Auch wenn diese Dokumentation vielen bislang kein großer Begriff sein dürfte, lohnt sich ein Blick auf Weiner unbedingt. Josh Kriegman und Elyse Steinberg haben den Politiker Anthony Weiner über einen langen Zeitraum begleitet und sämtliche Ereignisse, die sich vor allem immer wieder um einen verheerenden Online-Sex-Skandal drehen, welcher 2011 ans Licht der Öffentlichkeit gelangte, für die Nachwelt festhalten können.
Zunächst war Weiners Karriere ein Höhenflug, wie man zu Beginn des Films anhand von Archivaufnahmen beobachten darf. Als Kongressabgeordneter der Demokraten fiel der Politiker immer wieder in Debatten auf, bei denen er sich mit temperamentvollen Wortsalven für das einsetzte, was ihm persönlich am Herzen lag. 2011 änderte sich die Situation für Weiner allerdings gewaltig, nachdem auf seinem Twitter-Account ein Bild für die Allgemeinheit gepostet wurde, das Weiners Wiener nur knapp von einer Unterhose bedeckt zeigt. Es folgte ein mediales Lauffeuer, nach dem sich der Politiker, dessen Ehefrau zu diesem Zeitpunkt gerade das erste gemeinsame Kind zur Welt brachte, zu mehreren Aktivitäten bekannte, bei denen er freizügige Bilder im Netz an Frauen sendete. Als Konsequenz musste er schließlich von seinem Amt zurücktreten.
Weiner begleitet den Ex-Politiker schließlich bei seinem Versuch, ein Comeback zu starten, indem sich Weiner für eine Kandidatur als Bürgermeister von New York wählen lassen will. Kriegman und Steinberg gelingt in ihrer Dokumentation der seltene Coup, das öffentliche Bild eines Menschen, die Wahrnehmung, die diese Person nach außen hin kommuniziert, auf intimste Weise mit dem Privatleben dahinter zu verbinden. Weiners Charakter selbst sorgt dabei für den größten Diskussionsstoff dieses Films. Auch wenn der Politiker ganz klar Fehler begangen hat, die im Vergleich zu den Leichen, die so manch andere seines Berufsfeldes im Keller haben, fast schon nebensächlich erscheinen, sind seine Absichten als Politiker durchaus ehrenvoll und auch der Kampfgeist, mit dem er sich immer und immer wieder einzelnen Gesprächspartnern, den Medien oder persönlichen Konkurrenten stellt, obwohl er dadurch meistens mit großen Schritten ins nächste Fettnäpfchen tritt, ist durchaus bemerkenswert.
Trotzdem ist Weiner eine Dokumentation, die regelmäßig dafür sorgt, dass man den Blick fast schon beschämt abwenden möchte. Der mediale Shitstorm, der über Weiner einbricht, lässt diesen Film durch die absurd komischen Überschriften in den großen Tageszeitungen oder die fiesen Scherze, welche namhafte Late-Night-Hosts über dessen Sexting-Affäre machen, fast schon zur unterhaltsamen Komödie werden. Das Lachen bleibt einem aber schnell im Hals stecken, wenn im nächsten Moment auf schmerzlich intime Weise gezeigt wird, wie sich diese Ereignisse auf Weiners Ehe auswirken, die hinter den Kulissen deutlich sichtbare Risse erfährt.
Kriegman und Steinberg sind die meiste Zeit über stumme Beobachter, die sich mit einem Urteil über die von ihnen porträtierte Person klar zurückhalten. Mit ihrer Dokumentation ist dem Duo hingegen eine treffende Beobachtung des gegenwärtigen Zeitgeschehens geglückt, in dem selbst kleinere Fehltritte eine jahrelange Chronik des permanenten Scheiterns in Gang setzen, was durch die gnadenlose Sensationsgier der Massenmedien und sozialen Netzwerke stärker als jemals zuvor erfolgt.