„Manchmal bist du fast menschlich. Manchmal.“
Die verwegenen Hauptakteure des Italo-Westerns definierten sich seit jeher über ihre moralische Widersprüchlichkeit. Obgleich diese ein gesundes Wertesystem aufweisen sollten und Recht und Unrecht exakt zu unterscheiden verstanden, so waren die Mittel, die diese überzeugten Pistoleros anwendeten, ganz und gar nicht barmherzig. Man sprach hier nicht von Helden, die edelmütig wie John Wayne die weiße Weste pflegten, sondern von Anti-Helden, die wie Clint Eastwood in der kultisch-verehrten Dollar-Trilogie wenig Rücksicht auf die Vertretbarkeit der von ihnen ausübten Gewalt nahmen. Im Jahre 1971 aber sah sich der amerikanische Western, der immer auch als Heimatfilm verstanden wurde, unlängst einem enormen Popularitätsschwund ausgesetzt. Von tapferen Siedlern, die in ein unbekanntes Land einwanderten, es besiedelten und den Ureinwohnern die Heimat raubten, wollte niemand mehr etwas wissen.
Wobei letzterer Aspekt natürlich immer rigoros unter den Tisch gekehrt wurde – oder durch ein vollkommen verzerrtes Bild der Indianer legitimiert. Mit Valdez aus eben jenem Jahr bekommt man indes einen Film vorgesetzt, der das Ansehen des Westerns in den Vereinigten Staaten seiner Zeit gut auf den Punkt gebracht hat: Denn auch wenn wir es hier mit einer amerikanischen Produktion zu tun haben, steht ein mexikanischer Hilfspolizist (Burt Lancaster, Die gefürchteten Vier) im Zentrum, der sich mit einem Problem befasst, welches auch heute noch als eine der gesellschaftlichen Konstanten innerhalb des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten verweilt: Dem Rassismus. Nachdem es nämlich zu einem Unfall gekommen ist, bei dem ein Afroamerikaner sein Leben verloren hat, ist es Bob Valdez daran gelegen, für die Witwe des Erschossenen, eine Apachin, etwas finanzielle Unterstützung zu erhalten.
Wo Bob Valdez also versucht, sich in irgendeiner Art und Weise mit seinem von Schuld belasteten Gewissen zu arrangieren, scheinen die verrohten Repräsentanten der US-Armee, darunter vor allem der Tyrann Frank Tanner (Jon Cypher, Master of the Universe), nur Spott und Demütigung für den Mann aufweisen zu können, der immerhin noch so etwas wie Ideale besitzt. Die Entwicklung, die Valdez vom zurückhaltend-diplomatischen Handlanger zur gnadenlosen Ein-Mann-Armee durchmacht, bleibt derweil durchaus organisch, weil der graumelierte Burt Lancaster ein Meister seines Fachs ist: Sein in die Jahre gekommener Valdez ist von der Vergangenheit gezeichnet, aber er verfügt noch immer über einen unverkennbaren Bezug zu Stolz und Empathie. Zwei Eigenschaften, die ihn zum Messias der Ehrenhaftigkeit erheben und auf einen kompromisslosen Feldzug gegen die Ungerechtigkeit schicken.
Natürlich ist Valdez' Gesuch auf Wiedergutmachung letzten Endes der Katalysator, um den Gewaltgrad im Film kontinuierlich zu steigern. Edwin Sherin (Kalte Rache) gelingt es über die 90-minütige Laufzeit jedoch ganz gut, Valdez ein Stück weit von dem Eindruck auf Distanz zu halten, hier würde es sich um einen reinrassigen Exploiter handeln, der die für die Geschichte basale Thematik des Rassismus instrumentalisiert, um möglichst viel Blei durch die Lüfte zu peitschen. Dafür ist der Protagonist zu seriös angelegt und Burt Lancasters Performance zu einfühlsam, zu strikt. Mag Valdez letztlich auch nicht zu den Speerspitzen des Genres zählen, dafür ist er, trotz ordentlicher Anlagen, einem gewohnt starken Hauptdarsteller und so manch prägnanter Einstellung, in seiner dramaturgischen Abwicklung von Gut gegen Böse überwiegend zu durchsichtig. Seine Wirkung aber verfehlt er nicht.