„Der Bogen des moralischen Universums ist weit. Aber er neigt sich zur Gerechtigkeit“
Verdammt gute Detective-Serie. Mit Abstand und Leichtigkeit eine der Besten. Besticht vor allem durch eine heutzutage doch sehr unkonventionelle Art. Unaufgeregt. Abgeklärt. Authentisch. Ein gediegener Seriengenuss.
Die Serie ist nicht für die Sensationsgeilheit der Zuschauer produziert. In Zeiten wo alles extra speziell, ausfallend und extrem sein muss (Hauptfigur, Fälle, Morde, Killer) usw. ist genau diese Übertriebenheit inzwischen langweilig geworden.
BOSCH ist hier die willkommene Abwechslung. Keine exzentrischen Figuren. Keine extra brutalen Morde/ Darstellung, oder speziell kranke Killer. Es muss auch nicht ständig gevögelt werden. Der Voyeurismus des Zuschauers wird in keiner Weise bedient. Auch keine übertrieben konstruierten Geschichten mit etlichen Wendungen und Twists. Hier bleibt alles auf dem Boden.
Genau wie auch Harry Bosch selbst, der ohne typische Macken auskommt. Anders als bei gefühlt 99% aller Serien ist die Hauptfigur ein ganz normaler Typ. Er hat keine psychischen Probleme oder unterdrücke Zwänge. Weder Aggressionen noch Alkohol-, Drogen- oder Sexsucht. Korrupt oder gewalttätig ist er auch nicht. Bosch ist einfach ein guter, ehrlicher Cop der alten Schule. Freundlich, korrekt, ruhig und abgeklärt. Er kümmert sich und ist bemüht das Richtige zu tun. Einzig sein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn in Verbindung mit seiner Vorgehensweise wird ihm manchmal zum Verhängnis. Sehr angenehm, mal einen normalen Menschen als Hauptfigur zu sehen. Anfangs markant und karg, offenbart sich bald ein sehr spannender Charakter, der immer wieder überrascht. Mit weiteren Staffeln wird er genauer beleuchtet, was seine Einstellung und sein Handeln gut nachvollziehen lässt. Das gilt auch für die Nebendarsteller.
BOSCH sticht aus dem übertriebenen Einheitsbrei hervor und ist eine der angenehmsten Serien, die ich seit langem gesehen habe.
Der Fokus liegt auf einer realitätsnahen Beleuchtung der Fälle, Aufklärung und Figuren. Auch hier zum Glück kein gängiges „Whodunit“ Konzept. Bspw. wird mal früh klar, wer es gewesen ist. Das macht es sogar noch viel spannender, weil beleuchtet wird, wie beide Seiten vorgehen und der Fall aufgeklärt wird. Bei einem anderen Fall tappt man hingegen lange im Dunkeln und die Ermittlungen gestalten sich mühsam. Das wirkt alles sehr realitätsnah und dadurch enorm interessant.
Inhaltlich bietet BOSCH spannend aufgebaute und sich entwickelnde Fälle, die jeweils über 10 Folgen erzählt werden. Dabei kommen im Verlauf weitere Handlungsstränge hinzu, was die ohnehin schon sehr greifbare Atmosphäre weiter verdichtet.
Auch auf emotionaler Ebene geht BOSCH mit einigen schwierigen Themen erfreulich normal um. So packen viele bewegende Szenen, gerade weil sie so authentisch dargestellt werden und nicht nach Schema verlaufen. Spätere Staffeln sind spannend gestaltet, indem sie bisherige angeschnittene Themen rund um Bosch schliesslich vertiefen. Das ist clever gelöst und gleichzeitig eine logische und auch konsequente Entwicklung.
Dabei wächst die Serie immer aus sich selbst heraus und nur mit wenig äusseren, aufgesetzten Einflüssen. Dinge passieren einfach, oder eben nicht. Glück, Pech. Irrwege, Sackgassen. Dadurch wirkt BOSCH wie aus dem Leben gegriffen und bleibt unvorhersehbar. Ständig war ich gespannt, mit was für Situationen und Geschehnissen die Serie ihre Klasse als nächstes ausspielen wird.
Die Serie bietet etliche Highlights, die trotz Melancholie, Morde und Dramatik für eine behagliche, angenehme Stimmung sorgen. Der nächtliche Blick von seinem Haus auf das funkelnde Lichtermeer der Stadt der Engel. Ein Intro, das so verdammt cool ist, dass ich es jedes einzelne Mal ganz geschaut habe. Oder wenn Bosch seine Fähigkeiten ausspielt. Clevere und intelligente Einzelheiten. Konzentration aufs Wesentliche. Ohne unnötigen Schnickschnack. Ruhig und abgeklärt.
Das Niveau wird mühelos über die Staffeln gehalten. Nur die Letzte schwächelt vor allem gegen Ende mit Ungereimtheiten. Generell als finale Staffel unbefriedigend. Handlungsstränge bleiben offen. Es wird auch kein stimmungsvoller Schluss geschaffen, wie man das sonst von qualitativ ähnlich hochstehenden Serien gewohnt ist. Auf das Comeback „Bosch: Legacy“ im Mai bin ich sehr gespannt.