Als der originale "Blair Witch Project" Ende 1999 in die Kinos kam war er gleich auf mehrere Arten etwas ganz besonderes. Beispielsweise wegen seiner wirkungsvollen Marketingkampagne, die eine Vielzahl an Leuten glauben ließ, der Film sei authentisch. Oder aber wegen seines finanziellen Erfolg, aus 60.000 Dollar weltweit 250 Millionen zu generieren bescherte ihm sogar einen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde. Zu guter Letzt auch weil er ein ganzes Genre einläutete, den Found Footage Film. "Blair Witch Project" war in mehrer Hinsicht ein voller Erfolg, den man gleich im Folgejahr mit "Book of Shadows: Blair Witch 2" wiederholen wollte und damit eine saftige und wohlverdiente Bruchlandung erlitt.
Mit 16 Jahren ist seitdem eine Menge Zeit vergangen und völlig überraschend steht nun mit "Blair Witch" der dritte Film der Reihe an, den man aber eigentlich auch als zweiten Teil betiteln kann, da er "Book of Shadows" glücklicherweise gänzlich ignoriert. Überraschend ist die Existenz des Films deswegen, weil er vorher nie angekündigt wurde und unter Geheimhaltung und dem falschen Titel “The Woods” gedreht und zunächst auch vermarktet wurde. Erst zwei Monate vor Release wurde auf der San Diego Comic Con das Geheimnis gelüftet und schlug große Wellen des Hypes, die der Film nach erfolgter Sichtung eigentlich gar nicht verdient hätte.
Regie führt diesmal Adam Wingard, dem mit "You’re Next" oder "The Guest" bereits einige ordentliche Filme gelangen, während er auch an diversen Found Footage Filmen wie "VHS", "SVHS" oder "The Abcs of Death" arbeitete und dort Erfahrung im Genre sammeln konnte. Im Gegensatz zu "Book of Shadows" ist "Blair Witch" klugerweise auch wieder ein Found Footage Film, kommt als solcher aber viel zu spät. Das Genre ist schon längst überschwemmt an einer nicht enden wollenden Masse an Produktionen, die bis auf sehr wenige Ausnahmen eher schlecht als recht waren. 1999 hatte man es da noch deutlich einfacher sein Publikum zu überraschen und zu unterhalten, heute muss man sich dafür schon mehr einfallen lassen.
"Blair Witch" macht sich als Beinahe-Kopie des Originals gar nicht groß die Mühe, hier wird nur an diversen Parametern geschraubt (mehr Personen, mehr Kameras, und eine Flugdrohne!), ansonsten wandelt der Film auf altbekannten Pfaden. Und damit geht bereits der größte Reiz des Originals verloren, nämlich der Überraschungsmoment, die Angst vor dem Unbekannten.
Was folgt ist eine Aneinanderreihung von Bekanntem: Knatternde Geräusche im Wald, mysteriöse Symbole, die an den Bäumen hängen und merkwürdige Felsformationen. Und dazwischen ein halbes Dutzend Teenager, die mit reichlich daneben gelaufenen Charakter Development auf die Nerven gehen, doch auch das ist aus dem Genre im Allgemeinen bekannt. Nicht nur dauert es sehr lange bis der Film in Fahrt kommt und uns währenddessen ein wenig lahme Story und fragwürdige Motivation hinter dem Treiben vermitteln will, auch bleiben die Figuren derart oberflächlich und uninteressant, dass einem eigentlich egal ist, wer von ihnen überlebt.
Was das Original so gut hinbekommen hat gelingt "Blair Witch" trotz Versuchs aber dennoch nicht im Ansatz. Im Original war im Grunde nie etwas zu sehen, der Horror spielte sich im Kopf ab und wurde ganz subtil und ruhig eingestreut, die Wirkung war dafür aber dennoch hoch. Der neue "Blair Witch" ist weit lauter und hektischer, versucht den Schrecken damit aber auf die falsche Weise zu erhöhen. Handwerklich besonders schlecht sind die vielen Jump Scares, mit denen der neue "Blair Witch" auftrumpfen will. Schlecht sind sie vor allem deswegen, weil sie ganz plump auf die immer gleiche Weise eingebaut werden, nämlich indem eine Person plötzlich neben oder hinter einer anderen steht. Das geschieht hier derart oft, dass es irgendwann richtig lächerlich wird.
Somit ist der Film bis ganz kurz vor Schluss ein lahmer 0815-Aufguss, der weder etwas Neues zu bieten hat, noch aber mit Altbekanntem punkten kann. In seiner letzten Viertelstunde dreht "Blair Witch" dann aber nochmal auf und macht, zumindest im Vergleich zum vorigen Geschehen, sogar ein klein wenig Spaß. Ob man es gut findet dass der Film hier nun deutlich mehr zeigt als das Original muss jeder für sich selbst entscheiden, großartig Sinn macht das Ganze zwar trotzdem nicht, für ein paar mehr oder weniger spannende Suspense-Momente ist hier nun aber gesorgt. Einen guten Film macht das aber dennoch nicht.