Wird geladen...

Quelle: themoviedb.org
6qhzhmjh0t96ouqrloubwqdj35p

Inhalt

Der Sound: einlullend. Visuell beginnt What's next? mit paradiesischen Zuständen. Sanfte Bilder voll Süße. Figuren schwelgen mit psychedelisch tanzendem Gemüse in kitschigen Landschaften – bis die KI-generierten Bilder beginnen, Zähne zu zeigen. Sie gleiten ab in finstere Dystopien, füllen sich mit männlichen Dämonen. In einer Montage von Klischees lässt Regisseurin Cao Yiwen die adressierten Verhältnisse – ob Gender, Umwelt oder Kapitalismus – kritisch heißlaufen. Der Film wirft seinen Zuschauer*innen die zu visueller Statistik geronnenen Ansichten zurück und zeigt ihre Konsequenz. Nicht nur in den Darstellungsfehlern der KI-Bilder klaffen Abgründe. Die von Maschinen halluzinierten Fratzen des Bösen und der scheinbare Realismus menschlichen Leids machen die Begrenztheit der Vorstellungskraft des immer schneller kreisenden Mensch-Maschine-Loops sichtbar. Ein opulenter Höllenritt, der Abschied aus jener Welt, in der wir miteinander leben, hin zu Bildern, die wir uns als ästhetische Quersumme von ihr machen. Unübersehbar, wie notwendig es ist, diesem Strom zu entkommen, um sich der Frage, die der Titel aufwirft, zu nähern: What’s next?

Kritik

Wenn KI generierte „Kunst“ (die Anführungszeichen könnten nicht größer sein) im Jahr 2025 eines beweist, dann das das menschliche Gehirn noch nicht die Suspension of Disbelief überschritten hat, welche eine Ästhetik des Algorithmus zulässt. Verwaschene, konturlose Gesichter, Hände mit nur vier oder ineinander übergehenden Fingern, Hintergründe, die sich bei genauer Betrachtung als bloße, substanzlose Masse herausstellen: Die Ästhetik KI generierter Bilder ist eine Billige, eine Obszöne, gar eine Vulgäre. Nicht nur weil diese Bilder kitschig und qualitativ sehr schnell zu entlarven sind, sondern weil sich in ihnen alles versammelt, was ätzend, verlogen und über allem dekadent an der Gesellschaft des Überflusses ist. Anders gesagt: Der Glaube, man könne alles vereinfachen. Während KI in Hollywood momentan das kontroverseste Thema darstellt, wenn besagte Vereinfachung sich dort auf einer ökonomischen Ebene stattfindet, sieht die chinesische „Filmemacherin“ Yiwen Cao KI als essenzielles Toul ihrer Filme, tourt mit mehreren Kurzfilmen durch Weltfestivals und präsentiert mit What’s Next?, einer spirituellen Erkundung des Algorithmus durch die Gesellschaft, nun ihr Langfildebüt. Nach eigenen Aussagen sei es Caos selbsternannte Aufgabe „das Publikum zu heilen und mentale Kraft zu geben.“

 Die unangenehme Totalität dieser Motivation spürt man in jeder Sekunde ihres Filmes, nur mit dem umgekehrten Effekt, dass er sich wie eine bewusste Vergiftung anfühlt. Yiwen Caos Film enthält keine Dialoge, der Klangteppich besteht aus austaschbaren Lounge/Chill-Out-Klängen und in nur zwei Momenten werden Texttafeln eingebledet. Eins erzählt von einer Welt in Harmonie, gefolgt von paradiesischen Aufnahmen von bunten Landschaften, kitschigen Schlössern und lachenden Gesichtern. Dazu gesellen sich ekelerregend hässliche Unterwasserwesen, deren überbetonte Disney-Augen jede Geschmacklosigkeit übertreffen. Wenn man an diesem Werk etwas positiv sehen will, dann eventuell die Aufklärung, die ein mehrere Minuten andauerndes Aussetzten dieser Bilder schafft: Die Einsicht, dass das, was uns Algorithmus und Werbeindustrie als Paradies verkaufen wollen im Kern selbst einer Hölle gleicht. Keine Erkenntnis, die besonders neu ist, aber welche der Gegenwartskultur offenbar immer wieder aufs Neue näher gebracht werden muss, wie derartige Monster wie dieser Film es beweisen.

 Doch nach der zweiten Texttafel wird alles anders: Der Fall der Menschheit setzt ein, dargestellt durch Frauen, die in Ketten liegen, lachenden, reichen Männern in Anzügen. Eine Schlacht geführt durch generische Ritterrüstungen im Angesicht explodierender Vulkane. Caos Film macht vor keiner Zynismus halt, auch nicht vor der, die Ästhetik von Armut- und Spendewerbespots in Form von hungernder Kinder nachzuahmen. Jeder Versuch, den Film von als Erhaben von seinem Algorithmus zu sehen, ihn als Reflexion auf derartig perverse Bilder zu sehen, der scheitert. Der Film versucht mehr oder weniger Koyanisqatsi für das KI-Zeitalter zu sein, doch während damals es noch eine „Life Out of Balance“ gab, gibt es hier schlicht kein „Life.“ Leer sind diese Bilder dennoch nicht. Aus ihnen klafft das Drängen zur Manipulation wie auch die Bewunderung gegenüber solcher Technik.

Fazit

0.5

„What’s Next?“ als Filmtitel für Yiwen Caos komplett KI generierten Alptraum ist keine üble Wahl. Was machen wir mit einer Welt, in der derartige Kreationen nun Wertschätzung finden und die jede Form von technischer Vereinfachung als Fortschritt missverstehen? Der Gewinn der sich aus solchen Monstern finden lässt, besteht in der Erkenntnis das jeder Mensch, der beim Anblick dieser Algorithmus-Bilder den Saal angewidert verlässt, eine neue Chance für die Menschheit bedeutet.

Kritik: Jakob Jurisch

Wird geladen...

Kommentare

@username #Filmtitel $Schauspieler :emoji
×