Für den „Supergeil“-Spot hat sich bei der JvM-Werbeagentur bestimmt jemand eine Beförderung oder einen tollen EDEKA-Geschenkkorb (Blumen, Sekt, Beauty, Physalis) verdient. Der Supermarkt ist cool, alle Kunden gleich mit. Einziger Makel: Der Spot hat Geld gekostet. Das geht besser.
Aus der US-Filmbranche kommt nun ein neuer Promo-Trend. Und der ist wirklich perfide. „Captain America: The Winder Soldier“ und „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ sind die Vorreiter einer Masche, für die Marketingexperten bestimmt einen smarten Fachbegriff haben, die man aber auch salopp mit „auf dicke Hose machen“ bezeichnen kann. Es geht um die Gewissheit der Fortsetzung.
Anlässlich des bald startenden „Captain America 2“ setzt sich Marvel-Studioboss Kevin Feige auf den Interview-Stuhl und kündigt großmäulig an, dass der dritte Teil um den Supersoldaten wahrscheinlich am gleichen Tag wie „Batman vs Superman“, also im Mai 2016, erscheinen wird. Was ´ne Ansage! Noch keine Drehbuchseite für die Fortsetzung geschrieben, noch kein Fan-Feedback für den aktuellen Streifen und eine Sperre für Kritiker gibt es bis kurz vor dem Release obendrein. Aber schon einmal für den Mai 2016 werben. Ein Gebaren, das man im vertrauten Bekanntenkreis üblicherweise mit einem „Jaja, deine Mudda...“ aus den Angeln heben würde.
Da sich aber 70% aller einschlägigen Filmportale im Internet nur noch um Comicadaptionen drehen, schlägt die imposante Aussage natürlich ein wie eine Bombe. „Wow! Wenn Kevin Feige sich mit Captain America 3 jetzt schon so sicher ist, dann wird Teil 2 sowas von geschaut. Muss ja dann der Knaller sein“. Der Sequel-Hahnenkampf schürt außerdem die Angst, dass man vor Teil 3 (immer noch: 2016) ja etwas verpassen könnte - also Serien-Prinzip. Inhalte des aktuellen Films erscheinen schnell beliebig, die Arbeit der Beteiligten sowieso. Schließlich wird im Nachfolger sowieso alles noch krasser. Wir, also die Kinofans, haben uns in den letzten Jahren so sehr vom Hype anstecken lassen, dass wir das Ticket für den nächsten Film anscheinend schon durch die nackte Ankündigung des übernächsten lösen. So sieht das zumindest Marvel/Disney und macht ordentlich Kasse. Und jetzt mal Hände hoch: Denkt irgendjemand, dass „Batman vs Superman“ am gleichen Tag ins Kino kommt wie „Captain America 3“? Kann das irgendwo auf der Welt irgendjemand glauben? Natürlich nicht. „Deine Mudda Kevin“.
Während Marvel zumindest kommerziellen Erfolg als Nährboden für die „auf dicke Hose machen“-Strategie vorzuweisen hat, wird es bei „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ schlichtweg schäbig. Bryan Singer floppte zuletzt erbärmlich mit „Jack and the Giants“ und „X-Men: Erste Entscheidung“ war 2011 alles andere als der ganz große Wurf im Franchise. Sinkendes Flaggschiff trifft deshalb auf absteigenden Regisseur und wird am besten wie vermarktet? Logisch: Mit der Ankündigung des Nachfolgers! Anstatt Material aus dem im Mai 2014 erscheinenden Mutanten-Actioner zu veröffentlichen und die Leute mit Szenen oder Details um einen cleveren (daran glaubt doch niemand) Zeitreise-Plot anzufixen, twittert Bryan Singer bereits seine Pläne für das Jahr 2016, den neuen Bösewicht und die unglaubliche Massenzerstörung, die der Schurke dann mit sich bringen wird. „X-Men: Apocalypse“ wird das in zwei Jahren dann heißen. Schlimm genug, dass Massenzerstörung der ganz heiße Scheiss für einen Regisseur geworden ist, der seine Karriere einem gewitzten Film wie „Die üblichen Verdächtigen“ verdankt. Noch schlimmer aber, dass der nicht einmal in Produktion befindliche Film „Apocalypse“ jetzt schon genauso abgefeiert wird wie der noch unfertige und vor allem ungesehene „Zukunft ist Vergangenheit“. Zumindest witzig: James Mangold stellt sich auch noch hinten an, propagiert bereits einen neuen „Wolverine“ für „irgendwann nach X-Men: Apocalypse“ - also irgendwann 2018. Erinnert alles irgendwie an die Eröffnung einer Partie Skat: Stich Mangold!
Fast nostalgisch-ehrlich wirken mittlerweile alte Interviews mit Produzenten, in denen Floskeln gesprochen wurden wie „Wenn dieser Film gut ankommt, dann machen wir vielleicht einen weiteren Teil“. Im Segment der Comicverfilmungen ist wohl vorerst Schluss mit Pragmatismus und falscher Bescheidenheit. Marvel, Fox und Sony haben das günstigste und effektivste Marketingprinzip seit der Mund-zu-Mund-Propaganda für sich entdeckt. Die bei 1000 Klicks aufgegeilten Schafe von den Online-Portalen (also auch Moviebreak.de) machen fleißig mit und erklären den Quatsch auch noch zu verdammt wichtigen News. Paradox, weil der besagte Quatsch dadurch Realität wird. Verdammt sind die clever.