Diese Kritik enthält Spoiler.
"Prisoners" wurde von vielen Seiten als toll bezeichnet, und da ich hintergründige, schwermütige Thriller ganz gerne mag, interessierte mich dieser hier natürlich auch. Nun hierzu meine kleine Meinung:
Der Film lief bei mir anfangs Gefahr, etwas gewöhnlich und überraschungsarm zu werden. Das Verschwinden der Kinder wird bis zur Hälfte kaum mit Detektivarbeit in Verbindung gebracht, und so ist natürlich das familiäre Thema im Vordergrund. Leider wird das nicht so richtig ausgeleuchtet und siecht ein wenig vor sich hin, auch Gyllenhaals Einsatz bringt noch keinen Schwung in die Story. Ein paar Brocken bekommt man hingeworfen, doch so richtig kann man als Zuschauer noch nichts damit anfangen.
Wüst wird es dann erst, als Dover beginnt, selbst Initative zu ergreifen. Sein Entschluss, den zurückgebliebenen Alex zu foltern, um die Wahrheit aus ihm herauszupressen, gipfelt in einer sehr intensiven Sequenz, die in seinem Setting wirklich niemand sehen sollte und will. Man versteht ja die Verzweiflung des Vaters, aber wohl überhaupt nicht, sich so sehr an dem Verdächtigen festzubeißen. Dadurch wird es in Verbindung mit dem Hinterlandszenario extrem abgründig und dadurch leider auch authentisch, auch wenn Dovers religiöser Background etwas mehr herausgearbeitet hätte können.
Das Lösen des Falles und somit auch die Figur von Cop Loki ist dagegen der heimliche Aufhänger des Filmes, wie es sich für solch einen Thriller auch gehört. Doch da der Film anfangs mit Hinweisen und Relevanz spart, braucht er auch ein bisschen, bis er schließlich in Fahrt kommt. Aber: Die Auflösung entschädigt für vieles. Wenn alle Stränge zusammenfinden, ergibt auch alles einen Sinn. Und das hat den Film in allen Belangen davor bewahrt, unlogisch und enttäuschend zu sein.
Mir gefiel besonders die durchgehend bildhafte Inszenierung. Die Kamera ist seicht, findet die richtigen Farben für jedwede Einstellung und bringt einem das Geschehen sehr nahe. Vielleicht wurde die Platzierung nicht immer gut gewählt, aber es entsteht ein authentisches Bild in US-amerikanischer Kulisse.
Fazit: Man wird vielleicht ungeduldig werden, wenn der Film dich anfangs mit wenig abspeist und damit bei der Stange halten will, aber das Foltern, die Schnipseljagd und der tolle, erklärende und sinnvolle Schluss relativiert anfängliche Bedenken. Die Abgründe sind nur leicht aufgetragen, gehen aber ins Mark und haben ihre aussagekräftige Berechtigung. Spannung ist auf jeden Fall garantiert.