Quasi das südkoreanische Pendant zu Nolans Meisterstück MEMENTO.
MEMOIR OF A MURDERER im Director’s Cut spielt (im Gegensatz zur Kino-Version) qualitativ in der obersten Liga der südkoreanischen mindfuck Thriller.
Super atmosphärisch, ruhig und hochspannend inszeniert. Die zahlreichen Wendungen passen perfekt zur Prämisse und erscheinen nicht wie üblich erst zum Schluss. Bereits recht früh breitet sich gekonnt ein ganzer Teppich an glaubwürdiger Unscheinbarkeit, Verwirrtheit und Ungewissheit aus. Mehrfach vermutet man, das Ganze durchschaut zu haben.
Das liegt vor allem daran, weil der Zuschauer selbst an der von Anfang bekannten Demenz-Erkrankung unserer Hauptfigur teilnimmt. Dazu wirkt es ungemein spannend und knifflig, unter solchen Gegebenheiten ständig neue Erinnerungen zu verlieren und in einem Sumpf voller Unklarheiten zu waten. Verwirrend, fies und teilweise auch zum Schmunzeln.
Diese genialen Kniffe, so zu inszenieren, dass der Zuschauer den Geisteszustand der Hauptfigur nachempfindet und zusätzlich das Ganze in einem äusserst perfidem Szenario aufbauen zu lassen, weist durchaus Parallelen zu MEMENTO auf. Die Geschichte hier ist jedoch eine völlig andere. Und auch sonst steht dieser durchdachte Film komplett für sich.
Dennoch gibt es weitere positive Aspekte, welche auch das Werk von Nolan überhaupt erst zu einem Meisterstück gemacht haben: Details wie Tonbandaufnahmen zur Stütze. Die andauernde Ungewissheit der Hauptfigur selbst und gleichzeitig auch vom Zuschauer. Man kann sich nie sicher sein. Eben auch dann nicht, wenn sich das Puzzle zusammensetzt. Dazu eine ähnlich geniale melancholische Stimmung und Auflösung der tragischen Hauptfigur, welche den gesamten Film nicht nur schlüssig erklärt, sondern einem noch tiefer in die Psyche eintauchen lässt. Genial.
Wohlgemerkt im Director’s Cut! Dazu kommt im Schluss-Akt des Filmes ein Zitat, welches perfekt für MEMENTO und MEMOIR OF A MURDERER steht. Dieses habe ich am Ende meines Kommentares mit Spoiler-Warnung eingefügt.
Die durchaus positiven Ähnlichkeiten zu MEMENTO liegen auf der Hand. Auch wenn MEMOIR OF A MURDERER nicht derart ausgeklügelt und mit verwinkelten, geschliffenen Facetten daherkommt wie Nolans Werk, steht und wirkt der Film vollends für sich.
Wo MEMENTO ein melancholisches, perfektes Zauberstück liefert, ist MEMOIR OF A MURDERER ein düsteres, tragisches Drama.
WICHTIG: Die beiden Versionen vom Film unterscheiden sich nicht nur in 10min Laufzeit, sondern sind tatsächlich unterschiedliche Filme. Mehr dazu spoilerfrei:
Der Director’s Cut ist in sich konsequenter und stimmiger, da er während dem Film den Fokus auf spannendere, psychologische Details legt und daraus ein komplett anderes, tieferes, viel passenderes Ende webt und offenbart. Dagegen wirkt die Kino-Version sehr gewöhnlich und im direkten Vergleich zu einfach, zu brav. Der Director’s Cut ist Südkorea-Mindfuck wie wir ihn lieben und schätzen. (Mehr dazu ist dem 3-seitigen Bericht auf schnittberichte.com zu entnehmen).
Abschliessend, das oben angesprochene Zitat von MEMOIR OF A MURDERER, welches auch für MEMENTO tragend zum ganzen Film steht:
---AN DIESER STELLE EINE SPOILER WARNUNG FÜR BEIDE GENANNTEN FILME---
Man erinnere sich an die „John G’s“ und die vorsätzliche eigene Manipulation von Leonard, welche im perfekten Schluss-Akt von Memento offenbart wird. Genauso auch hier ein weiterer Kniff, welcher rückwirkend den gesamten Film auf eine neue Ebene hebt:
„wenn man Alzheimer hat, erinnert man sich nur an das was man will. Die Erinnerungen von Menschen die verwirrt sind oder an Alzheimer leiden, neigen dazu, sich so zu verdrehen, dass der Betroffene sich selbst schützen kann.“
Genial.