Diese Kritik enthält Spoiler.
Suzanne Collins Romanreihe The Hunger Games kann mit Recht als der legitime Nachfolger von Harry Potter und Twilight gelten. Allerdings unterscheidet sich Collins düstere Dystopie dennoch um Welten von den anderen Werken. Denn obwohl die Protagonisten im Teenageralter sind haben The Hunger Games genug Potenzial für ein erwachsenes Publikum. Und nicht zuletzt ist die inhaltliche Tiefe, trotz geringerer Anzahl an Bücher, bedeutend höher als dies bei Harry Potter und Twilight der Fall ist. Man kann sich also ebenso viele Hoffnungen machen, dass die Verfilmungen von Collins Romanreihe den thematischen Kern der Bücher treffen würden und mit ähnlicher inhaltlicher Qualität punkten würden. Mit dem ersten Teil, Die Tribute von Panem, war ein guter Anfang gemacht, der jedoch an unterschiedlichen Stellen noch Probleme hatte. Auch die Fortsetzung Die Tribute von Panem 2 – Catching Fire ist nicht der alles überragende Film geworden. Ein sehr guter ist er jedoch dennoch.
Der Inhalt von Catching Fire
Katniss Everdeen (Jennifer Lawrence) und ihr Wegfährte Peeta Mellark (Josh Hutcherson) sind gerade erst aus der todbringenden Arena zurück und schon werden sie vom Kapitol und Präsident Snow (Donald Sutherland) auf eine Werbetour durch die einzelnen Distrikte geschickt. Katniss und Peeta sollen auf der Tour das verliebte Paar spielen doch die Bewohner durchschauen dies schnell. Es mehrt sich zunehmend Widerstand in den Distrikten und das Kapitol kann nur auf Gewalt setzen um diesen zu bändigen. Katniss wird dabei zu einem Symbol der Revolution. Snow muss daher auf andere Mittel setzen. In den kommenden Hungerspielen müssen Katniss und Peeta erneut in die Arena, zusammen mit anderen Gewinnern der bisherigen Hungerspiele.
Das Gleiche in grün?
Bereits das zweite Buch war dem Vorwurf ausgesetzt, dass Suzanne Collins die gleiche Geschichte noch einmal erzählen würde. Auch der Film kann diesen Vorwurf nicht ganz abschütteln und wirkt mitunter wie eine Wiederholung des Vorgängers. Dies geht sogar soweit, dass ganze Strukturen wie die Einleitung und die Arena übernommen und leicht abgewandelt werden. Besonders zu Beginn wird hingegen die inhaltliche Komponente um die Revolution weiter ausgeformt. War dies im ersten Teil nur rudimentär aber dennoch intensiv dargestellt wirkt das Brodeln der Revolution in Catching Fire geradezu omnipräsent. So ist die erste Hälfte von Catching Fire inhaltlich die deutlich interessantere und vor allem spannendere.
Mit dem Einzug in die Arena steigt zwar der Anteil an dramatischen Actionszenen die Substanz sinkt jedoch ebenso spürbar. Zudem sind die Actioneinlagen zwar handwerklich sehr sauber aber doch teilweise höchst belanglos. Wie auch im ersten Teil macht hier die scheinbare gottgleiche Macht der Spielleiter viel kaputt und raubt dem Spektakel seine Intensität. Diese tritt nämlich nur bei der persönlichen Interaktion zwischen den Tributen auf. Hier ist Catching Fire jedoch eine merkwürdige Mischung. Zum einen haben Katniss und Peeta diesmal deutlich mehr Verbündete, weshalb mehr Tribute ein schärferes Profil bekommen. Zum anderen sind die Antagonisten unter den Tributen diesmal deutlich langweiliger und mitunter auch extrem dämlich. Die Spiele selbst sind zudem nicht auf dem gleichen Level wie die aus dem filmischen Vorgänger, welche damals noch deutlich körperlicher inszeniert wurden. Und den Vergleich mit dem inhaltlichen Vorbild Battle Royal sollte man besser auch nicht ziehen, wenn man die Hungerspiele überhaupt noch genießen möchte. Generell kann Catching Fire in der zweiten Hälfte nicht mehr mit dem starken Beginn mithalten und gelangt höchsten beim überraschenden Ende wieder auf dieses Niveau.
Die Dominanz der Jennifer Lawrence
Man kann jedoch erneut eine sehr starke Vorstellung von Jennifer Lawrence als Katniss Everdeen erleben. Die frisch gebackene Oscarpreisträgerin Lawrence ist einfach die Idealbesetzung für die mürrische Katniss und kann jede Facette von dieser glaubhaft auf die Leinwand bringen. Wie auch bei ersten Teil möchte man einfach dankbar sein, dass man endlich mal wieder eine starke Frauenfigur geschaffen hat die nicht als männliches Spielzeug herhalten muss. Neben Lawrence bemerkenswerter Strahlkraft haben Liam Hemsworth und Josh Hutcherson sichtlich Probleme anzuspielen. Beide haben zwar noch genug Momente um nicht vollends zu Randfiguren degradiert zu werden, aber Lawrence dominiert fast jede Szene nach Belieben. Die meisten Szenen klaut sich erneut Woody Harrelson als alkoholkranker Haymitch. Neben ihm wissen jedoch auch Stanley Tucci als oberschriller Caesar und Altmeister Donald Sutherland als finsterer Präsident Snow zu gefallen und ihre wenigen Szenen zu nutzen. Dazu wird auch weiteren Figuren mehr Profil gegönnt wie einigen der zahlreichen Tribute und dem neuen Spieleiter Plutarch. Dieser wird vom hochtalentierten Phillip Seymour Hofmann zwar überzeugend aber noch sichtlich auf Sparflamme dargestellt.
Handwerklich kann man Regisseur Francis Lawrence, der in seiner Vita sowohl mit optischen Bombast (Constantin) als auch mit inhaltlicher Tiefe (Wasser für die Elefanten) punkten konnte, keinen Vorwurf machen. Catching Fire ist optisch auf dem höchsten Niveau und mit einer ebenso breiten wie eindrücklichen Farbpalette ausgestattet. Zudem arbeitet Regisseur Lawrence elegant mit Tönen und Filmmusik ohne Gefahr zu laufen zu aufdringlich zu werden oder die Stimmung zu ruinieren. Allerdings findet sich auch keine inszenatorische Ausnahmeszene im Film. Catching Fire ist somit ein handwerklich sehr guter Film aber eben auch nichts übermäßig Außergewöhnliches.
Guten Film mit Kinderkrankheiten
Catching Fire ist ein guter Film mit ansprechendem inhaltlichem Gehalt geworden. Leider baut der Film mit dem Einmarsch in die Arena spürbar ab und bekommt hier Probleme. Auch die erneut sehr überzeugende Jennifer Lawrence kann dagegen nicht anspielen und die zweite Filmhälfte nicht vollends retten. Catching Fire bleibt unter dem Strich jedoch ein würdiger zweiter Teil und ist äußerst sehenswert. Die Lust auf die beiden weiteren Teile ist somit geweckt und man darf hoffen, dass besonders die Thematik und Tiefe in diesen weiter ausgebaut wird. Besonders da die Hungerspiele selbst keine besonders große Rolle mehr spielen.