Wird geladen...

Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Julia und Tobias scheinen das perfekte Paar zu sein. Doch hinter der Fassade braut sich in der Designerküche Ärger zusammen. Das empfindliche Gleichgewicht zwischen den beiden wird massiv gestört, als ihre Tochter Marielle plötzlich telepathische Fähigkeiten entwickelt, die ihr die Macht geben, alles zu sehen und zu hören, was ihre Eltern tun – Tag und Nacht.

Kritik

Fremdscham ist in Frédéric Hambaleks (Modell Olimpia) zweitem Spielfilm eine diffizile Sache. Ja, das unbequeme Gefühl fungiert in dem verkrampften Mix aus Paarkomödie und Psycho-Parabel als enorm effektives Mittel der Enthüllung. Allerdings nicht der spießbürgerlichen Scheinheiligkeit, um deren Thematisierung sich der exaltierte Plot beschämt herumdrückt, sondern der kleingeistigen Moralin und pseudoprovokanten Prüderie der deutschen Komödie. Beider Sprachrohr ist die jugendliche Titelfigur (Laeni Geiseler, Schnee). Marielle kennt nach einer Schulstreiterei jedes Wort ihrer Eltern, die das mit der eigenen Unaufrichtigkeit konfrontiert.

Schadenfreude und Spießigkeit vereint schon die erste Szene, in der Marielles Mutter Julia (Julia Jentsch, Das weiße Schweigen) mit ihrem Arbeitskollegen Max (Mehmet Ateşçi, Alma & Oscar) in der Zigarettenpause Dirty Talk macht. Klingt nach einer Trivialität, von der man möglichst wenig hören will, doch der Regisseur und Drehbuchautor ignoriert das dramaturgisch und dialogisch. Die beiden tauschen minutenlang Sexphantasien aus und der harmlose Flirt zum Symptom mittelständische Wertverfalls aufgebauscht. Zugleich wird Julia indirekt dafür verhöhnt, weil sie überhaupt erotische Begierden hat. 

Marielles Vater und Julias Gatte Tobias (Felix Kramer, Oderbruch) wiederum wird vorgeführt, weil dem Verlagsangestellten die vermeintlich männliche Durchsetzungskraft fehlt. Das bigotte Narrativ setzt an den Figuren einen gleichsam überholten und überzogenen Wertmaßstab an und verurteilt sie dann dafür, dass sie ihr Scheitern an diesem verheimlichen. Folglich wird das - vorübergehende - Aufbegehren gegen diese Biederkeit nicht als befreiend  empfunden, sondern als ethischer Kollaps. Diese philisterhafte Übertreibung ist nah an der unfreiwilligen Komik, torpediert diese aber mit unvermitteltem melodramatischen Ernst.

Fazit

4.0

Wohl nicht zufällig haben die Moralfragen, auf die Frédéric Hambaleks übersinnliche Beziehungsklamotte bezeichnend altväterliche und apodiktische Antworten liefert, einen theologischen Anklang. Wiegt ein Gedanke oder Wort so schwer wie die Tat? Kann das, was ausgesprochen wurde, auch umgesetzt werden, da man bereits schuldig ist? Eine Demontage oder ein Demaskieren der christlichen Doktrin, die hinter pseudo-provokanten Obszönitäten und Boulevard-Klamauk steckt, wäre unendlich ergiebiger und relevanter als deren brave Bestätigung in einer darstellerisch und dramatisch gleichermaßen aufgesetzten Familien-Fabel. 

Kritik: Lida Bach

Wird geladen...

Kommentare

@username #Filmtitel $Schauspieler :emoji
×