Bildnachweis: © YouTube / Mick Garris | Rick Baker persönlich. Szene aus "Post Mortem: Rick Baker"

Eine Legende geht in Rente - Auf Wiedersehen, Rick Baker

von Sebastian Groß

Er verhalf „King Kong“ in den 1970ern zur Wiederauferstehung im Kino, ließ die „Gremlins“ auf eine ganze Kleinstadt los und war dafür verantwortlich, dass Will Smith und Tommy Lee Jones in „Men in Black“ durch eine Halle voller  phantastischer Außerirdische schreiten konnten. Die Rede ist von Rick Baker, einen der renommierten und besten Maskenbildner Hollywoods, der nun im stolzen Alter von 64 Jahren bekannt gab, dass er sich aus dem aktiven Geschäft zurückzieht.

Baker war/ist, ähnlich wie sein verstorbener Kollege Stan Winston, eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Mögen auch einige der Filme, an denen er beteiligt war, Flops oder qualitative Misserfolge gewesen sein, so waren seine dargebrachten Arbeiten doch meistens immer erstaunlich gut, noch öfters sogar einfach nur herausragend. Ganze siebenmal bekam Baker für seine Leistungen im Bereich Make-Up den Oscar. Zuletzt 2010 für das Remake des Horrorklassiker „Wolfman“ mit Anthony Hopkins und Benicio DelToro. Baker, geboren 1950 in Birmingham, New York, war ein Make-Up-Artist der alten Schule. Seine Tricks und Kniffe stammen noch aus der Zeit der analogen Tricks, die teilweise bis heute unerreicht sind und viele Filmemacher prägten. Regisseur Len Wiseman setzte sich etwa bei seinem Spielfilmdebüt „Underworld“ dafür ein, dass die Transformation vom Menschen hin zum Werwolf nicht via CGI, sondern via Make-Up- und Kameratricks gemeistert wird. Warum? Weil es einfach am besten auszieht, denn in der Horrorkomödie „American Werwolf“ zeigt Baker wie gruselig, technisch einwandfrei und atmosphärisch dicht solch eine Verwandlung von statten gehen kann. Auch in Joe Dantes galligem „Das Tier“ ließ Baker die Wölfe los.

Gelernt hat er sein Handwerk von den Besten der Branche. Für Effektlegende Dick Smith war er als Assistent tätig, während der Dreharbeiten zu William Friedkins Horror-Meilenstein „Der Exorzist“. Danach arbeitete er u.a. auch für "Star Wars". Schon lange vor seinen ersten Jobs beim Film modellierte Baker falsche Körperteile aus verschiedenen Haushaltsmaterialien, ganz zum Ärger seine Mutter - immerhin wurde dafür ihre Küche in Beschlag genommen. Nach ersten Erfolgen kam dann 1982 der erste Oscar, dieser und der Erfolg von „American Werwolf“ machten Baker rasch bei den Fans bekannt und so wunderte es auch nicht, dass er für Michael Jacksons legendäres Musikvideo zu „Thriller“ ebenfalls seine Make-Up-Muskeln spielen ließ und sogar ein Mischwesen aus Werwolf und Katze erschuf, die es am Ende des Clips zu sehen gibt.

Rick Baker stand immer für klassische Kinozauberei. Monsterfratzen, Umformungen, junge Schauspieler älter aussehen lassen, Fabelwesen zum Leben erwecken. Das alles gelang ihm größtenteils ohne CGI-Technik. Dadurch waren seine Arbeiten zwar stets mit großen Aufwand und enormer Kraftanstrengung verbunden (oft genug auch für die Darsteller selbst), dafür kreierte Baker Effekte und Phantastereien, die sich echt, nah, greifbar und vor allem niemals unwirklich oder zu plastisch anfühlten, wenn man sie auf der Leinwand oder auf der heimischen Mattscheibe sah. Mit 75 Jahren nimmt Baker nun seinen Hut und verabschiedet sich in den wohlverdienten Ruhestand. Einer der vielen, großen Hollywood-Helden, die hinter dem Objektiv tätig waren, genießt nun also seinen Lebensabend. Er hat es sich zweifelsohne verdient und doch stimmt es traurig. Künstler wie Rick Baker sind rar geworden, oder besser gesagt, wie wurden vom Studiosystem und den neuen, digitalen Möglichkeiten immer mehr in eine Ecke gedrängt. Früher waren Filme mit Monstern oder sonstigen seltsamen bis abartigen Kreaturen nicht möglich, ohne dass Arbeiter und Kreative wie Rick Baker diese zum Leben erweckten. Heutzutage macht dass der Computer und ein Heer von Binärcode-Schubsern. Es wäre falsch und nicht richtig zu behaupten, dass Hollywood keine Leute mehr wie Baker in ihren Reihen hat (es gibt etwa noch Tom Woodruff Jr.), doch im Gegensatz zu früher hat man als Filmfan schon das Gefühl, dass diese vom Aussterben bedroht sind.

Natürlich darf nicht vergessen werden, dass die neue Technik vieles einfacher und erst möglich macht. Oftmals ergänzen sich CGI und klassische Maskentricks sogar ganz hervorragend, aber oftmals setzt die Traumfabrik einfach alles auf die Künstlichkeit aus den Hochleistungsrechnern, obwohl es doch bessere, meist klassisch-analoge Alternativen gibt. Man nehme nur einem die „Hobbit“-Trilogie von Peter Jackson. Waren beim „Herr der Ringe“ die Masken der Orks, Goblins und Uruk-hai noch handgemacht, so dass sie wirklich lebendig wirkten, verkamen die Schergen Mordors in den Prequel-Filmen zu artifiziellen, leblosen Täuschungen, die nicht etwas das bedrohliche Flair der düsteren Seite von J.R.R. Tolkiens Märchenwelt transportieren, sondern lediglich aufzeigten, dass die moderne Technik jetzt scheinbar sogar jeden einzelnen Muskelstrang des Gesicht zu imitieren vermag. Immer wieder wurde dabei von tricktechnischer Perfektion gesprochen. Das Ergebnis sagte etwas anderes aus und machte deutlich wie wichtig klassische Künstler wie Rick Baker noch heute für das Kino sind.

Von Rick Baker dürfen wir aber jetzt keine Werwolf-Verwandlungen, riesigen Affen oder bizarren Aliens mehr erwarten. Eine kreative Größe weniger in der Traumfabrik. Warum Baker jetzt das Handtuch warf, erklärte er in einem Interview mit 89.3 KPCC:

"Zu aller erst sei gesagt, dass das CGI-Zeug den animatronischen Teil weggenommen hat, den ich machte. Es fängt außerdem an, den Make-Up-Teil wegzunehmen. Es ist der richtige Zeitpunkt, ich bin 64 Jahre alt und das Business ist nun verrückt. Ich mach' Dinge gern richtig, und sie wollten es billig und schnell. Das ist nicht das, was ich machen möchte, also entschied ich mich dazu, dass es Zeit ist, auszusteigen."

Außerdem erklärte Baker, dass Hollywood durch die Digitaltechnik eine neue Arbeitsweise bevorzugt, die analoge Tricks und deren Machern zu Randerscheinungen werden lassen.

"[...] der letzte Film, für den ich arbeitete, war Maleficent - Die dunkle Fee, und das hätte ich in einer Garage tun können."

Ein trauriger Tag, an dem man sich vielleicht daran erinnern sollte, wie wunderschön, stilistisch passend und teils wirklich abgefahren Bakers Werke waren. Natürlich ist CGI auch toll. Immer wieder bewies auch diese Technik, was man mit ihr grandioses anstellen kann, aber wenn jemand wie Rick Baker seinen Abschied aus der Branche bekannt gibt, ist es durchaus angemessen über die besten und schönsten Tricks der alten Schule zu sinnieren und nicht über die Hochleistungsbilder aus dem PC.

Abschließend noch eine sehr knappe Aufzählung von Bakers besten Arbeiten:

American Werwolf

Videodrome

Harry und die Hendersons

Gremlins 2

Ed Wood

Der Grinch

Hellboy

"Tropic Thunder"

Abschließend noch ein Video aus der Interviewreihe "Post Mortem" von Regisseur Mick Garris ("The Stand - Das letzte Gefecht"), der darin die Größen des Horrorgenres befragt. Diesmal Rick Baker. Viel Spaß damit.

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