Er zählt zu den großen Ikonen des europäischen Kinos, konnte ganze Generationen durch sein extrovertiertes Spiel, dem temperamentvollen Gestikulieren und dem ausufernden Grimassieren, für sich begeistern: Die Rede ist natürlich von Louis Germain David de Funès de Galarza, kurz, Louis de Funès, dem energetischen Patriarchen und quirligen Giftzwerg, der in seinem Privatleben als äußerst besonnene, unaufdringliche Erscheinung galt und in den 1960er Jahren sogar die Popularität von Ikonen wie Fernandel oder Bourville übertrumpfte. Filme (wie auch das Theater), egal ob in der Funktion als Schauspieler, Drehbuchautor oder Regisseur, waren für den 1914 in Courbevoie geborenen de Funés ein Ventil für den Alltag. Hier nur konnte er aus der Haut fahren, konnte sich fallen lassen. Und wie das aussieht, wenn sich der selbsternannte Volkskomiker in Bestform präsentiert, veranschaulicht STUDIOCANAL mit der am 20. Oktober erschienenen, hochqualitativen Balduin Collection. Ein Muss für alle, die hingebungsvolle Ganzkörperkunst zu schätzen wissen.
Balduin, der Ferienschreck (1967)
Oftmals wirkt es so, als habe sich Louis de Funès in seinen Spielfilmauftritten selbst mit Regieanweisungen versorgt. Natürlich, gar keine Frage: Der entfesselten Performancekunst des damaligen, lebenskräftigen Zuschauermagneten war nicht mehr viel hinzuzufügen, ist die Eigendynamik des Mannes letztlich tatsächlich so versiert gewesen, dass sich vieles wie von allein bewerkstelligt hat. Und doch gilt ein nicht unbeträchtlicher Teil dieses ansehnlichen Lobes auch Jean Girault, der Louis de Funès über die vielen Jahre ihrer Kollaboration, die weit mehr als zehn Filme umfasst, dort hingeführt, wo man ihn in der in der Hochphase seines Schaffens schließlich antreffen konnte: Eben in Balduin, der Ferienschreck. Girault verstand es, de Funès expressives Spiel nicht zur reinen Nummernrevue seiner besten physiognomischen Verrenkungen zu veranlassen, sondern den überschäumenden Choleriker mit dem Narrativ zu verzweigen, anstatt ihn geradewegs von diesem zu isolieren. Herausgekommen ist dabei ein herrlich spritziger Franko-Klamauk, der sich mit den Komplikationen sowie den daraus resultierenden Kausalitäten einer verdrehten Kommunikation auseinandersetzt. Verheimlichungen und Lügen werden derartig ins Bodenlose geschichtet, bis die Wahrheit ihm Wust aus verbaler Verzerrung wie ein Versehen erscheint. Balduin, der Ferienschreck bleibt ein großer, ungezwungener Spaß; ein schottisch-französischer Ferienaustausch, dessen turbulenter Charme noch heute verlässlich entkrampft.
Balduin, das Nachtgespenst (1968)
Würde man ein Ranking der besten Louis-de-Funès-Filme aufstellen und den von Denys de La Patellière (Rififi in Paris) inszenierten Balduin, das Nachtgespenst neben Klassikern wie Der Gendarm von St. Tropez oder der Fantomas-Trilogie außer Acht lassen – man müsste dem Ranking seine Wertigkeit ohne Zweifel absprechen. Selten nämlich konnte man de Funès einen Schauspieler zur Seite stellen, der seine leidenschaftlichen Darbietungen konkreter (sprich: ebenbürtiger) zu ergänzen wusste, wie der erhabene Jean Gabin (Der Clan der Sizilianer). Vermutlich muss man sogar so weit gehen und sagen, dass es nicht Gabin ist, der de Funès gekonnt die Bälle zuspielt – es ist de Funès, der dem seit jeher Ehrfurcht erregenden Mimen Gabin die Bühne bereitet. Balduin, das Nachtgespenst jedenfalls lebt, leibt und labt sich an der betörenden Synergie, die de Funès, als raffgieriger Kunsthändler, und Gabin, als elitärer Nationalist, im Beisammensein hervorrufen. Und während sich die beiden (eigentlichen) Antipoden mehr und mehr zu in kultivierter Freundschaft verbrüderte Lebenskünstler zusammenraufen, ironisiert Balduin, das Nachtgespenst nebenbei noch ganz lässig die klaffende Kunstversessenheit der 1960er Jahre.
Balduin, der Trockenschwimmer (1968)
Dass Balduin, der Trockenschwimmer zu den schwächeren Werken im umfangreichen Œuvre des Louis de Funès zählt, mag dem Umstand geschuldet sein, dass Robert Dhéry (der im Film auch in der Rolle des André Castagnier zu sehen ist) einfach nicht der richtige Regisseur gewesen ist, um der ungehemmten Komik der französischen Ikone gerecht zu werden. Die Inszenierung von Dhéry, der sich durch das Mitwirken in prestigeträchtigen Werken wie Kinder des Olymp und Malevil einen Namen machen konnte, wirkt selten von der nonchalanten Schmissigkeit beflügelt, die es benötigt, um einen Balduin-Streich auf Betriebstemperatur zu treiben. Vielmehr dümpelt die Geschichte um einen hitzköpfigen Industriellen, der, natürlich aus wirtschaftlichen Gründen, erneut um die Gunst seines seiner Mitarbeiter buhlen muss, nachdem er diesen gefeuert hat, gestaltet sich als inkohärente Aneinanderreihung von leidlich amüsanten Albernheiten. Auffällig (und das auch im positiven Sinne) an Balduin, der Trockenschwimmer ist, wie sehr die Optik bereits in den 1970er Jahre angekommen zu sein scheint, gibt das flamboyante Flair der Posse einen grellbunten Anstrich, der sich gerade bei der hochauflösenden Neuauflage bezahlt macht.