für mich zum einen der kleine Muck. Dort oben auf dem Hügel, der kleine Tempel mit dem Springbrunnen … Überall sind wunderhübsche Blumen, das ist einfach wunderschön. Starke Konkurrenz bekommt der kleine Muck von Panama, da kann man Boot fahren und es ist wie ein kleiner süßer Park. Was man unbedingt erleben muss, ist eine Tour durchs Grusel U-Boot Triton und eine Führung in der Caligari Halle, dort ist es so interessant und man bekommt tolle Kostüme zu sehen. Die Stuntshows darf man auch nicht verpassen, und ich würde jedem empfehlen auf dem Spielplatz von den großen Rutschen zu rutschen, das macht mega Spaß!
Du spielst einen Horrorclown. Gehörst du eher zu den witzigen oder zu den gruseligen Clowns? Konntest du letztes Jahr schon ein paar Besucher ordentlich erschrecken?
Also ich gehöre irgendwie zu beiden, ich kann sowohl sehr witzig als auch ziemlich gruselig sein. Ich versuche beides im Einklang zu haben, gerade als Clown sollte man seinen Witz auch in einer gruseligen Situation nicht verlieren. Ich habe eine kleine Clownhandpuppe bei mir, Fluffy, die wirkt auf viele, die Puppen und Clowns nicht mögen, schon sehr gruselig. Mit meinem kleinen Partner an meiner Seite hab ich schon sehr viele erschrecken können. Selbst manche Kollegen haben Angst vor mir und das ist immer ein gutes Zeichen.
Bei den Horrornächten finden die Monster nicht nur einen Weg sich kreativ auszuleben, sondern der eine oder andere fand sogar seine große Liebe unter den Monster-Kollegen. Wir trafen auf das Traumpärchen der Horrornächte Susanne Schädig und Kay Weber (Henriette vom Hafen und Fusel-Fritz/ Port Panic). Die beiden sind schon seit 2015 zusammen und erschrecken seitdem mit Vorliebe gemeinsam die Gäste, die sich in die dunklen Ecken ihrer Maze verirren.
© Susanne Schädig (Foto links)
Ihr habt euch bei den Horrornächten kennen und lieben gelernt, wie ist es dazu gekommen?
Das erste Mal ist Kay mir beim sogenannten Monstercollege aufgefallen. Das ist sowas Ähnliches wie ein Recall für Neumonster. Da lernt man die Grundzüge des Scareactings und des Schminkens (Wunden schminken usw.) Es hat nicht sofort gefunkt, aber ich fand ihn auf jeden Fall sympathisch. Bei den Horrornächten direkt hatten wir dann gar nichts miteinander zu tun. Erst nach den Horrornächten sind wir dank gemeinsamer Freunde aufeinander getroffen …
Ich kann nur sagen, dass ich mit meinem besten Freund eine Beziehung führe und das wünsche ich echt jedem Menschen, denn besser kann eine Beziehung nicht laufen.
Ihr seid ja schon sehr lange bei den Horrornächten dabei. Was sind eure Highlights aus den ganzen Jahren Horrornächte?
Highlights sammelt man viele bei den Horrornächten. Anfangen muss man aber tatsächlich bei den Monstern selbst. Es ist Wahnsinn, wie schnell ich damals als Neumonster von den sogenannten Altmonstern aufgenommen wurde . Es ist völlig egal, ob Männlein, Weiblein, Transgender, Divers etc. Bei den Monstern zählt die Person als solche. Man wird nicht nach Äußerlichkeiten oder sexueller Neigung beurteilt. Wichtig ist: sei einfach du selbst, sei nett, tolerant und offen. Das hat mich immer beeindruckt, so wünscht man sich das in allen Lebensbereichen und auf der Welt an sich. Natürlich gibt es aber auch richtig tolle Erlebnisse mit Gästen. Der Gast, der nur deinetwegen zu den Horrornächten kommt, der Gast, der sich bedankt, weil du ihn so richtig schön erschreckt hast, der Zwei-Meter-Mann, der schreiend vor dir wegläuft, aber trotzdem den Daumen nach oben zeigt, der Moment, wo dich Gäste erkennen, obwohl du eine andere Rolle hast und völlig anders aussiehst. Wir können wirklich sagen, dass die Horrornächte eine Bereicherung für uns sind.
Susanne, du arbeitest ja bei Maskworld und bist eine echte Kennerin, was Make-up angeht. Welchen Rat, würdest du den Anfänger-Monstern gerne geben, wenn sie sich zum allerersten Mal schminken und verkleiden?
Die wichtigsten Regeln lauten: hab Spaß beim Probieren. Achtung! Latexmilch geht nicht mehr aus den Klamotten raus, Kunstblut kann gut färben, Latex nie auf den Haaren anwenden, kein Blut in Mund oder Augen, es sei denn, es ist genau dafür hergestellt! Auch Abpudern bei Cremeschminke und fixieren bei Aquaschminke ist wichtig. Trotzdem ist meine wichtigste Regel, hab Spaß und gib nicht auf! Übung macht hier den Meister und der ist bekanntlich noch nie vom Himmel gefallen. Erlaubt euch mutig zu sein und probiert Sachen aus. Schaut Tutorials. Seid kreativ. Man kann aus so einfachen Sachen einfach hammermäßige Make-ups kreieren. Und da sind Klopapier und Haferflocken ganz vorne mit dabei. Beim Verkleiden gilt für mich.... Hauptsache, du fühlst dich wohl!
Natürlich entdeckt man unter den Monstern der Horrornächte auch diejenigen, die direkt mit Filmen zu tun haben. Einer von ihnen ist der Drehbuchautor Thomas Barnack (Trunkenbold Rudi-Rumtopf/ Port Panic).
© Thomas Barnack (Foto links)
Was war für dich persönlich das Beeindruckendste, was du bei den Horrornächten erlebt hast?
Wie schnell man Menschen mit einfachsten Dingen zum Schreien bringen kann: Flüstere ihnen ins Ohr oder puste leicht in den Nacken. Es muss nicht immer alles laut sein. Bleib stehen, starr sie an und laufe ganz langsam auf sie zu. Das klingt simpel, löst aber ein großes Kopfkino aus, wenn die Angst schon in ihnen steckt. Beeindruckend sind auch die Tonlagen, in welchen Männer schreien können.
Du bist Drehbuchautor und liebst es offenbar Leute zu erschrecken. Kann man in Zukunft mit einem von dir verfassten Horrorfilm-Drehbuch rechnen?
In absehbarer Zeit noch nicht, ich schaue sie lieber oder „spiele“ selbst mit (Horrornächte ist ja eine Art Live-Horrorfilm). Aktuell würde ich aber auch eher den Cast besetzen, als selbst zu schreiben.
Du hast für UFA Serial Drama als Storyliner gearbeitet, konntest also schon in der Praxis einige Erfahrungen sammeln. Was ist das Allerwichtigste, wenn man ein gutes Drehbuch schreiben möchte?
Man muss die Figuren leben, ähnlich wie im Filmpark, man sollte das eigene Handeln in den beschriebenen Szenen eher hinten anstellen, außer man hat eigene Erfahrungen. Ähnlich verhält es sich mit der Sprache, denn nicht alle Figuren sprechen gleich. Deswegen sollte man nicht unbedingt immer die eigenen Worte benutzen, sondern denken wie die andere Person. Würde er/sie so handeln/reden? Am wichtigsten ist es aber, dass jede Geschichte ein Ziel haben muss und auf dem Weg dahin passieren Dinge, die das Erreichen des Ziels be-/verhindern – es muss nicht immer ein Happy End kommen, das Ziel darf auch mal nicht erreicht werden, dafür haben die Figuren aber etwas gelernt. Die Zusehenden übrigens auch.
Gibt es einen Horrorfilm, bei dem aus deiner Sicht, ein perfektes Drehbuch vorliegt?
Perfekt ist glaube keines, es ist allerdings immer eine Frage des Geschmacks. Ich mag aber sehr Scream. Diese klassische Angst verfolgt zu werden bzw. dass jemand in unserem Zuhause ist. Es braucht nicht immer die tiefe Handlung. Es reicht schon aus, wenn hinter jeder Ecke der Killer sein könnte. Das ist auch das Prinzip der Horrornächte: die Jumpscares.
Zu guter Letzt haben wir auch noch das wahre Urgestein der Horrornächte getroffen Torsten Winter.
Torsten hat am 18.10.2024 ein ganz besonderes Jubiläum gefeiert. Es war seine 70. Horrornacht, weil er schon seit 2011 bei den Horrornächten dabei ist und seit dem hat er keine einzige Nacht verpasst. So viel Engagement muss belohnt werden und deswegen haben wir noch ganz spontan beschlossen Torsten zu interviewen. Er erzählte uns, dass er in der Mittelalterstadt als Kelte anfing, dann ließ er sich zum Totengräber und Vodoo-Priester umschulen. Schließlich erfand er 2014 seine Paraderolle:
2014 bin ich dann zu den Clowns gewechselt und habe dort die Rolle des "Johnny Doeh" entwickelt. Johnny war ein unfreundlicher, sexbesessener Harlekin. Dies habe ich bis 2022 immer wieder weiterentwickelt, insbesondere das Kostüm sah jedes Jahr anders aus. 2023 habe ich dann wieder gewechselt, da ich unbedingt "Sliden" wollte. Dies ging als Harlekin nicht gut, und daher habe ich mich fürs Wasteland entschieden und habe mit Freunden die Gruppe "Omega" gegründet, die letzten Überlebenden einer Zombie-Apokalypse. Sliden bedeutet, sich aus dem Lauf raus auf die Knie fallen zu lassen und über den Boden zu rutschen. Da wir dabei spezielle Handschuhe mit Feuersteinen tragen, gibt's dabei auch noch Funken.
Es lohnt sich auf jeden Fall Torsten in Aktion zu erleben, sein Sliden ist nämlich spektakulär und dabei sprühen definitiv die Funken sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Im wahren Leben arbeitet Torsten übrigens in der Logistik und zu den Horrornächten kam er, als er einen Casting-Aufruf in der Werbezeitung gesehen hatte. Die Horrornächte laden jedes Jahr neue Monster zum Casting ein. Wer sich dazu berufen fühlt, Menschen zu erschrecken ist dort genau richtig.
Die Horrornächte im Filmpark Babelsberg leben von ihren Darstellern und diese leben für ihre Passion und haben jedes Jahr eine große Freude daran, die Gäste zu erschrecken und zu unterhalten. Auch wenn wir nicht alle persönlich vorstellen konnten, seid gewiss es lauern noch viel mehr Monster im Park und jeder von ihnen hat eine besondere Geschichte zu erzählen.