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Tomofan

Kritik von Tomofan

Gesehen: Dezember, 2018

Ist es möglich Aguirre, der Zorn Gottes, zu um- oder beschreiben, ohne in Phrasendrescherei zu verfallen? Wahrscheinlich nicht, zu aberwitzig ist das, was sich hier vor und hinter der Kamera abspielt und abgespielt haben soll. Während Choleriker-Legende Klaus Kinski und Jung-Regisseur Werner Herzog eine Hardcoreversion des Dschungelcampes inklusive Waffengewalt wie Morddrohungen ablieferten und sich damit zum ersten und nicht letzten Mal erfolgreich in das deutsche Kulturgut zanken sollten, drängten die widrigen Drehbedingungen, das verschwindend geringe Budget und der nicht zu knappe Konsum diverser Coca Blätter die Crew in Richtung Wahnsinn.

 Die perfekte Metaebene war geschaffen.Die eröffnende, den historischen Kontext umreißende Texttafel impliziert bereits, dass sich die Abenteurergruppe auf der Suche nach der sagenumwobenen Goldstadt El Dorado direkt ins Verderben schleppt. Zu Popul Vuhs hypnotischen Klängen kraxelt der Expeditionstrupp die Anden herunter und schlägt sich fortan durch das monströsen Dickicht des südamerikanischen Urwaldes. Dass sich die Konquistadoren dabei im Namen der spanischen Krone und mit Gottes Segen im Rücken durch den Urwald schlagen, stößt insbesondere Lope de Aguirre dermaßen sauer auf, dass er sich kurzerhand entschließt, die Macht an sich zu reißen und inmitten des Herrschaftsgebietes von Mutter Natur ein Terrorregime aufzubauen. 

Ohne Widerspruch zu ernten, ernennt er den Trottel Don Fernando de Gúzmann zum Kaiser von El Dorado und regiert fortan als Manipulator und Dirigent seiner Marionette den Schein-Staat. Die historischem Parallelen und Kritik an monarchischen bzw. diktatorischen Strukturen sind zu diesem Zeitpunkt unübersehbar. 

Aguirre regiert mit eisernen Hand und einem zunächst noch erkennbaren, aber knallharten Opportunismus. Humanität oder auch nur einen Anflug von Rationalität im weiteren Verlauf des Filmes in Aguirre vergebens, vielmehr nistet er sich als der personifizierte Größenwahn in die Psyche seiner Gefolgschaft ein und lässt die Habgier wild um sich schlagen. 

Der Franziskanerpater Gaspar de Cravajal, welcher die Reise in die Ungewissheit per Tagebuch dokumentiert und die Narration übernimmt, folgt entgegen Aguirre zunächst einer greifbaren moralischen Richtlinie, doch auch diese endet in dem Verlangen, der indigenen Bevölkerung den christlichen Glauben aufzuzwingen. Auch die katholische Kirche wird schonungslos in ihrer Bigotterie entlarvt und auch Carvajal ist ein Sinnbild des Imperialismus, welcher über Jahrzehnte in Südamerika wütete. 

Das Herzstück dieses Irrsinnes ist neben der semi-dokumentarischen, authentischen Kameraarbeit natürlich auch das tollwütige Schauspiel Kinskis, welcher grinst, fletscht, glubscht, grimassiert als gäbe es kein Morgen mehr und gerne auch mal ein Pferd umboxt. Läuft bei ihm. 

Werner Herzogs apokalyptischer Trip in die monströse Grüne Hölle wartet naturgemäß mit einer brachialen Kompromisslosigkeit auf. Die Sperrigkeit der teils epochalen Aufnahmen ist wiederum Herzog selbst zu verdanken, welcher sich bereit zeigte, mit den Launen der Natur zu kooperieren und somit den intensiven subtropischen Mix aus flimmernden Hitze und krächzender wie kreischender Soundkulisse verdächtig ungefiltert auf die Leinwand werfen kann.

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