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Inhalt

Onoff war einmal ein herausragender und berühmter Autor. Doch seit einiger Zeit hat sich der Schreiber zurückgezogen, lebt ein regelrechtes Einsiedler-Leben und veröffentlicht keine Bücher mehr. Eines nachts wird er während eines Sturms vollkommen aufgelöst von der Polizei aufgeschnappt. Er kann sich nicht ausweisen, ist komplett verstört und kann sich nicht genau erinnern, was ihm gerade widerfahren ist. Der ermittelnde Inspektor stellt Onoff zur Rede und versucht so herauszufinden, was seinem verehrten Schriftsteller passiert sein könnte. Dabei dringt der Polizist in der verlassenen und leicht heruntergekommenen Polizeistation immer tiefer in die verletzte Psyche des Autoren ein und bringt ein schreckliches Geheimnis zu Tage.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Unvollständige Eindrücke eines beunruhigenden Ereignisses eröffnen Giuseppe Tornatores Eine reine Formalität. Der Betrachter blickt in den Lauf einer Pistole, aus der ein Schuss abgefeuert wird, und verfolgt aus der Perspektive einer unbekannten Person, wie diese anschließend in einer stürmischen, regnerischen Nacht durch ein Waldstück rennt. Die schrillen Geigen auf der Tonspur, die von Meisterkomponist Ennio Morricone stammen, verdichten die Stimmung zu einem ruhelosen, überfordernden Auftakt, der die geheimnisvolle Drastik der Situation bereits in den ersten Minuten des Films zu einem unerwarteten Höhepunkt formt. 

Als der Mann die Straße erreicht, wird er von Polizisten aufgegriffen, die den offensichtlich Verwirrten aufs Revier bringen. Da sich der Unbekannte nicht ausweisen kann, soll er vom örtlichen Inspektor verhört werden, damit Klarheit über die rätselhafte Identität des Mannes entsteht. Dieser gibt sich als Onoff zu erkennen, ein berühmter Schriftsteller, der schon Jahre kein neues Buch mehr veröffentlicht hat, da er Medienberichten zufolge in eine tiefe Schaffenskrise gestürzt sei. Nachdem der Inspektor schließlich auf dem Polizeirevier eintrifft und das Verhör beginnt, stellt sich schnell heraus, dass dieser ein großer Bewunderer des Schriftstellers ist und ganze Textpassagen aus dessen Werken zitieren kann. Der angebliche Onoff erweist sich gegenüber dem Inspektor allerdings als widersprüchliches Mysterium, der unter Gedächtnislücken zu leiden scheint und außerdem in den Tod einer Person verstrickt sein könnte, die in der Nähe des Wohnsitzes von Onoff gefunden wurde.

Die Handlung von Tornatores Film, bei der knisternde Unklarheit, dunkle Abgründe und elektrisierende Wortgefechte das Geschehen dominieren, könnte ebenso als Theaterstück aufgeführt werden. Der Regisseur, der zuvor vor allem für sein berührendes Drama Cinema Paradiso gefeiert wurde, inszeniert Eine reine Formalität als minimalistisches Kammerspiel, das sich beinahe ausschließlich in den Räumlichkeiten des Polizeireviers ereignet. Im Mittelpunkt steht das Gespräch zwischen Onoff und dem namenlosen Inspektor, welches von einer handwerklichen sowie atmosphärischen Virtuosität umrahmt wird, wie man es bei reduzierten, filmischen Kammerspielen selten miterleben darf.

Mit Einstellungen, in denen der Bildausschnitt stets zum Schauplatz präziser Intensität und unaufhörlicher Spannung wird, und einer Tonkulisse, bei der sich das Geräusch des schier endlosen Regens mit den gewohnt erhabenen Kompositionen von Morricone abwechselt, erscheint das Polizeirevier als beklemmendes, dezent der Realität entrücktes Setting. Der Regen, der von außen in das Gebäude eindringt, scheint dabei nach und nach verdrängte Geheimnisse zurück an die Oberfläche zu spülen, die längst vergessen schienen. Neben den offensichtlichen Fragen rund um die ungeklärten Hintergründe des Schriftstellers, die Tornatore wiederholt in frenetisch montierten Erinnerungsfetzen aufblitzen lässt, und dessen potentielle Involvierung in ein Verbrechen offenbaren sich in Eine reine Formalität aber noch zusätzliche Ebenen, die der Betrachter entschlüsseln darf.

Wenn Onoff zu dem Inspektor sagt, dass es nie eine gute Idee sei, seinem großen Idol persönlich zu begegnen, erweist sich der Film über seine eigenen Mysterien hinaus zudem als Reflexion über das Verhältnis zwischen dem Künstler und der von ihm geschaffenen Kunst sowie den Unterschied zwischen der öffentlichen Wahrnehmung und der Privatperson hinter dem Image. Auf stimulierende Weise stimmt der Regisseur über die Absicht des Schriftstellers nachdenklich, der entweder als ratloses Opfer in etwas hineingeraten ist, das er nicht versteht, oder bewusst jeden um sich herum manipuliert und, ähnlich wie in seinen eigenen Büchern, als perfider Manipulator agiert. Gérard Depardieu (Die Letzte Metro) und Roman Polanski (Der Mieter) laufen in diesem brillanten Schauspielerduell zur Höchstform auf und liefern sich wortgewaltige Auseinandersetzungen, die nie eindeutig erahnen lassen, wer von beiden gerade die Oberhand behält und wer dem anderen unterlegen ist. 

Zu beeindruckender Vollendung findet Eine reine Formalität aber erst durch ein Ende, für das die mittlerweile abgedroschene Phrase, man würde den Film anschließend mit völlig anderen Augen betrachten, kaum passender zutreffen könnte. Es ist der krönende Höhe- sowie gleichzeitig Schlusspunkt eines Werks, das nach pausenloser Spannung und nagender Ungewissheit zu rührender Tragik findet und nichts anderes als die ganz großen Fragen über den Sinn des eigenes Lebens stellt, in dem die Möglichkeiten einer moralischen Läuterung letztendlich sämtliche Grenzen des rationalen Verständnisses überwinden können.

Fazit

Giuseppe Tornatores „Eine reine Formalität“ mag auch heute noch ein viel zu unbekanntes Dasein unter Filmfans fristen, doch es gilt, diesen Film unbedingt noch einmal neu zu entdecken. Der Regisseur inszeniert zusammen mit dem überragend aufspielenden Schauspieler-Duo Gérard Depardieu und Roman Polanski ein elektrisierendes Kammerspiel, das als mitreißender Thriller voller wortgewandter Gefechte brilliert und zugleich eine Reflexion über das Verhältnis zwischen dem Künstler und der von ihm geschaffenen Kunst anstößt. Gekrönt wird der Film schließlich durch ein Ende, zu dem man nicht zu viele Worte verlieren sollte und das schlichtweg erlebt werden muss.

Kritik: Patrick Reinbott

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