„Top Girl“ beschreibt die 2. Episode von Tatjana Turanskyjs „Frauen und Arbeit“-Trilogie, in der sich die Autorin und Regisseurin dem alltäglichen Leben der Durchschnittsfrau widmet und diese auf ihrem Arbeitsplatz, sowie im Privatleben begleitet. Die Wahl der Charakterstudie fiel dieses Mal auf die junge Helena, welche zu einem Industriezweig gehört, der gerade hier in Deutschland immer noch sehr verpönt ist. Den eigenen Körper für Geld verkaufen, nicht gerade der typische Karrierewunsch junger Mädchen.
Inszenatorisch heißt dies für Turanskyj vor allem, dass sie den Arbeitsplatz und die eigentlichen Aufeinandertreffen mit den Kunden so ungeschönt und nahezu nüchtern wie möglich darstellt.
Dies beginnt schon allein bei der Optik der Figuren, denn weder Helena, noch eine ihrer Kolleginnen, sehen der Hochglanzvorlage eines Playboy Bunnys auch nur im entferntesten ähnlich. Es sind ganz normale Frauen von der Straße, ohne Schönheits-OPs, Brustimplantate und Co.
Wer hier mit der naiven Vorstellung alá „Pretty Woman“ an die Sache heran geht, wird schnell eines besseren belehrt. Spätestens wenn die Kamera unangenehm lange auf den nackten Körper eines Freiers gerichtet ist, versteht man als Zuschauer schon sehr deutlich, welches Bild uns die Autorin hier vermitteln möchte.
Von den hier angesprochenen Szenen gibt es im Film verteilt eine ganze Menge und spätestens beim dritten Mal, beginnt man schon genervt mit den Augen zu rollen. Das fehlen von Schnitten und das daraus resultierende Pacing sind auch die Hauptkritikpunkte am Film, da dieser einfach stellenweise unerträglich langweilig ist. Nun mag man zwar dagegen halten, dass eine Charakterstudie aus dem echten Leben eben nicht den Maßstäben eines Hollywood Filmes nacheifern kann, was so sicherlich auch richtig ist, dennoch sollte ein Film zumindest ansatzweise versuchen, mich über lange Sicht bei der Stange zu halten.
Kommen wir zuletzt zu der übergreifenden Aussage die sich wie ein roter Faden durch den Film zieht. Wie eingangs erwähnt, mimt unsere Protagonisten gerne mal die Domina, die ihren Kunden Befehle zubrüllt und mit Genuss beobachtet, wie sie sich im Staub winden. Dass dies nur eine Flucht aus der Realität ist und keineswegs die realen Verhältnisse dieser beiden Parteien widerspiegelt, dürfte auf der Hand liegen. Jener Umstand wird spätestens im letzten Drittel des Filmes deutlich, als Helena für einen ihrer Kunden ein Spiel inszeniert, welches ganz deutlich die männliche Dominanz über das weibliche Geschlecht widerspiegelt.
Der Ansatz der Feministin Turanskyj ist sicherlich kein falscher, dennoch ist die Art und Weise, wie sie jene Botschaft vermitteln möchte, irgendwie zu plump und zu sehr mit der berühmten Brechstange umgesetzt. Im Konsense der stetig wachsenden Feminismus-Debatte sicherlich kein schlechter Film, aber bei weitem kein Stück Kinogeschichte, über das man in den kommenden Monaten noch einmal reden wird.