Wenn man sich von mehreren Märchen auf einmal verzaubern lassen möchte, dann ist man mit Väterchen Frost - Abenteuer im Zauberland gut aufgehoben, weil das klassische UdSSR-Märchen gleich mehrere deutsche und russische Märchen in sich vereint: Aschenputtel, Schneeweißchen und Rosenrot, Frau Holle, Der alte Steinpilz und Iwan der Bär. Außerdem beherbergt das Märchen, die im russischsprachigen Raum äußerst beliebte Figur des Väterchens Frost. Wer sich jetzt fragt, wie man nur diese ganzen Märchen miteinander verknüpfen kann, dem sei gesagt: Die Verbindung der einzelnen Märchen funktioniert fantastisch und sie gehen nahtlos ineinander über, ohne Unterbrechungen und ganz ohne Anthologie. Sie bauen sich um die zentrale Geschichte der Aschenputtel (Natalja Sedych , Feuer, Wasser und Posaunen) auf, eines armen Mädchens, das von ihrer Stiefmutter klassischerweise schrecklich behandelt wird und zur Verrichtung der schlimmsten Arbeiten unter menschenunwürdigen Bedingungen gezwungen wird. Während die eigene Tochter wie der Augapfel gehegt und gepflegt wird.
Das Aschenputtel bleibt trotzdem herzallerliebst und behandelt sowohl ihre böse Stiefmutter als auch ihre faule Stiefschwester mit unendlicher Güte. Dafür wird sie im Endeffekt logischerweise belohnt, sonst wäre es ja kein Märchen. Den Guten widerfahren gute Dinge und die schlechten bekommen auch ihren verdienten Lohn. Es gibt aber auch eine Figur, die zuerst eitel und überheblich ist, doch sich innerhalb kürzester Zeit auf wundersame Weise wandelt und dafür entschließt den Pfad der Güte zu nehmen. Das geschieht zwar nicht ganz freiwillig und die Verwandlung erfolgt recht schnell, doch die Botschaft ist trotzdem ganz klar und für alle verständlich: Hör auf anzugeben und zu prahlen und andere zu behandeln, als wären sie Luft. Tust du, wie dir geheißen, dann verwandelst du dich in einen brauchbaren Menschen und findest dein Glück.
Die Rede war vom Schönling Iwan (Eduard Isotov, Rallye), der auf seinem Weg zu einem besseren Menschen die berüchtigte Hexe Baba Jaga trifft, die ganz alleine in einer Hütte im Wald lebt. Diese Hütte steht auf Hühnerbeinen und bewegt sich, wenn man mit der Hütte spricht. Wer mehr über das Wesen Baba Jaga erfahren möchte, sollte unbedingt das informative Booklet von Dr. Rolf Giesen lesen. Dieses Booklet enthält viele spannende Details zum Film, unter anderem wird darin erzählt, dass Baba Jaga von einem männlichen Darsteller gespielt wird, nämlich von Georgi Franzewitsch Milljar (Die verzauberte Marie), der bereits früher im Theater die Rolle der Aschenputtel übernahm, nachdem die Darstellerin der Titelrolle aus gesundheitlichen Gründen ausgefallen ist. Das Bewundernswerte an seiner Verkörperung der Baba Jaga ist übrigens, dass man nicht einmal im Traum daran denken würde, dass die Hexe von einem Mann verkörpert wird. Insofern ist seine schauspielerische Leistung überragend.
Irgendwie findet jeder in diesem Märchen seinen Weg und entscheidet sich für eine bestimmte Seite, mit der dazugehörigen karmischen Konsequenz und dank Väterchen Frost (Aleksandr Khvylya, Der Hirsch mit dem goldenen Geweih) bekommt jeder, was er verdient. Die Geschichte ist wunderbar, weil sie den Kindern auf spielerische Art gutes Benehmen beibringen kann und manchen Erwachsenen auch. Deswegen wurde das Werk von Alexander Rou (Die schöne Warwara) auch berechtigterweise mit einigen Preisen ausgezeichnet: Im Jahre 1965 gewann der Film beim Kinderfestival in Venedig den Hauptpreis und auch die Auszeichnung in der Kategorie „Beste Musik“. Beim 2. Allunionsfilmfestival im Jahre 1966 in Kiew wurde das Märchen als „Bester Kinderfilm“ ausgezeichnet. Auch in den USA enthielt der Film den Award of Excellence für das „Beste Drehbuch eines Kinderfilms“. Es ist großartig, wenn ein gutes Werk, die nötige Anerkennung bekommt. Die einzige Kleinigkeit, die man leider nicht unerwähnt lassen kann, ist die Qualität des Filmmaterials, das leider nach so vielen Jahren nach der Entstehung des Märchens gelitten hat. Teilweise sieht der Film zu überbelichtet aus, weil er offenbar nicht restauriert ist, nichtsdestotrotz behält das Märchen seinen Charme und die Moral von der Geschichte ist: Gute Märchen vergehen nicht.