Bildnachweis: © Tobis Filmkunst

50 Jahre Murnau-Stiftung: Jubiläumsedition - Kritik

von Dominic Hochholzer

Viktor und Viktoria (1933)

Mit Viktor und Viktoria befindet sich abermals eine Komödie auf der Veröffentlichung und erneut geht es um Motive wie Täuschung und Verwechslung. Die Sehnsucht nach Berühmtheit und Erfolg, nach einem anderen und besseren Leben scheint damals ein zentrales Thema gewesen zu sein. Film als Eskapismus, wohl auch um den aufbegehrenden Nationalsozialismus für eine Stunde im Kino zu entkommen. Die klassische Verwechslungsgeschichte von Mann und Frau überzeugt weniger auf erzählerischer Ebene, sondern vielmehr durch seine für die damaligen Verhältnisse fortschrittliche Betrachtung von Geschlechterrollen. Ein im besten Sinne des Wortes netter Unterhaltungsfilm, der nie sonderlich plump oder altbacken daherkommt und mit seiner aufregenden Regie für einige Höhepunkte sorgen kann. Der kommerzielle Erfolg zog im Laufe der Jahre zahlreiche Neuauflagen nach sich, was beweist, dass Remakes nicht erst ein Thema in der modernen Filmwelt geworden sind.


Romanze in Moll (1943)

Möglicherweise der Höhepunkt der Box. Romanze in Moll in ein mitreißendes Melodram mit starken Figuren und treffsicheren Dialogen, wie man sie um diese Zeit nur selten gesehen hat. In Anlehnung an den französischen Vorkriegsfilm erzählt Regisseur Helmut Käutner eine dramatische Geschichte über die verzwickte Liebes- und Lebensgeschichte einiger junger Figuren aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Aufrichtige Gefühle finden ebenso Platz wie komplexe Motivationen und zwiespältige Ansichten. Vor allem das nachvollziehbare, aber oftmals sehr bittere Verhalten der Figuren ist angenehm vielschichtig und immer interessant zu verfolgen. Seinem kammerspielartigen Setting entlockt der Film ungeahnte Tiefe und so spielt der Film die emotionale Klaviatur mit allen Zwischentönen von vorne bis hinten.


Madeleine und der Legionär (1957)

Dieses nur 70-minütige Werk zählt zu den aufwendigen Produktionen der deutschen Nachkriegszeit und zeichnet sich vor allem durch eine hochwertige Produktion aus. So fanden die Dreharbeiten nicht nur an Originalschauplätzen in Marokko statt, sondern es wurden außerdem damalige Stars wie Hildegard Knef und Bernhard Wicki für die Hauptrollen gewonnen. Mit seinen vom Krieg flüchtenden Figuren setzt der Film eine zu erwartende Aussage und führt diese Prämisse über eine Gruppe fliehender Fremdenlegionäre und einer überlebenden Frau in eine rasante Verfolgungsjagd über. Am Ende dieser Flucht soll ein bürgerliches Leben stehen, doch das ist schwieriger als gedacht. Leider ist die Figurenkonstellation und vor allem die Interaktion untereinander ein Stück zu simpel und so arbeitet sich der Film eher an Klischees auf, als wirklich etwas zu erzählen.


Fazit:

Die Jubiläumsedition zum 50-jährigen Bestehen der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung ist seit dem 25. November im Vertrieb von Studio Hamburg Enterprises erhältlich. Die einzeln verpackten Blu-rays befinden sich in einem ansehnlichen Pappschuber und liefern sechs Höhepunkte der deutschen Filmkunst mit einer Gesamtspielzeit von 452 Minuten. Nicht nur die Tatsache, dass alle Filme sauber restauriert und zum Teil auch erstveröffentlich werden, trägt zum hochwertigen Gesamteindruck bei, sondern vor allem die Filmzusammenstellung selbst weiß zu überzeugen. Fünf Jahrzehnte werden dabei überspannt, und auch wenn eine sechsteilige Box bei weitem keinen allgemeingültigen Rundumschlag zur deutschen Filmkultur liefern kann, so ist die Auswahl wunderbar abwechslungsreich und auch repräsentativ. Auf die größten Klassiker wurde lobenswerterweise verzichtet und so dürfen sich bei der Veröffentlichung hauptsächlich Helden aus der zweiten Reihe und Geheimtipps über hochwertige Neuaufmachungen freuen. Für Freunde des deutschen Kinos und Entdecker eher unbekannter Perlen der Filmgeschichte stellt diese Jubiläumsedition also eine klare Empfehlung dar. Murnau selbst hätte vermutlich seine Freude daran gehabt.

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