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Inhalt

Tommaso lebt mit seiner Frau Nikki und seiner 3-jährigen Tochter in Rom. Für den amerikanischen Künstler, der stets nur den Ausnahmezustand kannte, ist das Familienleben wie das Atmen auf einem fremden Planeten. Vom Leben am Limit und dem unkonventionellen Hedonismus des Künstler-Egos wollte sich Tommaso lösen und als Ehemann und Vater glücklich werden. Doch dafür muss er neu justieren, wie wichtig er sich selbst und seine Ambitionen nehmen möchte. Fernab von der Heimat und jenseits der Verantwortungslosigkeiten, die das Künstlerleben erlaubt, stehen jetzt Italienischkurse, Yoga-Stunden und Spielplatz auf dem Programm. Der familiäre Takt schlägt einen neuen Rhythmus an: Einkaufszettel, Kochpläne, Schlafenszeiten, Beziehungsprobleme. Tommaso versucht trotzdem, weiter als Künstler kreativ zu bleiben. Er meditiert, gibt Schauspielunterricht, arbeitet nachts an einem neuen Film und sucht psychologische Unterstützung. Doch die Reste seiner Vergangenheit leben in ihm weiter. Sein künstlerisches Ego insistiert und sucht Tommaso in abgründigen, schmerzhaften Träumen heim.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

In der ersten halben Stunde wähnt man sich als Zuschauer in dem wohligen Eindruck, mit Tommaso (Willem Dafoe, Der Leuchtturm) einen Menschen vorgestellt zu bekommen, der mit sich selbst absolut im Reinen ist. Ein gebürtiger New Yorker, der sein Künstlerdasein in Amerika hinter sich gelassen hat, um in Rom ein neues Leben zu beginnen. Zur Seite steht ihm dabei nicht nur seine Frau Nikki (Cristina Chiriac, Pasolini), eine deutlich jüngere, bildschöne Osteuropäerin, sondern auch ihre gemeinsame Tochter DeeDee (Anna Ferrara). Neben dem Italienisch-Sprachkurs, dem gemeinsamen Zubereiten von Orecchiette und dem legeren Gleiten durch die Straßen der ewigen Stadt, dräut in Tommasos Inneren eine existentielle Unzufriedenheit, die den soliden Alltag im Laufe der Handlung mehr und mehr zur Herausforderung gestaltet: Wie länge hält er dem Druck Stand?

Tommaso und der Tanz der Geister ist ein Seelenstriptease, wie man ihn von Abel Ferrara (Die Frau mit der 45er Magnum) zuletzt mit Dangerous Game - Snake Eyes geboten bekommen hat – damals noch mit Madonna (Stürmische Liebe – Swept Away) und Harvey Keitel (Bad Lieutenant) in den Hauptrollen besetzt. Im Gegensatz zu dem Werk aus dem Jahre 1993, scheint Abel Ferrara inzwischen jedoch nicht mehr darauf aus zu sein, die große Eskalation im graphischen Moment zu suchen. Stattdessen denkt Ferrara deutlich feingliedriger und evoziert einen Alltagsstrom, in dessen oberflächlich gemäßigten Bewegungen immer wieder Widerstände eingestreut werden, die unserem Protagonisten zusehends das offenherzige Lächeln aus dem Gesicht brechen. Tommaso nämlich mag aus familiärer Sicht angekommen sein, ein vollkommenes Aufgehen seiner neuer Existenz ist damit noch lange nicht gesichert.

Und so begleiten und beobachten wir diesen Charakter, der natürlich ein Alter Ego Abel Ferraras ist (nicht umsonst spielen seine Frau und seine Tochter hier Stellvertreter-Rollen ihrer selbst), und erkennen in ihm einen Mann, der sich den Gesetzen des Vaterseins nicht beugen möchte oder schlichtweg nicht beugen kann. Seine düstere Vergangenheit, ein fragmentarischer Rauschzustand zwischen Alkoholismus und Heroinsucht, arbeitet Tommaso in Selbsthilfegruppen auf. Unterstützung dahingehend, wie er sein Leben als Vater und Ehemann rechtmäßig gestalten soll, erhält er keine. Vielmehr brodelt in ihm ein von Wut geschwängerter Gefühlscocktail hoch, der sich aus Schuldgefühlen, Besitzansprüchen und Fluchtgedanken ergibt. Immerzu umkreisen Tommaso die Dämonen von Gestern – und gleichzeitig gewährt uns Abel Ferrara damit einen unverstellt-intimen Blick in die eigenen Ängste und Sehnsüchte.

Die wilden, brachialen Zeiten, in denen Abel Ferrara noch als unangepasster Bad Boy Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte, haben mit Tommaso und der Tanz der Geister endgültig ihr Ende zu gefunden. Ferrara, dessen Karriere – wie auch jene von Tommaso - seit Jahren stagniert, zeichnet sich hier für ein entschleunigtes, introspektives Alterswerk aus, in dem die Reflexion durchweg Überhand vor der Geste gewinnt. Man kann in dem nabelschaulichen Gestus, den der Film über eine Laufzeit von knapp zwei Stunden aufleben lässt, natürlich auch einen gekünstelten Hang zur Selbstgeißelung erkennen. Damit würde man aber außer Acht lassen, mit welcher Reife und welchem Freimut der inzwischen 67-jährige Ferrara seine Vita, seine Persönlichkeit und seine Gegenwart erforscht. Stimulierend nämlich ist diese selbsttherapeutische Versuchsanordnung, deren Trennlinien zwischen Realität und Fiktion zusehends verlaufen, allemal.

Fazit

Das neue Werk von Abel Ferrara wirkt wie eine Mischung aus "Leid und Herrlichkeit", "Achteinhalb" und "Snake Eye"s. Das klingt überladen, gerät in den Händen des ehemaligen Enfent Terrible aber zur selbsttherapeutischen Versuchsanordnung, die auf stimulierende Art und Weise in das Seelenleben seines Protagonisten eintaucht. Willem Dafoe brilliert als strauchelnder Tommaso – der eigentlich Abel Ferrara ist-, in dessen Inneren ein von Wut geschwängerter Gefühlscocktail aufbrodelt, der sich aus Schuldgefühlen, Besitzansprüchen und Fluchtgedanken ergibt. Die wilden Ferrara-Zeiten sind zwar vorbei, dafür gibt der Mann nun auf weise und freimütige Art und Weise spannende Einblick in seine Ängste und Sehnsüchte. Gerne mehr davon.

Kritik: Pascal Reis

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