Ken Park ist ein ganz normaler Jugendlicher. Ken Park lebt in Kalifornien. Ken Park skatet gerne. An einem sonnigen Tag setzt er sich in den Skatepark, holt zunächst seinen Camcorder und dann eine Pistole aus seinem Rucksack, setzt sich diese an die Schläfe und drückt mit einem Lächeln im Gesicht ab. Schon in der allerersten Szene macht Ken Park deutlich, was uns in den nächsten 93 Minuten erwartet. Sexuelle Übergriffe, häusliche Gewalt und widerwärtige Hasstiraden. Ein Skandal, der schon im Vorfeld erwartbar war. Schließlich setzt Larry Clark nach Kids abermals ein Drehbuch von Harmony Korine (Spring Breakers) um. Der titelgebende Ken Park, von seinen Freunden nicht ganz so liebevoll Krap Nek genannt, dient dabei bloß als Rahmen, um das realitätsnahe Porträt einiger verlorener Jugendlicher zu zeichnen, die ihre Sehnsucht nach Zuneigung durch Sex und Gewalt zum Ausdruck bringen.
Zusammen mit Edward Lachman (Red Hot and Blue) fängt Larry Clark die Episoden aus deren Leben mit einer rohen, ungefilterten Ästhetik ein. Dabei mag der Film voyeuristisch sein, als reines Mittel zum Zweck fungiert dieser Voyeurismus jedoch nie. Denn Ken Park ist nicht daran interessiert, sich im Elend seiner jugendlichen Hauptfiguren zu suhlen, sondern deren Schmerz greifbar zu machen. Larry Clark wirft seinen Blick auf ein abgehängtes Milieu, in dem Eltern ihre Probleme an den eigenen Kindern auslassen. Diese Kinder wiederum nutzen Sex und Gewalt als Ventil für ihr Leid, bis auch das irgendwann nicht mehr ausreicht. Coming of Age aus einem anderen Blickwinkel, abseits von tumben Klischees. Ken Park überschreitet Grenzen, zeigt uns Bilder und Begebenheiten, die wir eigentlich gar nicht sehen wollen. Einem Skalpell gleich dringt er in das marode Unterschichtsmilieu ein und fördert so soziales Elend in seiner bedrückendsten Form zutage. Eine Operation, bei der Blut und Sperma spritzt.
Entgegen seiner expliziten Inhalte verfällt Larry Clark nie ins Reißerische. Sein Film ist keine Anklage, das Urteil dem Zuschauer selbst überlassen. Beinahe dokumentarisch wirkt sein Werk, erschreckend echt. Ken Park ist ein Film der nackten Tatsachen. Sowohl optisch, wenn Geschlechtsteile in fast schon provokanter Form abgebildet werden, als auch inhaltlich, wenn die Qualen der eigenen Existenz schmerzlich offengelegt werden. Mittendrin unsere jugendlichen Protagonisten, die eigentlich unsere Sympathie verdient hätten, aber trotzdem oftmals nur Mitleid ernten. Probleme des Alltags, ungeschönt und doch schmerzlich real. Ein Film, der unter dem voreilig aufgedrückten Stempel Skandalfilm ein erschütterndes und psychologisch präzises Porträt einer verlorenen Jugendkultur zeichnet.