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Quelle: themoviedb.org

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Montana, 1925: Bei einem Viehtrieb lernt Rancher George die verwitwete Rose kennen und heiratet sie kurz darauf. Ganz zum Unmut seines älteren Bruders Phil. Dieser lässt Rose und auch deren introvertierten Sohn Peter jeder Zeit seine Abneigung gegen sie spüren und betreibt ein perfides Psychospielchen, um Rose Stück für Stück in den Abgrund zu treiben.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Seit ihrem mit Preisen überhäuften Melodram Das Piano (1993) zählt die gebürtige Neuseeländerin Jane Campion zu den (im Verhältnis) wenigen Filmemacherinnen, die sich über die Jahre hinweg auf der internationalen Bühne etablieren konnte. Nach dem allerdings ziemlich mäßigen Feedback für ihren Erotikthriller In The Cut (2003) wurde es deutlich ruhiger um ihre Person. Seitdem führte sie lediglich bei einem (vollständigen) Spielfilm Regie (Bright Star, 2009). The Power of the Dog, die Adaption des gleichnamigen Romans von Thomas Savage aus dem Jahr 1967, kann somit als Comeback der inzwischen 67jährigen betrachtet werden. Ein mit vielen Fragezeichen behaftetes: Kann sie sich nach so einer langen Pause, dem überschaubaren Erfolg ihres Schaffens in diesem Jahrtausend und ihren schon leicht gehobenen Alters doch noch einmal an ihre Glanzzeiten anknüpfen? Um die Antwort vorwegzunehmen: Verdammt, und wie!

Bei The Power of the Dog entführt uns Jane Campion nach Montana im Jahr 1925. Das Land der letzten Cowboys, an der Schwelle zur modernen Zivilisation. Hier ist die raue Männerwelt noch „in Ordnung“, zumindest wenn man es traditionell und grobschlächtig mag. Die Gebrüder Burbank betreiben dort eine gut laufende Viehzucht, auch wenn man speziell dem älteren Phil (Benedict Cumberbatch, Doctor Strange) seine hohe Bildung und den Wohlstand nicht ansieht und auch erst auf den zweiten Blick eventuell anmerkt. Bewusst scheint er Fremdworte falsch zu verwenden, womöglich auch um sich über seine weniger gut situierten Mitmenschen ein Stückweit lustig zu machen. Er hält nichts von einem gepflegten Auftreten, trägt lieber den hart erarbeiteten Schmutz als feinen Zwirn an sich und ist um keine Gemeinheit verlegen, um augenscheinlich Schwächere mit jedem seiner messerscharfen Worte und kleinen, fiesen Nadelstichen zu drangsalieren. Zu seinen bevorzugten Opfern gehört auch sein wesentlich sensiblerer Bruder George (Jesse Plemons, Jungle Cruise), von ihm der Einfachheit halber gerne „Fettkloß“ gerufen. Dennoch sind die beiden Brüder unzertrennlich, irgendwie voneinander abhängig. Was sich schlagartig zu ändern droht, als George überraschend die Witwe Rose (Kirsten Dunst, Melancholia) heiratet.

Als Rose auf die Ranch der Gebrüder kommt, empfängt sie Phil mit unverblümter Ablehnung. Keine Chance lässt er vergehen, die unsichere und von Minderwertigkeitskomplexen geplagte Frau zu schikanieren. Ihr immer wieder ihre angeblichen Unzulänglichkeiten bösartig vor Augen zu führen und vor allem auch auf ihrem schmächtigen, introvertierten, leicht androgyn wirkenden Sohn Peter (Kodi Smit-McPhee, X-Men: Dark Phoenix) herumzuhacken. Seine gezielten Demütigungen zeigen schnell Wirkung: Rose ist in ihrer Rolle heillos überfordert, fühlt sich der Position als neue Hausherrin unwürdig und verfällt heimlich dem Alkohol. Dies bleibt ausgerechnet Phil natürlich nicht verborgen. Um sie endgültig zu vernichten ersinnt er einen noch viel perfideren Schritt: Statt Peter herabzuwürdigen, beginnt er eine freundschaftliche, bald ersatzväterliche Beziehung zu dem Jungen aufzubauen. Ihn „zum echten Mann“ zu machen, wie es einst sein verstorbenes Idol Bronco Henry mit ihm tat. Während er Rose mit der Entfremdung zu ihrem Sohn tatsächlich immer weiter in die Depression treibt, findet er überraschend doch gefallen an dem Jungen. Entdeckt Parallelen zu sich selbst und der einstigen Beziehung zu Bronco Henry. Damit hat er sogar Recht, denn auch Peter beherrscht die hohe Kunst der subversiven Psychospielchen und so ahnt Phil gar nicht, dass er sich selbst gerade seinen eigenen Strick dreht.

Allein in seiner formellen Präsentation dürfte The Power of the Dog nicht nur mühelos zu den besten Netflix-Produktionen, sondern sogar zu den besten Filmen des gesamten Jahres zählen. In eleganten Bildern und von einem bald hypnotischen Score unterlegt zelebriert Jane Campion ein toxisches Familien- und Beziehungsdrama in den Überresten des von der Moderne längst schon abgelösten Wilden Westens. An dessen primitive und übertrieben maskuline Werte sich der überlegt gegen den Strich besetzte und von Benedict Cumberbatch überragend verkörpert Phil mit aller Macht klammert, obwohl er doch mühelos auch in einer kultivierteren Gesellschaft aufgrund seiner hohen Bildung und zahlreichen Talente zu den großen Fischen zählen würde. Doch gerade vor dieser Seite sträubt er sich, würde sie doch zu viel von seinem wahren Ich preisgeben. Lieber schießt er gegen alles und jeden, was diesem auch nur im Entferntesten ähneln könnte. Die von ihm unterdrückte „Schwäche“ wird bei anderen bewusst attackiert, nur so kann er den Selbstbetrug für sich aufrechterhalten. Vor dieser komplexen Widersprüchlichkeit entspinnt sich ein sezierendes Psychogramm und niederträchtiges Spiel zweier erstaunlich ebenbürtiger Gegner, für das sich das Drehbuch viele Erklärungen der Vorlage sogar bewusst ausspart. Viel spannender ist es auch, sie in der nuancierten Darstellung von Jane Campion und ihres fantastischen Cast für sich zu entdecken. Der Mut zur manch narrativen Lücke wird durch kontextuelle wie inszenatorische Finesse elegant geschlossen. Weniger ist hier tatsächlich so viel mehr. Am Ende bleibt man fasziniert, bewegt und beinah geschockt aufgrund der Tiefe und der abgeklärten Art und Weise des gerade eindrucksvoll Zelebrierten zurück.

Fazit

Mit „The Power of the Dog“ meldet sich Jane Campion nicht nur fulminant zurück und kann an die Qualität von „Das Piano“ anknüpfen, er könnte sich im Laufe der Zeit als ihr vielleicht bester Film herausstellen. Mit welcher Intensität und herausragenden Beobachtungsgabe sie die entlarvende Geschichte vorträgt und zudem ihren großartigen Darstellern Raum zur Entfaltung gibt, ist auf aller höchstem Niveau. Chapeau.

Kritik: Jacko Kunze

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