Die Welt in naher Zukunft: Tiere und Pflanzen gibt es nicht mehr; die verbliebenen Menschen leben unter einer Kunststoffkuppel. Der Preis fürs Weiterleben ist hoch: Allen 50-Jährigen wird ein Samen eingepflanzt, durch den sie sich in einen Baum verwandeln, der Sauerstoff und Nahrung für die Allgemeinheit liefert. Stefan, ein junger Mann, ist mit diesem System einverstanden – bis seine Frau Nóra ihr Leben aufgeben und sich den Samen freiwillig einpflanzen lassen will.
Welche Opfer müssen die Einzelnen der Gemeinschaft bringen? Ist das Leben viel zu kurz oder unerträglich lang? Liegt der Keim einer besseren Zukunft bereits im Menschen oder muss er dort maschinell gepflanzt werden? Und welchen Wert hat der Einsatz für eine neue Welt, an der man nicht teilhaben kann? Moralphilosophen und Existenzialismus geben Sarolta Szabó und Tibor Bánóczki (Milk Teeth) einen ganzen Katalog tiefgreifender Fragen, die ihre ephemere Endzeit-Vision indes mehr vor sich herschiebt statt zu ergründen.
Zeitlose und zeitaktuelle Konflikte ziehen in der futuristischen Fabel vorüber wie die postapokalyptische Landschaft an den archetypisch angelegten Charakteren. Die mittelalte Nóra (Zsófia Szamosi, Állítsátok meg Terézanyut!) und ihr Ehemann Stefan (Tamás Keresztes, Children of Glory) leben im Budapest der Zukunft unter der titelgebenden Kuppel, die inmitten einer verpesteten Wüstenei ohne Tiere und Pflanzen wie ein gigantisches Sauerstoffzelt konstruiert ist. Um die Oxygen-Reserven kontinuierlich nachzufüllen, werden alle Menschen mit fünfzig Jahren mittels genmanipulierter Saatkörner in Bäume verwandelt.
Nachdem der Mensch das natürliche Gleichgewicht zerstört hat, zahlt er teuer für dessen artifiziellen Ersatz. Ist die symbollastige Metamorphose, die Nóra freiwillig früher eingeht, eine Erlösung? Birgt die Einöde, durch die Stefan mit ihr in der Hoffnung auf eine Umkehr ihres Schicksals zieht, Alternativen? Die narrativen Möglichkeiten scheinen unendlich, doch das Regie-Duo wagt sich nie vom einfachsten, konventionellsten der Handlungswege. Was hier am Wegrand liegt, ist spannender als der Zielpunkt.
Fazit
Faszinierender als die Handlung Tibor Bánóczkis und Sarolta Szabós Langfilm-Debüts ist dessen animierter Kosmos. Science-Fiction-Tropen verschmelzen mit Motiven aus Märchen und Literatur zu einer Story zwischen tragischer Romanze, Road Movie und philosophischer Phantastik. Schlichte Zeichnungen kleiden wissenschaftlich basierte Fiktion, mythische Allegorien und universelle Symbolik in sphärische Formen und Farben. Die Atmosphäre gedankenvoller Melancholie zieht das Publikum trotz narrativer Schwächen und schematischer Charaktere in ein Zukunftsmärchen, dessen eigentümlicher Reiz im Unauserzählten liegt.
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