Bildnachweis: Castle Rock

Hat das Qualitätskino eine Zukunft? - Teil 1

von Thomas Repenning

Die Polemik, ob das Kino in weiter Ferne noch existieren wird, ist natürlich unbegründet. Imposante Hollywood-Produktionen werden auf Ewigkeit ihre Investoren finden, und das Geld gleitet unaufhörlich aus den Taschen der Kinobesucher, die es in Kassenmagneten der Michael Bay-Epidemie zieht. Gestern habe ich die Double Feature-Vorstellung zu Wim WendersThe Salt of our Earth und Every Thing will be Fine angesehen; ich zählte insgesamt sechs Zuschauer, mit mir inbegriffen. Wer nicht in der Reichweite einer Großstadt wohnt, oder keine Möglichkeit besitzt ein Festival zu besuchen; dem wird jegliche Chance verwehrt einen Kinobesuch großartiger Filme abzuhalten. Aber selbst die Großstädte werden zum cinematographischen Brachland: Film socialisme, Jean-Luc Godards Meisterwerk, lief Deutschlandweit nur in einem einzigen Kino. Auch Claude Lanzmann, ein ebenfalls französischer Regisseur, hat für seine neuen Film keinen Verleiher gefunden. Brilliante Filme verschwinden nicht, sie verschwinden nur von der Bildfläche. Wie soll ein großartiger, neuer Regisseur wie Xavier Dolan einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangen, wenn seine Filme von den großen Cineplexen unter den Tisch gekehrt werden. Die Kinos überhäufen sich selbst mit Franchise und der Film perse, die eigentliche Kunst, wird nur zur monokulturellen Verwertungskette degradiert. Anstatt die Kunst in der Cinematographie zu sehen, wird der Zuschauer zum Konsumenten, der sich in der Vorstellung mehr für die Whatsapp-Konversation und die Menge des Popcorns interessiert, als für die eigentliche Surrealität; eine Pseudo-Interesse, wodurch die Kinokultur entgültig droht zur bloßen Unterhaltung indirekt degradiert zu werden.

An dieser Stelle denkt man an Leos Caraxs Holy Motors, in dem man in einer Sequenz nicht weiß, ob das Publikum schläft oder bereits tot ist. Ebenfalls denkt man an Michael Bay oder Til Schweiger, die für diejenigen Filme produzieren, die das Kino verachten. Erst letztens haben beide Regisseure mit ihren Werken Transformers 4 und Honig im Kopf gezeigt, wie sich das Kino selbst ruiniert. Doch aus der Filmindustrie wegzudenken, sind sie dennoch leider nicht. Dagegen sagt Quentin Tarantino: »I cannot stand digital filmmaking, it's TV in public.«, womit er einer Digitalisierung den Kampf ansagt, und vielleicht (traurigerweise) sogar einer der wenigen Kämpfer ist.

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