Es war leicht, zu erraten, dass noch ein Film folgen würde, und die Kinoeinnahmen ließen jeden letzten Zweifel (oder die Hoffnung) im Keim ersticken. Doch nun dürfte man selbst als Actionpurist nun mit der Frage aufkommen, wann es endlich mal gut ist mit hirnlosen Sequels und weiteren stumpfsinnigen Ideen. Denn die Glaubwürdigkeit wurde mit dem vierten Teil "Afterlife" endgültig abgeschafft, und auch "Retribution" macht es nicht gerade besser. Ganz im Gegenteil - "Retribution" macht es gleich nochmal so schlimm. Denn versucht Paul W.S. Anderson jetzt, jede Stereotypie in diesem Film einfach mal umzukehren. Die Guten sind plötzlich wieder die Bösen, die Bösen die Guten. Was das mit dem/den Vorgänger(n) zu tun hat, erschließt sich niemandem, und wieder mal beschleicht sich der Eindruck, dass Anderson alles bisher bekannte mal ordentlich durchwürfeln wollte, nur um innovativ daher zu kommen.
Und nicht nur das: Nun wurde wirklich alles hervorgekramt, das die Filmreihe geprägt hatte, seien es Rain, Jill Valentine, Carlos, "One" (der Anführer der Spezialeinheit aus dem Original) oder auch die "Red Queen", die K.I., die ihnen im Hive zu Hilfe kam, ist hier eben wieder zum Oberbösewicht umgestaltet worden. Als wäre dies nicht schon genug an üblen Ideen, verwirrt das Einfügen der Testanlagen nur noch um so mehr, vor allem, wenn die Rückblenden aus Tokio plötzlich in einer dieser Kammern stattfinden. Das alles mit Klonen, Testarealen und den Motivationen der Umbrella Corporation zu erklären, sprengt die Grenzen der Hirngespinste genau so fulminant wie die Actionsequenzen in Zeitlupe.
Hier schien Anderson auch letztlich an seine kreativen Grenzen gestoßen zu sein, denn die Actioneinlagen bieten kaum was Neues mehr. Die Ausuferungen aus dem Vorgänger wurden hier schlicht wiederholt oder abgeschwächt, einzig die Rutschpartie in die U-Bahn-Station kann da noch Leute hinter dem Ofen hervorlocken. Ansonsten versinkt jeder Ansatz von Atmosphäre in einem überstilisierten Actiongewitter der Marke "Matrix" und verliert sich sogleich in der Sparte substanzloser Krawummfilmchen.
Auch wenn Anderson hier noch weitere Charaktere eingefügt hatte, muss man sich nicht mehr über die Leistungen auslassen. Einzig fällt noch Li Bingbing aus dem Rahmen, die ihre Figur dermaßen überinterpretierte, dass sie mehr als lächerlich anmutet. Ansonsten geben die eng gesteckten Muster wieder genug Anlass zur Kritik, dass es schwerfällt, eine eindeutige Meinung zu haben. So dümpeln undifferenzierte Figuren in ihrem eng gesteckten Muster herum, sterben weg oder opfern sich, retten und werden gerettet... es ist zum Mäusemelken.
Um die Gemüter noch mehr zu spalten, behält sich der Film natürlich wieder einen weiteren Film offen. Die letzte Einstellung verrät schon viel für die Vorbereitung für ein weiteres Sequel, aber spätestens ab diesem Zeitpunkt wundert einen gar nichts mehr...
Fazit
Die Verkehrung der Motive und des Gut-/Böse-Schemas sollte wohl gut gemeint sein, würfelt aber die Reihe nun endgültig in Wirritäten und den Griff zum Telefon, um den nächsten Psychiater anzuheuern. Man kann Anderson schon lange nicht mehr das Gutgemeinte anheften, sondern sich lediglich fragen, warum er nicht endlich das Handtuch wirft. Im Grunde verstärkt er die Schwächen der Serie um ein Vielfaches und versucht krampfhaft, alte Charaktere in den Streifen zu quetschen und hat auch immer die passende Antwort parat. Dass er sich damit um Kopf und Kragen argumentiert, fällt ihm gar nicht mehr auf, und der Zuschauer wendet sich enttäuscht ab... oder auch nicht, wenn er immer noch Lust auf stilsichere Action hat. Ein Totschlagargument, das (leider) immer noch ziehen kann.