Lang ist es her, als ich “WALL·E – Der Letzte räumt die Erde auf” gesehen hatte. Damals war ich hellauf begeistert von dem kleinen Roboter, der das Herz am rechten Fleck hat. Sofern man das so sagen kann. “WALL·E – Der Letzte räumt die Erde auf” hebt sich von den anderen Pixar Filmen ab und zwar genau deswegen, weil in diesem Film niemand etwas verloren hat und es zurück gebracht werden muss. Leider zieht sich dieses Muster seit dem ersten Animationsfilm aus dem Haus Pixar, “Toy Story” durch. Aufgefallen war es mir bei “Bolt – Ein Hund für alle Fälle”. Ich dachte mir, es ist immer die gleiche Story, nur mit anderen Charakteren und anders verpackt. Bei “WALL·E – Der Letzte räumt die Erde auf” ist das glücklicherweise nicht so. In der Handlung geht es um zwei Roboter, die Gefühle füreinander entwickeln, was uns eine kleine Reise in die tiefgründigeren Welten des Science-Fiction ermöglicht.
Filme wie “Der 200 Jahre Mann”, “Animatrix” und “Blade Runner” zeigen bereits, wie Maschinen Gefühle und Leben entwickeln. In “WALL·E – Der Letzte räumt die Erde auf” ist es eine zarte Liebesgeschichte zweier Roboter, die unterschiedlicher nicht sein können. Außerdem beinhaltet der Film den wichtigen Aspekt unsere Umwelt zu schützen. An höchster Stelle steht der Schutz der Pflanze, die WALL·E auf der Erde gefunden hat. Immerhin ist die Menschheit schon seit etlichen Jahren von der Erde ausgewandert, das dort nichts mehr wachsen konnte. Mit Dauerbeschallung, liegend auf einer bequemen, schwebenden Couch, verbringen die Menschen ihr Leben auf einem riesengroßen Raumschiff und heben ihren Blick nicht mehr vom Bildschirm. Das ändert sich, als WALL·E auftaucht und einer Frau den Bildschirm wegschiebt. Auf einmal kann sie sehen, wie schön, die Welt ist.
CHARAKTERE, DIE DAS HERZ ERWÄRMEN
Der Film “WALL·E – Der Letzte räumt die Erde auf” ist aus dem Jahr 2008 und dennoch ist dieses Thema wichtiger denn je. Wir alle sind bereits dauerbeschallt, heben nicht mehr den Blick vom Smartphone und können den Moment nicht mehr genießen. Besonders die Szene, als die besagte Frau den Sternenhimmel erblickt, macht unsere Situation, auf die wir immer weiter zu driften, deutlich. Tragisch auch, dass die Menschheit vergessen hat, wie die Erde aussah. In “WALL·E – Der Letzte räumt die Erde auf” ist das Grün der Natur und das Blau des Meeres verschwunden. Berge von Müll und Wüstenland sind der tägliche Anblick unseres einst so schönen Planeten. Umso herzlicher ist die Freude des engagierten Kommandanten (Jeff Garlin / Markus Maria Profitlich), ein Charakter, der dem Publikum ans Herz wächst. Eine witzige Idee ist das Steuerrad Otto (MacInTalk / Joachim Kerzel), das aussieht wie HAL 9000 aus Arthur C. Clarke’s “Space Odyssey”.
Neben tollen Charakteren gibt es auch einen großartigen Soundtrack aufs Ohr, der von Thomas Newman erstellt wurde. Klassische Songs, darunter auch Louis Armstrong bereichern den Film, aber auch die eigens kreierten Kompositionen untermalen das Szenenbild auf besondere Art. Schön sind auch die Kontraste zwischen der weißen, sehr sauberen EVE (Elissa Knight / Luise Helm) und dem rostig braunen WALL·E (Ben Burtt / Timmo Niesner), die sozusagen als Gegenpart wirken. Aber auch im Gegenzug zum blauen oder schwarzen Himmel, heben sich die Roboter ab und bilden einen Kontrast. Rot, Orange als Komplementärfarbe zu Blau und Weiß zu Blau und Schwarz. EVE könnte man hier jedoch als auch Reinheit sehen in ihrem strahlend, glänzenden Weiß, mit rund ovaler Form. Wogegen WALL·E eckig ist und somit komplexer und unmoderner wirkt.
EINE HOMMAGE AN ALTE KLASSIKER UND DEN STUMMFILM
Andrew Stanton mischt in “WALL·E – Der Letzte räumt die Erde auf” den Stummfilm mit dem Sprachfilm und das ist eine große Kunst. In der ersten Hälfte des Animationsfilms sehen wir WALL·E, wie er lebt und seiner Arbeit nachgeht. In diesem Part wird nicht gesprochen, WALL·E gibt lediglich ein paar Geräusche von sich und der einzige Ton, ist der aus dem Fernseher, wenn WALL·E “Hello Dolly!” anschaut. Abgesehen von den Geräuschen, die WALL·E selbst macht, jedoch wird die Sprache hier nicht gebraucht. Erst in der zweiten Hälfte, als EVA auftaucht beginnt WALL·E auch zu sprechen.
Andrew Stanton beweist, dass ein Film auch ohne große Dialoge auskommen kann und das Publikum dennoch dran bleibt. Er bedient sich an der alten Tradition und holt den klassischen Stummfilm zurück auf die Leinwand. Das dies gut ankommt, bewies auch Michel Hazanavicius, der mit seinem Film “The Artist” im Jahr 2012 einige Oscars abräumen konnte. Unter anderem auch der für den besten Film. Der Stummfilm ist nicht tot, wurde leider nach 2012 aber auch schon wieder vergessen.
EHER EIN FILM FÜR ERWACHSENE?
Dennoch hat “WALL·E – Der Letzte räumt die Erde auf” auch ein paar Schwächen. Der kleine Roboter kann Kinderherzen höher schlagen lassen, jedoch ist nicht sicher, ob das Gesamtkonzept für die Kleinen funktioniert. “WALL·E – Der Letzte räumt die Erde auf” ist vielmehr ein Film für die Erwachsenen, vor allem weil in der ersten Hälfte nicht viel aufregendes passiert, sondern man lediglich WALL·E beobachtet. Hier benötigt man ein bisschen Geduld. Zwar passiert ein wenig Action als EVE schließlich auftaucht, dennoch verläuft die Handlung etwas träge. Ebenso ist der Umweltaspekt für die kleinen Kinder möglicherweise nicht greifbar, jedoch beschäftigen sich ältere Kinder eher damit. “Friday for Future” hat dies gänzlich bewiesen. Auch die Kritik an der Menschheit, die die ganze Erde vermüllt ist eher ein Apell an die Erwachsenengeneration, die leider dennoch nicht aufwacht.
Ich selbst habe erst viel später in vielen Disneyproduktionen den wahren Hintergrund erkannt. Das Sozialkritische, die Bedeutung mancher Charaktere oder verfilmte Klassiker wie “Hamlet”. Als Kind hatte ich einfach Spaß an der Sache und den schönen Zeichnungen. Daher ist die Kritik in “WALL·E – Der Letzte räumt die Erde auf” gut, zündet jedoch nicht gleich von Anfang an.
FAZIT:
“WALL·E – Der Letzte räumt die Erde auf” ist ein netter Animationsfilm, mit vielen tollen Charakteren. Vor allem WALL·E ist einer der liebenswertesten Charaktere, die je für Pixar entstanden sind. Der Film hebt sich von den anderen Animationsfilmen ab, ist jedoch vielleicht zu kritisch und klassisch, um sein wahres Potential richtig zu entfalten.