Das erste Quartal des Jahres ist vorüber und es gab wieder eine Menge zu entdecken - im Kino: Alte Junkies in Schottland, Gesang und Tanz in Los Angeles, Jesuiten in Japan und, und, und...
Wir haben einmal die Kinoneustarts des Quartals zusammengetragen, die von uns am besten bewertet wurden. Dazu haben wir das Fazit der MB-Kritik des jeweiligen Films eingefügt. Klickt einfach auf das Poster und ihr gelangt sofort zur kompletten Rezension. Die goldene Punktzahl, um in dieser Liste dabei zu sein, ist 7,5. Filme mit gleicher Punktzahl haben wir alphabetisch sortiert.
Was waren eure Kinohighlight des 1. Quartals 2017 und welche der unten stehenden Filme habt ihr gesehen?
18: Der junge Karl Marx
"Spannend und humorvoll erweckt Raoul Peck das revolutionäre Klima der 1840er zum Leben, ohne dabei sein faszinierendes Figuren-Trio zu vernachlässigen. Die turbulente Entstehungschronik des „Kommunistischen Manifest“ versteckt dabei nicht ihre eigene Freidenker-Agenda. Doch solche Zurückhaltung wäre sowieso nicht im Geiste der einnehmenden Hauptfiguren."
7,5
17: Boston
"Boston ist, anders als vielleicht von vielen vermutet, kein patriotisches Machwerk voller Angst, Furcht und Terror. Viel mehr zeichnet Regisseur Peter Berg ein gut studiertes, eindringliches, intensives wie bewegend menschliches Bild der Boston Anschläge des Jahres 2013 nach, das nach lange im Gedächtnis bleiben wird. Thriller-Fans kommen ebenso auf ihre Kosten wie Drama-Freunde."
7,5
16: Mein Leben als Zucchini
"Ob es für einen Oscar reichen wird, bleibt abzuwarten, einen besonderen Platz im Herzen seiner Zuschauer wird "Mein Leben als Zucchini" über seine 66-minütige Laufzeit mit Sicherheit einnehmen. Aufgeklärt, feingeistig und einfühlsam nimmt sich Claude Barras den Seelenleben seiner heranwachsenden Protagonisten an und formuliert eine Geschichte , die sich nicht vor den inneren Krisen seiner Figuren scheut und gleichwohl die Schönheit des Zusammenhalts aufzeigt. Ein toller Film!"
7,5
15: Die Schöne und das Biest
"If it ain't broken, don't fix it. Bill Condons pompös inszenierter Film "Die Schöne und das Biest" folgt in weiten Teilen der Vorlage von 1991. Durch kleine Neuerungen und einen bis in die letzte Nebenrolle perfekt besetzten Cast jedoch, schafft es der Film wesentlich runder und glaubwürdiger zu sein, als seine Vorlage. Das macht "Die Schöne und das Biest" nicht zum originellsten, wohl aber zum besten Märchenfilm der letzten Jahre."
7,5
14: Die versunkene Stadt Z
"James Gray, das Genie der düster flackernden Bilder, schuf mit „Die versunkene Stadt Z“ ein Historiendrama mit faszinierender Atmosphäre. Durch seinen flachen Spannungsbogen und seine nahezu episodenhaft erzählte Geschichte distanziert der Film sich merklich vom Genre des Abenteuerreißers und legt seinen Fokus auf ausgefeilte Charaktere und historische Tatsachen. Dem harmonischen Fluss an Bildern gelingt es, die Zeit für den Zuschauer zurückzudrehen und ihn in die Fesseln eines sagenumwobenen Mythos zu treiben."
7,5
13: Elle
"Hitzige Diskussionen und kontroverse Reaktionen dürften Paul Verhoeven nach diesem Werk auch im hohen Alter immer noch sicher sein. "Elle" beginnt als bedrohlicher Thriller, bis der Regisseur überraschend schnell eine Richtungsänderung vornimmt und ein komplex arrangiertes Drama entfaltet, in dem das vielschichtige Wesen der Protagonistin mit jeder Minute neue Einblicke gewährt oder Rätsel aufwirft. Für alle zartbesaiteten, politisch korrekten Moralisten dürfte speziell das letzte Drittel von Verhoevens Werk eine Herausforderung darstellen, denn hier gerät die Mischung aus Drama und Thriller endgültig zur entfesselten Groteske, die aufgrund der herausragenden Performance von Isabelle Huppert nie an Würde oder Glaubwürdigkeit einbüßt. Für den Regisseur bedeutet dieser Film eine fulminante Rückkehr, die in jeder Hinsicht voll geglückt ist."
8
12: Jackie
"Aus einer Charakterstudie von Jackie Kennedy kurz nach dem Attentat auf ihren Mann und damaligen Präsidenten John F. Kennedy formt Regisseur Pablo Larraín mit "Jackie" assoziative Bruchstücke eines Biopics, das von einer großartigen Natalie Portman in der Hauptrolle getragen und mit faszinierenden Zwischentönen von bestechender Ambivalenz an markantem, intensiven Profil gewinnt. Für alle Fans unkonventioneller Biopics, die nicht nur an der Verfilmung eines Wikipedia-Artikels interessiert sind, ein absolutes Muss."
8
11: Manchester by the Sea
"Manchester by the Sea" erfährt ganz zurecht einen immer weiter wachsenden Oscarbuzz. Kenneth Lonergans äußerst gefühlsvolles Drama über Familie, Verlust und soziale Isolation sagt sich erfolgreich von den Klischees und Überdramatisierungen Hollywoods los und erschafft eine ganz eigene, stets realistische und packende Welt, die mit tollen Figuren und einer subtilen Narrative beeindrucken kann. Diese Form der ruhigen und höhepunktarmen Inszenierung wird mit Sicherheit nicht jeden Zuschauer überzeugen, wenn man sich jedoch in die Welt Manchesters hineinfallen lassen kann, wird man mit einem der feinfühligsten und erwachsensten Dramen des Jahres belohnt."
8
10: Moonlight
"Emotional berührendes Coming-of-Age-Drama über einen homosexuellen Schwarzen, der sich inmitten eines harten Viertels durchschlagen und selbst finden muss. Trotz der Schwere der Thematik und all seiner Traurigkeit ist das poetisch gefilmte Werk gleichzeitig wunderschön."
8
9: Neruda
"Mit »Neruda« ist Regisseur Pablo Larraín ein ungewöhnlicher und sehenswerter Film gelungen, der nicht nur schön anzusehen ist, sondern vor allem schauspielerisch und erzähltechnisch überzeugen kann. So akribisch einerseits aber die historischen Fakten rund um Nerudas Verfolgung recherchiert ist, so ernst sollte man als Zuschauer Larraíns Anspruch des »Anti-Biopics« nehmen. Letztlich dient Pablo Neruda nämlich vor allem als Figur in einer einfallsreich inszenierten Geschichte – der es bei genauerem Hinsehen eben um Einfallsreichtum, Inszenierung und Geschichten geht."
8
8: The Salesman
"Asghar Farhadi gelingt einmal mehr ein äußerst komplexes, reich an Symbolik versehenes und emotional berührendes Charakterdrama, das den Zuschauer auch nach der Sichtung mit zahlreichen interessant aufgeworfenen Fragen beschäftigen dürfte."
8
7: Suburra
"Niemand hat das endgültige Sagen oder die volle Kontrolle, dafür ist es zu verwinkelt und weit gestreut. Am Ende bricht alles zusammen, aber wenn wir eines wissen, dann das es niemals aufhören wird. Die Plätze werden neu besetzt, die Lücken gefüllt und die Scheiße beginnt von vorn. So war es immer und so wird es vermutlich noch lange sein. Es sind alles nur Einzelschicksale, das Problem ist bedeutend größer und scheinbar auch nach Jahrzehenten nicht in den Griff zu bekommen. „Suburra“ ist modernes wie traditionsbewusstes, glanzlos-ehrliches Gangsterkino; Politthriller und pessimistische Gesellschaftsstudie auf hohem Niveau, mit dem Stefano Sollima das gelingt, woran viele Filmemacher der zweiten oder dritten Generation scheitern: Er begibt sich auf Augenhöhe mit seinem Vater, bringt sogar genügend Talent mit, um ihn eines Tages zu überflügeln. Ein größeres Lob kann es aus seiner Sicht wohl kaum geben. Schon jetzt vermutlich einer der interessantesten Filme des Jahres, der Lust auf mehr des „neuen“ italienischen Kinos macht."
8
6: T2: Trainspotting
"Wer sich hier eine Kopie oder einen Epigonen des ersten Teils erhofft hat und wer den Vorgänger weder kennt oder mag, für den ist „T2: Trainspotting“ vor allem eines: ungeeignet. Statt einfach nur plump prägende Szenen zu wiederholen, kümmert sich das Sequel um die Aufarbeitung der Vergangenheit, ohne dabei die Gegenwart zu vernachlässigen. Das ist tolles, ehrliches aber auch bitteres Kino, dass kein Rausch mehr sein will, sondern mehr eine Entgiftung - dabei aber dennoch Spaß macht. Sag ja zum Sequel!"
8
5: Die Taschendiebin
"Park Chan-wook hat mit "The Handmaiden" eine sinnlich-poetische Thriller-Romanze gedreht, die seine unverkennbare Handschrift trägt und somit an visuelle Perfektion grenzt. Der vielschichtige, mit einigen Haken versehene Film ist ein stimmig konstruiertes Spiel der Täuschung und Maskerade, bei dem der Regisseur Erzählebenen und Perspektiven munter wechselt, die Karten mehrfach neu mischt und sein Werk letztlich mit einer starken, feministischen Note beschließt. Trotz einiger expliziter Momente, was Sex und Gewalt betrifft, hat "The Handmaiden" Stil und Eleganz und ist für alle Fans des Regisseurs erneut ein Grund zur Freude."
8
4: La La Land
"Damien Chazelle zaubert mit „La la Land“ ein zeitgemäßes Musical aus dem Hut, das die Tradition der großen Musical-Klassiker in eine moderne audio-visuelle Ästhetik überführt. Die farbprächtigen Kulissen bieten sowohl Platz für die beschwingten Höhenflüge in die Traumwelten der lebenslustigen Idealisten als auch für bitterernste Konfrontationen mit der nackten Wirklichkeit. Ein Rausch aus schwindelerregenden Kamerafahrten, halsbrecherischen Choreografien und herzerwärmenden Melodien macht sich unser habhaft, bevor wir La La Land stottern können. Und doch sind es gerade die stillen Momente, die Klang- und Bildpausen, welche diesen Film so stark machen. Ein magisches Märchen über die Liebe und das Leben, das die unentbehrliche Prise Besinnlichkeit besitzt."
9
3: Terror in der Oper
"Nach „Suspiria“ ist „Opera“ das Masterpiece von Dario Argento, gleichzeitig sein letztes, echte Ausrufezeichen. Ohne es beabsichtigt zu haben verabschiedet sich einer der Meister des europäischen Genrekinos mit einem Knall von der großen Bühne. Naja, wenn, dann bitte so. Das Ende einer Ära, für Argento und den Giallo."
9
2: Silence
"Mutig, zermürbend, im bestmöglichen Sinne anstrengend: "Silence" ist ein gewaltiger und großartiger Film, der schwere Fragen stellt und keine einfachen Antworten gibt. Mit Martin Scorsese ist also auch im Jahr 2017 noch zu rechnen."
9
1: I Am Not Your Negro
"Leidenschaft, Kampfgeist, Schmerz und Feingefühl eines bewundernswerten Lebens transzendieren die Leinwand in diesem dokumentarischen Meisterwerk. Raoul Peck sprengt die Schranken von Biopic, Chronik und Adaption, um gleichsam die mentalen (Selbst)Beschränkungen des Publikums zu durchbrechen. James Baldwin ist lebendig, denn große Geister leben fort in ihrem Wirken."
9,5