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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Die Nachricht für die israelisch-französische Familie Silberg aus Tel Aviv ist schockierend: Anscheinend wurde ihr Sohn Joseph bei der Geburt in Haifa vertauscht. Und das ausgerechnet mit Yacine, Sohn einer palästinensischen Familie hinter der Grenzmauer in der West Bank. Joseph, dessen Vater ein hoher Offizier bei der Verteidigung ist, darf nicht mehr in den Wehrdienst und die Kippa tragen. Die Familien lernen sich langsam kennen und natürlich lässt sich die brisante Situation der Region, die Ungerechtigkeit und die Angst nicht ausradieren. Die Söhne besuchen ihre leiblichen Eltern auf eigene Faust und freunden sich als Vertreter der neuen Generation miteinander an. Allein Yacines älterer Bruder Bilal kann seinen Hass erst spät überwinden. Die Mütter nehmen ihre neuen Söhne schneller an. Die vertauschten 18-Jährigen wiederum gleichen ihren Vätern zu sehr, als dass diese über ihren genetischen und politischen Gram nicht hinwegsehen könnten.

Kritik

»Glauben Sie an die Macht des Kinos?«

»Weshalb? Um die Welt zu verändern? Nein.Um zu teilen, zu vermitteln, sich auszutauschen: Ja. Ein Buch oder ein Film ist ein Dialog mit demjenigen, der den Schritt macht, ihm zu begegnen.Es ist ein Mittel zum Leben und um die Humanität des Anderen zu verstehen. Ein Film kann die Welt nicht verändern. Die die ihn gesehen haben können es.«

Lorraine Lévy


Der Israelisch-Palästinensische Konflikt, mit all seinen Auswirkungen auf die Politik, Kultur und Religion, ist in seiner Komplexität für uns Europäer kaum noch zu durchdringen. Die französische Regisseurin Lorraine Lévy hat sich diesem schwierigen Thema angenommen und es in ihrem Familiendrama „Der Sohn der Anderen“ verarbeitet. Ein Film, der sich dem Konflikt sensibel und neutral nähert, jedoch leicht zu konsumieren ist und nur in wenigen Szenen einen emotionalen Impakt auf den Zuschauer hat. 

Die Rahmenhandlung des Films ist intelligent gewählt: Zwei Babys von unterschiedlichen Familien werden zur selben Zeit in einem israelischen Krankenhaus geboren. Einer der beiden Jungen ist Israeli, der andere Palästinenser.  Als die beiden Neugeborenen während eines Raketenangriffs evakuiert e werden, werden die Kinder versehentlich vertauscht und wachsen gut 18 Jahre bei ihren eigentlich falschen Familien auf.

Als sich einer der Buben für seinen Militärdienst bei der Israelischen Luftwaffe mustern lässt, fällt der Fehler anhand einer Blutuntersuchung auf. Es ist ja eigentlich schon Drama genug, wenn das eigene Kind mit einem anderen vertauscht wird, aber wenn dieses von einem vermeintlichen Feind aufgezogen wurde, bekommt dies nochmals eine ganz besonders brenzlige Note.

Wie man erahnen kann, ist dies eine spannende und auch sehr mutige Ausgangssituation, die sich die junge Regisseurin Lorraine Lévy hier für ihren zweiten Film ausgesucht hat. Deshalb beschäftigt sich der Fortgang der Handlung mit den Konsequenzen dieses von einer Krankenschwester begangenen Fehlers. Viele Fragen werden aufgeworden: Wie gehen die Familien mit der Situation um und was ängstigt sie mehr, als sie von der schrecklichen Neuigkeit in Kenntnis gesetzt werden? Dass der eigene Sohn bei einem Feind aufwachsen musste oder dass ihm eine falsche Religion anerzogen wurde?
Können die beiden Söhne Joseph (Jules Sitruk) und Yacine (Medhi Dehbi), beide eigentlich sehr gefestigt und optimistisch was ihre Zukunft anbelangt, mit diesem Identitätskonflikt leben?

Gerade die beiden Väter und ein palästinensischer Bruder sind mit dieser Frage überfordert. Denn das jahrelang geliebte Familienmitglied scheint plötzlich fremd und das eigene Fleisch und Blut wurde von der „anderen Seite“ erzogen. Die Mütter hingegen wollen eine möglichst schnelle Rückkehr des eigenen Sohnes, den sie schließlich auch geboren haben, verstoßen allerdings auch ihren Zögling nicht. Beide Familien haben ihren Stolz, den sie jedoch in Anbetracht der neuen Situation überwinden müssen. Viel Zeit im Film wird deshalb auch für Streitereien und Diskussionen aufgewendet und dem Zuschauer bleibt lange unklar, ob sich die aufgeladenen Spannungen auf beiden Seiten sich nicht irgendwann entladen. Es wird immer dann besonders interessant und spannend,  wenn tatsächlich über die religiösen und kulturellen Unterschiede philosophiert und diskutiert wird, zumal beide Familien einen sehr konträren gesellschaftlichen Status inne haben.

Joseph, von Geburt an eigentlich Palästinenser, ist als Jude bei den wohlhabenden Orith und Alon Silberg (Emmanuelle Devos und Pascal Elbe) aufgewachsen.  Yacine, geboren als Israeli, wuchs im Westjordanland bei Leila und Said Al Bezaaz (Areen Omari and Khalifa Natour) auf. Während die Silbergs eher wohlhabend sind, die Mutter Ärztin, der Vater hochrangiger Offizier, lebt die Familie Al Bezaas in der ärmlichen Verhältnissen. Der Vater ist eigentlich Ingenieur, darf aber nur im eigenen Dorf als KFZ-Mechaniker tätig sein. Yacine hat dank eines Stipendiums jedoch das große Glück in Paris Medizin studieren zu dürfen.

Lorraine Levy, die Ko-Autorin des Drehbuchs und Regisseurin des Films, ist Französin. Das erklärt die vielen Bezüge auf Frankreich und weshalb im Film auch oft französisch gesprochen wird. Lévy nimmt sich viel Zeit die unterschiedlichen Charaktere zu beleuchten, bleibt dabei allerdings auch häufig sehr oberflächlich. Obwohl die Handlungsweisen meistens nachvollziehbar sind, streut Lévy immer wieder Szenen ein, die sehr konstruiert wirken. Wie zum Beispiel eine erzwungene Schlägerei, die letztendlich die Bande zwischen vorher verfeindeten Personen festigt,

Gut, dass vor allem die Jungschauspieler so emotional aufspielen, dass man ihnen ihre Rollen abnimmt und nicht jeden Dialog auf dessen Sinnhaftigkeit hinterfrägt. Schnell wird deutlich, dass es den beiden Heranwachsenden Joseph und Yacine wenig um Rasse und Religion geht, sondern um ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben, in Harmonie mit Familie und Freunden. Eine schöne Message, die man dem Film auf jeden Fall auch abnimmt.
Obwohl Josephs Vater ein ranghoher Offizier in der israelischen Armee ist, hat er wenig Lust auf den Dienst an der Waffe und träumt von einer Karriere als Sänger und Songwriter. Auch Yacine sieht seine Zukunft nach einigen Jahren in Frankreich eher in Europa und studiert Medizin. Den eigenen Weg zu gehen, genau das vereint die beiden letztendlich und baut Barrieren zwischen den Familien ab.

Und Barrieren sowie Vorurteile gibt es mehr als genug, was "Der Sohn der Anderen" bis zum Abspann keine Minute langweilig werden lässt, zumal man als Zuschauer einen ganz intimen Blick auf den Nahostkonflikt erhält. Dies zeigt insbesondere der Konflikt mit Bilal, der jahrelang mit einem falschen Bruder Yacine im Westjordanland aufgewachsen ist und dessen Liebe plötzlich in blanken Hass umschlägt. Ab dem Zeitpunkt, ab dem er die schockierende des vertauschten Kindes erfährt, bezeichnet er Yacine als Feind und ignoriert ihn fortan. Dies sorgt für ein paar der emotionalsten Momente im Film, hat sich diese Wut doch schon lange aufgestaut, denn die Ursachen liegen eigentlich im Neid auf Yacines privilegiertes Leben in Paris begründet. Jospeh dagegen wird aus der jüdischen Gemeinschaft verstoßen, weil er von Geburt an kein Jude mehr ist, sondern nun eine arabische Mutter hat - obwohl er jahrelang ein vorbildlicher Schüler war.

Nachdem Yacine bei den Silbergs auf den einen Besuch eingeladen wird, zögert dieser nicht lange und macht sich ein Bild von der israelischen Welt nicht weit von der Grenze. Wenige Tage später überquert auch Joseph die Grenze in die andere Richtung, jedoch ohne seinen Besuch vorher anzukündigen. Die arme palästinensische Familie ist verunsichert und tut das, das jede arabische oder israelische Familie tun würde: Ihren Besucher zu Speiß und Trank einzuladen. Die Atmosphäre ist bedrückend, insbesondere zwischen dem Vater und dem neuem Sohn, der bei Israelis aufgewachsen ist. Erst als Joseph zu singen beginnt, schmilzt das Eis. Ebenfalls einer der emotionalen Höhepunkte des Films.

So nimmt ein neuer Lebensabschnitt seinen Lauf und "Der Sohn des Anderen" endet mehr oder weniger mit einem offenen Ende. Vermutlich hilft es, dass Yacine wie auch Joseph zwei erwachsene und gefestigte Männer sind, die sich Ziele gesetzt haben und schon vorher wussten, wohin ihr Leben sie führen wird. Sie selbst sind alt genug um zu entscheiden, wie sie mit ihrer neuen Familie umgehen werden. Ganz anders wäre es wahrscheinlich verlaufen, wären die beiden noch Kinder gewesen.

Fazit

Die Story könnte glatt einer Tragödie von Shakespeare entnommen sein: Zwei Babys werden kurz nach ihrer Geburt vertauscht. Ein eigentlich arabisches Kind wird von einer jüdischen Familie in Israel aufgezogen, ein jüdisches Kind wiederum bei einer palästinensischen Familie. Kurz vor ihrem 18. Geburtstag, der Schwelle zum Erwachsensein, erfahren sie die Wahrheit. 

Die französische Produktion erzählt eine rührende Geschichte vom Erwachsenwerden und der damit verbundenen Suche nach der eigenen Identität. Das Familiendrama bleibt zuweilen zwar etwas oberflächlich und konstruiert, kann jedoch mit einer spannenden Handlung, einer positiven Botschaft und sehr emotional agierenden Darstellern punkten. Hervorzuheben sind auch die tolle Kameraarbeit und die sehr wirkungsvoll eingesetzte Musik. Vor allem auch Filmfreunde, die gerne in fremde Kulturen eintauchen, sollten einen Blick riskieren.

Kritik: André Schiemer

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