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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Im Mittelpunkt stehen fünf Frauen, die ihr Leben und ihren Selbstwert nicht länger danach ausrichten wollen, begehrenswert zu sein. Hauptsache sexy – egal, ob dünn, dick, welche Hautfarbe, jung, alt, wir können alle ganz divers sexy sein. Fast jede Frau wächst damit auf, an sich arbeiten zu müssen, um begehrenswert zu bleiben. Warum? Was wäre, wenn wir uns nicht mehr mit aller Kraft in eine sexy Pose pressen würden? Wenn wir nicht mehr für das Recht kämpfen, sexy sein zu dürfen, sondern wirklich frei? Was, wenn wir unsere ganze Zeit und Kraft nicht mehr investieren würden, um gehört zu werden, sondern die Welt anfängt, uns zu hören?

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Wie überfrachtet man einen Film mit möglichst vielen zeitgemäßen Thematiken, die überwiegend auf die weiblichen Empfindlichkeiten gemünzt sind? Karoline Herfurth (Sweethearts) kennt offenbar die Antwort auf diese Frage und kreiert einen Film, in den sie versucht so viel wie möglich reinzupressen, ohne dabei jede einzelne Geschichte bis zum Ende auszuerzählen. Dafür nimmt sie sich sogar mehr als 2 Stunden Zeit, die trotzdem irgendwie nicht ausreichen, um jeder einzelnen Figur gerecht zu werden. Wunderschöner hat so viel Inhalt zu bieten, dass man daraus locker zwei Filme hätte machen können. Stattdessen entschied man sich dafür, alles in einen Topf zu werfen und gut durchzurühren bis man Figuren erschaffen hat, an denen man die einzelnen Probleme abarbeiten konnte. Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass das Drehbuch nach dem Motto geschrieben wurde: „Brainstormen wir doch erst einmal, welche Themen wir reinbringen möchten und haken dann ab, welche Figur, welches Problem bekommt, so als würde man nur einer Checkliste folgen.

Bei diesem Vorgehen verliert man häufig den Überblick, weil Karoline Herfurth sich einfach zu viel vornimmt. Verweilt sie zu lange bei einer Figur, vergisst man total die anderen Figuren, auch wenn der Wille durchaus da war, alles unter einem Hut zu bringen. Trotz des nicht gerade eleganten Holzhammer-Vorgehens nimmt sich die Filmemacherin wichtiger Themen an, die durchaus diskussionswürdig sind. Beispielsweise die vermeintliche Freiwilligkeit der Sexarbeit und Gefahren des Missbrauchs und Vergewaltigungen der Prostituierten, toxische Männlichkeit, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, Bulimie, Feminismus, weibliche Selbstbestimmung, männliche Sensibilität, Familienleben, Therapie nach der Trennung usw. Das sind nicht einmal alle Themen, die angeschnitten werden und allein an dieser Aufzählung bemerkt man, wie prall gefüllt die To-do-Liste von Karoline Herfurth war. Im Grunde hätte sie allein über die Familie Hansen einen kompletten Film drehen können, die in den Skandal mit einer Prostituierten verwickelt wurde. Dieser Handlungsstrang ist der stärkste im ganzen Film und diese Figuren kamen im ersten Teil nicht einmal vor, sodass man sich die ganze Zeit nur ihnen hätte widmen können. Nur wäre es ein ganz anderer Film geworden. Vermutlich ein viel stärkerer.

Mit dem Rest des Figurenensembles hätte man dann Wunderschöner gedreht und es hätte allemal gereicht. Schon mit der Trennung von Sonja (Karoline Herfurth) und Milan (Friedrich Mücke, Ballon) und Julies (Emilia Schüle, Traumfabrik) übergriffigem Kollegen und Vickys (Nora Tschirner, Wunderschön) Liebesleben hätte man genug zu tun gehabt. Doch man wollte einfach zu viel auf einmal, auch wenn das Ergebnis an sich gar nicht mal so schlecht ist. Nur läuft alles natürlich darauf hinaus, dass die meisten Männer toxisch sind und, es gilt sie alle umzuerziehen bis sie zu ihrer sensiblen Seite stehen und vor anderen Männern heulen. Die Frage ist nur, wenn man diese Szene unbedingt reinbringen wollte, wieso dann so plump und warum lässt man den Darsteller nicht so weinen, dass die Kamera es auch einfängt? Dieser Moment wäre viel intensiver gewesen. Er verdeckt stattdessen sein Gesicht, sodass man die Tränen nicht sieht und einer von seinen Mitschülern tätschelt ihm unbeholfen auf dem Rücken herum. Soll das die Botschaft sein, dass Männer auch weinen dürfen? Es wäre so viel besser gewesen, wenn der Junge unter Tränen ausgesprochen hätte, warum er weint. So hat dieses versteckte Weinen überhaupt keine Kraft. Die enttäuschte Tochter (Emilia Packard, Klima retten für Anfänger) sagt es dem Vater (Godehard Giese, Eine Million Minuten) ins Gesicht, dass er ein schlechter Mensch ist und dem Sohn (Albert Lichtenstern, Schwarze Früchte) werden nur ein paar versteckte Tränen zugestanden.

Wenigstens befasst sich der Film auch mit der toxischen Weiblichkeit und Machtmissbrauch durch die Frauen. Anja Kling ((T)raumschiff Surprise - Periode 1) als Talkmasterin Regine zeigt dem Kellner, wer die Hosen anhat. Diese Thematik in einem Film reinzubringen ist wichtig, weil dadurch gezeigt wird, dass die Frauen in Machtpositionen ihre Macht genauso ausnutzen können, wie die Männer. Wunderschöner ist sich stets dessen bewusst, dass nicht nur Männer die Bösen sein können. Allerdings kommt diese Wertung nicht bei allen Figuren zum Vorschein. Als Sonja ein Date mit einem höflichen und netten jungen Mann (Rúrik Gíslason, Bibi & Tina - Einfach anders) hat, lässt sie ihn einfach mitten im Date stehen und haut ab und dieser Schritt wird quasi schon als Befreiung gefeiert, als sie allein mit dem Karussell fährt und sich extrem darüber freut, dass sie ihn stehen ließ. Das ist zu hundert Prozent toxisch, wie sie sich verhält. Sie inszeniert sich aber als Heldin. Wenn eine männliche Figur eine weibliche Figur ohne Erklärung stehen gelassen hätte, dann wäre er das Arschloch und sie die arme Verlassene, aber bei diesem Film ist Sonja die Gute, obwohl sie zu feige ist ihrem Date ins Gesicht zu sagen, dass daraus nicht mehr wird.

Was soll's? Als Frau darf sie es einfach. Und wer denkt hier an die Gefühle ihres armen Dates? Na ja, wenigstens hat er nicht mit dem vorgehaltenen Arm geheult. Die Männer zeigen ihre Gefühle halt auch nur dann, wenn man es gerade ins Drehbuch reingequetscht hat. Was Julie und ihre wiederkehrenden Bulimieprobleme angeht, handelt man sie in einigen Minuten ab, bis sie sich ihre Stärke wieder eingesteht. Man verwendet dafür in etwa genauso viel Zeit wie auf die Tanzszene mit Nora Tschirner. Zugegeben, sie kann sich gut bewegen, aber gefühlt fünf Minuten lang dabei zuzusehen, wie sie sich der Musik hingibt, ist fast schon zu übertrieben, da hätte man auch etwas Besseres mit der Zeit anfangen können. Im Großen und Ganzen zeigt der Film trotz allem viele gute Ansätze und der einzige Grund, warum die Rechnung nicht immer aufgeht, ist die Fülle an Problemen, denen man trotz 2 Stunden und 12 Minuten nicht gerecht werden kann. Um das alles zu managen hätte man schon eine Serie daraus machen sollen. Wunderschöner wird trotzdem viele überwiegend weibliche Fans ins Kino locken, allein aus dem Grund, weil die weibliche Sichtweise auf diese Thematiken recht erfrischend ist und zu Diskussionen anregt.

Fazit

6.0

Wenn man sich solchen ernsten Themen wie Missbrauch von Sexarbeiterinnen, Übergriffigkeit durch Kollegen, Trennung, toxische Männlichkeit und weibliche Selbstbestimmung widmet, dann muss klar sein, dass es nicht einfach wird. Vor allem, wenn man allen Themen in der angemessenen Ausführlichkeit gerecht werden will. Das schafft man trotz der beachtlichen Filmlänge von über 2 Stunden leider nicht. „Wunderschöner“ zeigt dennoch viele gute Ansätze, die diskussionswürdig sind und durchaus zum Nachdenken anregen.

Kritik: Yuliya Mieland

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Kommentare

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