Die dreiteilige Verfilmung von M. M. Kayes "Palast der Winde" scheint auf Moviebreak ja nicht besonders präsent zu sein. Seltsam eigentlich, denn das Buch ist als Indien-Epos Anfang der 1980er Jahre berühmt geworden.
Natürlich muss ich als allererstes darauf hinweisen, dass man vor der Miniserie unbedingt den Roman gelesen haben muss. Im Grunde genommen ist es nämlich unmöglich (auch noch zu der Zeit), diesen angemessen zu verfilmen, handelt es sich doch um einen Wälzer mit gut 250.000 Wörtern, der das ganze Leben des Protagonisten Ash im Kontext des aufregenden Britisch-Indien gegen Ende des 19. Jahrhunderts erzählt. Dass die Story da keinen sauberen Bogen umspannt, kann man sich denken, und das ist auch in der Serie so, die sich übrigens überraschend detailgetreu an das Buch hält (teils sind Dialoge absolut gleich).
Im Folgenden geht es also eher darum, ob die Miniserie dieser Geschichte biblischen Ausmaßes gerecht werden kann. Ich finde, ja. Der Roman wurde durch sein abenteuerlich-exotisches Flair berühmt, und da kann die Serie völlig mithalten. Wunderschöne Aufnahmen ganz Indiens, traumhafte Szenenbilder und Kostüme mit viel Liebe zum Detail sowie die magische musikalische Untermalung von Carl Davis sind wirklich beeindruckend. Da merkt man, dass der Dreiteiler damals eine der teuersten TV-Produktionen aller Zeiten war.
Ein großer Scheidepunkt ist allerdings die Besetzung. Jede einzelne Nebenrolle, sei es die des unbedeutensten Statisten im Hintergrund, ist perfekt besetzt. Christopher Lee, Omar Sharif, Benedict Taylor und viele andere - dieser Cast ist einfach fabelhaft. Nun, zum Blackfacing: Heute haben wir das zum Glück hinter uns gelassen. In den 80ern war es aber noch gang und gäbe, indische und afghanische Rollen mit westlichen Schauspielern zu besetzen.Was soll es für einen Sinn haben, die Produktionen von damals zu boykottieren? Palast der Winde ist hier dennoch ein extremes Beispiel und ging auch für meine Begriffe zu weit, was uns zu den Hauptdarstellern bringt.
Ja, Amy Irving ist eine tolle Schauspielerin und vollführt die Rolle der Prinzessin Anjuli perfekt. Leider sieht man doch in jeder Szene, dass sie "indisch" geschminkt wurde und das wirkt nun doch sehr billig. Ben Cross andererseits mag äußerlich in die Rolle des Ashton/Ashok, der zwischen beiden Kulturen aufwächst, passen, kann mit seiner Darbietung dem Buch allerdings nicht gerecht werden. Denn aus der feurigen, rebellischen Figur wird hier regelrecht eine Schlaftablette.
Des Weiteren ist die Serie einfach zu kurz für dieses Epos. Da fragt man sich doch, ob ein Zuschauer, der das Buch nicht gelesen hat, die Handlung auch versteht. Ja, auch das Buch hat Längen, aber dies ist klar Teil seines Stils. Die Serie hingegen hätte das Problem der Ausführlichkeit besser lösen können und müssen: Zusammenhänge geschickter verbinden, Spannungsbögen schwingen, Stolperteine ausbügeln und sich das visuelle Medium zunutze machen. Im Roman kommt durch die emotionale Reise des Lesers die Spannung zum Tragen, im Film bleibt diese blass.
Fazit: Viele Fehler, aber insgesamt trotzdem genießenswert. Ich wünsche mir eine HBO-Neuverfilmung mit mindestens 12 Folgen.