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A Million Ways In The West

von Thomas Repenning

Hach, was waren das für Zeiten: Als Clint Eastwood noch wortkarg und staubig durch den Westen zogen durfte, als Ennio Morricone mit einer Mundharmonika Kinogeschichte erschuf, die glorreichen sieben ihren finalen Kampf führten, als mit Sam Peckinpah das Action-Genre entstand oder auch mit John Wayne das amerikanische Ideal seiner Hochzeit frönte. Als Charles Bronson der Inbegriff von Rache wurde, die Brutalität Einzug ins Kino erhielt oder Sergio Leone ganze kommende Generationen beeinflussen sollte. Was jedoch danach folgte ist uns wohl allen bekannt. Und zwar ein klägliches Ende. Zwar kam der Spätwestern, hier erneut mit Clint Eastwood („Erbarmungslos“, „Pale Rider“) oder auch Kevin Costner („Open Range – Weites Land“), und damit noch einmal eine kleine Glanzzeit abseits des Mainstream und dem Blockbuster-Kino, doch es war über die Jahrzehnte hinweg klar: Der Western ist Geschichte.

Doch nicht mehr heute, nicht angesichts einer neuen Serienkultur, einer geänderten Herangehensweise an das Genre, einer Zeit, in der kreative Schreiber sich wieder auf längst vergessene Pfade bewegen. Und so hatten wir das Glück, dass sich im Jahre 2010 die Kultregisseure Ethan und Joel Coen einer längst vergessenen Art widmeten. Dem klassischen Western. Natürlich waren sie mit „True Grit“ keineswegs innovativ (immerhin ist der Film eine exakte Kopie des 1968er Vorbild mit John Wayne) oder in letzter Konsequent mutig (gerade durch die Beteiligung von Jeff Bridges, Matt Damon oder Barry Pepper). Doch der Erfolg gab ihnen dennoch Recht. Mit 10 Oscar-Nominierungen, die meiner Meinung nach ziemlich überzogen sind, sowie einem Einspielergebnis alleine in den USA von 171 Millionen US-Dollar (bei einem Budget von gerade einmal 38 Millionen US-Dollar), war von einer Stunde auf die nächste der Wildwestfilm zurück. Und wie er das war.

Wo zuvor Trash sowie B- oder C-Movies die Hauptrichtung bestimmten, waren A-Regisseure, Autoren und Darsteller an der Reihe. Egal ob „Django Unchained“ (trotz seiner Southern Ausrichtung), „Lone Ranger“ oder demnächst Filme wie „The Homesman“ (von und mit Tommy Lee Jones), „A Night in Old Mexico“ (mit Robert Duvall), "The Salvation" (mit Mads Mikkelsen) oder wie aktuell im Kino mit „A Million Ways to Die in the West“ (wenn auch auf sehr groteske wie schwarzhumorig Weise - daher aber auch herrlich erfrischend). Es ist eindeutig: Der Western gehört wieder zum klassischen Bild der Kinolandschaft. Zudem dürfen Serien wie „Hell on Wheels“, „Longmire“ (in modernem Gewand), die Mini-Serie „Hatfields & McCoys“ oder „Vegas“ (ebenfalls in modernem Gewand) die Herzen von Fans höher schlagen lassen. Doch der Blick alleine auf den Mainstream reicht nicht aus. Viel eher lebt der Western, auch über die letzten Jahre hinweg, vom Indie-Bereich, vom Trash sowie von einer starken kreativen Freiheit.

Es sind vor allem Filme wie „Sweetwater“, „Gold“ (aus Deutschland), "The Retrieval", oder zuletzt „Das finstere Tal“ (aus Österreich und Deutschland und mit dem deutschen Filmpreis ausgezeichnet), die einen hoffen lassen. Ein Hoffen darauf, dass dies gerade erst der Anfang ist. Düstere, gewagte, neue sowie innovative Geschichten voller Realismus, rauen politischen Themen oder gewagten Inhalten. Und dies wäre auch mein Plädoyer: Der Western besteht aus mehr als nur kleinen Städten, einem Sherif, dreckigem Wüstenstaub, Shootouts oder typischen harten Crime-Storys. Der Western kann mehr. Er kann wie in „Keoma“ ein philosophisches wie apokalyptisches Trauerspiel sein, er kann wie im kommenden „The Rover“ Einfluss auf Stilmittel sowie Bildsprache nehmen, er kann wie in „Todesmelodie“ zum politischen Statement werden. Egal ob Diskriminierung, die Frage nach dem Sinn des Lebens oder dem Tod (siehe „Leichen pflastern seinen Weg“), Demokratie oder Diktatur, Familiendrama, düsteres gesellschaftskritisches Gesamtepos oder hin zum Wirtschaftsdrama (siehe „There Will Be Blood“), alles ist möglich und passend. Natürlich sind hier die Grenzen der einzelnen Genres fließend. Was bleibt ist aber ein unglaublich großes Repertoire an Stilmitteln, Kameraaufnahmen, inhaltlichen Einflüssen, Charakterprofilen oder Story-Elementen, derer sich Autoren wie Regisseure bedienen können. Immerhin begann der Film selbst mit dem Western – zu einer Zeit, als dieser selbst noch existierte.

Und dies zusammen mit einem Mut zum Neuen, zum entdecken sowie ausprobieren, könnte hier eine wahre Renaissance hervorrufen. Vielleicht wird diese Enden wie der Italo-Western, vielleicht auch sogar gar nicht richtig beginnen, doch der Weg wäre mir persönlich Recht. Ich liebe den Western, ich liebe seine Freiheit, seine Grenzenlosigkeit, die ständige Präsenz des Todes, der rauen Natur sowie der Einsamkeit. Ja, ich liebe den Western…

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