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Bilder des Zerfalls: Im Klammergriff der Kontroverse – Teil 2

von Pascal Reis

Bei einer Laufzeit von nicht einmal 80 Minuten darf man sich keine Längen erlauben. Das wissen auch Alexandre Bustillo und Julien Maury, die sich hier in etwa 15 Minuten als Einleitung nehmen und dann eine Gewalt-Orgie in Gang treten, die sich wirklich sehen lassen kann und alles zu bieten hat, was das Masochisten- und Sadisten-Herz so aufleuchten lassen kann. Verbrennungen, Schüsse, Messer, Nadeln, Selbstverstümmelungen, oldschool Kaiserschnitte, ausgestochene Augen, Blutfontänen, die aus dem Hals geschossen kommen und eine horizontale Linie an der Hauswand hinterlassen… Doch, doch, hier gibt es mehr als genug. Beruhigend ist es dabei, dass die Regisseure keine verblendeten Dilettanten sind, die einfach mal ein wenig mit Blut und Gedärmen herumsauen wollten. Solide inszeniert sind die straffen Minuten, mit Ausreißern nach oben und nach unten, die einem die Gänsehaut in den Nacken jagen oder aber ein paar hüftlahme Momente zur Folge haben.

Dass der Film sich, fließt das Blut erst einmal über den Bildschirm, so richtig gar nicht um seinen Hintergrund kümmert, macht den Film umso verstörender. Die Laufzeit verstreicht zwar relativ schnell, jedoch kommt man nicht umhin, ein wenig erschöpft auf die Uhr zu gucken, wenn man alles überstanden hat. Zermürbend sind die nicht endenden Gewalttaten und das in einem Maße, dass man als Zuschauer nicht umhin kommt, um sich mit der Zeit in sich selbst hineinzuziehen, um sich seelisch selbst zu schützen. Man stumpft sich freiwillig ein wenig ab, um nicht in das scharfe Messer des Films zu rennen und sieht zu, wie Gesichter zerplatzen, Hälse durchbohrt werden und Augen auslaufen. Und dann wird noch einmal gehörig am Ekel- und Geschmacksbewusstsein gezogen. Und all das wird rückblickend mit einer seltsamen Ruhe von Bustillo und Maury inszeniert, die irgendwie auch ein wenig anziehend wirkt.

Es ist beinahe, als hätten die beiden Regisseure sich die Rettung des Slasher-Kinos auf die eigenen Fahnen geschrieben. In Zeiten, in denen in Slasher-Filmen mehr Wert auf das Gelaber von egalen Opfern und weniger Wert auf gute, alte und ranzige Gewalt gelegt wird, wirkt dieser Film schon fast wie ein bockiges Manifest, dass gleichzeitig in neue Richtungen vorstoßen will und gleichzeitig auf alte Zeiten verweist. Und das mit zahlreichen Reminiszenzen an tolle Filme von Hitchcock bis Tarantino. Es ist eine Art Gegenentwurf zum weichgewordenen Horrorfilm; das Terrorkino. Als menschenverachtend ist das alles nicht einzustufen, denn auch wenn man hier formal nur einer Kette von immer ekliger werdenden Gewalttaten zuschaut, ist man stets bei den verzweifelten Figuren, denen man folgt. Man ergötzt sich nicht an der Gewalt, man erschrickt, kneift die Hände zusammen, knirscht mit den Zähnen und guckt vielleicht sogar weg. Man geilt sich nicht auf, man leidet seltsam beruhigt unter den Händen von Bustillo und Maury und hofft, dass alles bald ein versöhnliches (weil schnelles) Ende findet.

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