Bildnachweis:

Game of Thrones - Staffel 2

von Kadir Güngör

"If your gods are real, if they're just, why is the world so full of injustice?"

Was die Geschichtenerzählung angeht, hatte es Staffel 1 um einiges einfacher, als die zweite. Mit Ned Stark existierte ein rühmlicher und loyaler Hauptcharakter, an den sich die Zuschauer festigen konnten, den sie im Laufe der Handlung zu lieben und zu ehren gelernt haben. Umso tiefer saß der Schock, als dem „Warden of the North“ in der neunten Episode „Baelor“ plötzlich der Kopf vom Torso entfernt wurde. Die Haupthandlung war eindeutig: Neds Ankunft am königlichen Hof und sein Dienst als „Hand of the King“ für König Robert, wo er sich gegen allerlei Intrigen und Verschwörungen behaupten musste. Die Handlungsstränge um Jon Snow, Daenerys und Viserys Targaryen waren eher großangelegte „Setups“, von kaum Relevanz für das eigentliche Spiel um den Thron und fast schon ein separates Spin-Off innerhalb der Serie. In Staffel #2 existiert keine kohärende Hauptstoryline. Es sind eher einzelne Geschichten, die an unterschiedlichen Orten auf der Welt spielen. Sei es der Bürgerkrieg in den Flusslanden, Bran in Winterfell, Arya im Wald, Daenerys in der Wüste oder Tyrion am Hof. Einzelne Handlungsstränge, die sich hin und wieder kreuzen, der große „Clash“, der Klimax, wenn alles im riesigen Finale zueinander findet, wird nur angedeutet. Mit der absurden Menge an hervorragendem Foreshadowing der Bücher in Form von Träumen, Mythen und Vorhersagen kann die Serie verständlicherweise nicht mithalten, tut der Serie jedoch keinen Abbruch. Keineswegs leer gestalten sich die Folgen bis zur neunten Episode „Blackwater“, die den eindeutigen Höhepunkt der Staffel markiert. Während die ersten beiden Folgen die Handlungen „installieren“, sind es die darauffolgenden Geschehnisse, in denen sich die Charaktere weiterentwickeln und ihre Saat im Herzen des Zuschauers pflanzen oder die bereits gepflanzte Saat vollkommen umpolen, beweisend, dass nur die aller seltensten Ausnahmen in „Game of Thrones“ deutlich in eine Schublade gesteckt werden können. Niemand ist „böse“ (außer Joffrey), niemand ist „gut“ (außer Ned Stark). Es ist die gnadenlose Realität in einer Fantasy-Welt und ihre erbarmungslose und auf reine Logik aufbauende Konsequenz in ihrer Storyline, die uns mitfiebern, bangen, lachen und weinen lässt. Wenn der Könige mordende, Schwestern bumsende und Kinder aus Fenstern schubsende Jaime Lannister in seiner eigenen Verkommenheit wahre Dinge spricht, deren brutale Logik und Realität nicht zu leugnen sind, aber in seinem Zynismus dennoch vollkommen seinem Charakter entsprechen, ist dies ein Beweis der wahren Größe des Textes und der Qualität dieses Universums.

Diese Seite verwendet Cookies. Akzeptieren.