Selten war Ingmar Bergman präziser im Sezieren von Gefühlswelten, selten hat er sich tiefer in die dunklen Abgründe der menschlichen Seele getraut, selten war das Ergebnis dabei von ähnlicher Perfektion. Herbstsonate ist keinesfalls die abschließende Aufarbeitung einer dysfunktionalen Mutter-Tochter-Beziehung, sondern vielmehr die Bestandsaufnahme einer offenliegenden Wunde. Aus gewisser Distanz sicherlich heilend, doch auf den ersten Blick schlichtweg schmerzlich. Dabei braucht der schwedische Meister wenig, um die volle Wirkung seines Films zu entfalten. Im Grunde kommt das kammerspielartig angelegte Werk mit einem Schauplatz und zwei Darstellerin aus, Liv Ullmann und Ingrid Bergman, denen Bergman alle Facetten ihrer darstellerischen Palette abverlangt. Das Ergebnis ist eine Wucht, emotional wie intellektuell ein ebenso niederschmetternd wie belohnendes Werk, welches seinem Zuschauer einiges abverlangt. Ungewohnt, aber wirkungsvoll, ist die Flut an Dialogen, die gemeinsam mit der Bildebene von den vielschichtigen Gefühlen der Frauen berichtet. Enttäuschte Erwartungen, verdrängter Schmerz, nicht enden wollende Trauer. Herbstsonate wird primär von tragischen Tönen dominiert, umso kräftiger wirken jedoch jene Momente kurz aufkeimender Hoffnung, die den Film vor der totalen Tristesse bewahren. Wenn das Psychogramm über Schuld und Verantwortung Platz macht für die kleinen Gesten von Annäherung und Zuneigung (egal wie klein diese auch sein mögen), dann wird einmal mehr klar, dass Bergman kein psychologischer Pathologe, sondern vielmehr ein Humanist ist.